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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

»Als ob Kultur nur Bespaßung wäre« . Louwrens Langevoort über Corona-Maßnahmen

by Louwrens Langevoort, Carsten Beyer (29 Oct 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Der Intendant der Kölner Philharmonie muss für den November 30 Veranstaltungen absagen. Ob und wann er sein Haus wieder öffnen darf, steht noch in den Sternen. Da Konzerte Vorlauf benötigen, müsste er jetzt bereits wissen, ob er zum 1. Dezember wieder spielen darf, sonst ist ein Spielbetrieb organisatorisch nicht zu leisten. Grundsätzlich kommt im Gespräch ein gewisse Frustration zum Ausdruck: Auch wenn Langevoort als Leiter der Philharmonie mit dem schlimmsten rechnen muss, hatte er doch die Hoffnung, dass die intensive Werbung fü r die gut ausgearbeiteten Hygienekonzepte an Theatern, Opern und Konzerthäusern unter anderem durch den Deutschen Bühnenverein bei der Politik Gehör finden werden. Der zweite Lockdown für Kultureinrichtung scheint ihm übertrieben, zumal er den Eindruck hat, dass die Politik an den Stellen, wo sie konsequent durchgreifen müsste, genau das nicht tut. Dass die Bundeskanzlerin aufgrund der nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten davon spricht, die Gesamtbegegnungsmasse reduzieren zu müssen, findet er in ihrer Position vollkommen nachvollziehbar. Dennoch ist die Enttäuschung groß – auch über die Aussage von Markus Söder, dass man niemanden vor den Kopf stoßen wolle, der sich Mühe gegeben hat. Vor den Kopf gestoßen fühlt sich die Branche aktuell.
Angesprochen auf die versprochenen Ausgleichszahlungen ist Langevoort skeptisch. Auch im Frühjahr wurde Unterstützung versprochen. Diese wurden nur sehr langsam umgesetzt und viele Unternehmen und Solo-Selbständige haben nicht davon profitiert. Zudem weist er darauf hin, dass Künstler*innen auftreten wollen und nicht zu Sozialhilfeempfängern werden. Hinzu kommt, dass die Häuser sich auch als Kultureinrichtungen mit einem Bildungsauftrag verstehen. Diesem möchten sie auch in Pandemiezeiten nachkommen.

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tag Konzerthäuser Philharmonie Köln Soforthilfe November-Lockdown Planungssicherheit Angela Merkel Markus Söder Deutscher Bühnenverein Bauernopfer
Musik Interview

Theater, Opern- und Konzerthäuser sind keine Infektionsorte

by Deutscher Bühnenverein (27 Oct 2020)
Original source: Deutscher Bühnenverein

In einem eindringlichen Brief wenden Sich Ulrich Khuon als Präsident und Marc GRandmontagne als Geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins an die Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsident*innen. Wie bereits mehrfach in den vergangenen Tagen in den Medien weisen sie noch einmal darauf hin, dass aufgrund von physikalischen Gründen eine Massenansteckung in Theater-, Opern- und Konzerthäusern nicht möglich ist. Daher bitten sie darum, bei den Beratungen der Ministerkonferenz eine verhältnismäß ige Entscheidung zu treffen und die Veranstaltungshäuser nicht zu schließen. Diese sind unverzichtbare kulturelle Orte der Gesellschaft. Daher ist nicht nur wichtig, das gerade zurückgewonnene Vertrauen des Publikums nicht zu verlieren, sondern auch kleinere und mittlere Häuser vor dem Ruin zu retten. 

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tag Hygienekonzepte Ansteckungsgefahr Schließungen Verhältnismäßigkeit Gefährdung der Kulturnation
Darstellende Kunst Offener Brief

New York’s Arts Shutdown . The Economic Crisis in One Lost Weekend

by Michael Paulson, Elizabeth A. Harris, Graham Bowley (23 Sep 2020)
Original source: New York Times

Dieses Feature vermittelt ein Gefühl für die Auflösungserscheinungen des Kunstbetriebs in New York City und illustriert den Verlust mit Kurzschicksalen von 22 (ehemaligen) Kunstschaffenden und deprimierenden Fotos aus der ehemals florierenden Kunstmetropole. Die Schließung hat New York in seinem Herzen getroffen:  Vor der Pandemie trug der Kunst- und Kultursektor des Bundesstaates New York 120 Milliarden Dollar zur New Yorker Wirtschaft bei, was 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung des Bundesstaates entspricht, und beschäftigte fast eine hal be Million Menschen. Die steuerpflichtigen Einnahmen von Unternehmen der darstellenden Künste sind in diesem Frühjahr im Vergleich zu 2019 um 85 Prozent gesunken. Die Aussichten sind nach wie vor düster: Die Broadway-Theater bleiben zumindest bis zum nächsten Frühjahr geschlossen. Die Metropolitan Opera hat ihre Wiedereröffnung erst für Herbst 2021 geplant.

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tag New York Theater Tanz USA Schließungen Konzerthäuser Arbeitsplatzverlust Umsatzeinbruch Bankrott
Alle Sparten Bericht

„Wo ist die Empathie des Herrn Spahn?“ . "Where is the empathy of Mr. Spahn?"

by Matthias Goerne, Manuel Brug (13 Sep 2020)
Original source: Welt

Im Interview mit der Welt macht der erfolgreiche Liedsänger Matthias Goerne seinem Unmut über die Behandlung der Konzertwelt in der Corona-Krise Luft. Vor kurzem nahm er an einer Diskussionsrunde mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn teilnahm. Die Enttäuschung über das Verhalten des Ministers ist groß. Seine Antworten waren nur ausweichend, die Kultur als Wirtschaft wird nach wie vor nicht anerkannt. Zwar gibt es Zuschüsse für Institutionen, aber die vielen Solo-Selbständigen blicken noch immer bang in die Zukunft. Das Hauen und Stechen unter den Konzertveranstaltern hat bereits begonnen, da auch die Agenturen um ihr Überleben kämpfen. Vor allem für die Berufsanfänger*innen ist die Situation im Moment schwer. Vielen wird es nicht gelingen, auf dem Markt Fuß zu fassen. Andererseits gibt es Kolleg*innen, die in die Grundsicherung abgerutscht sind, und sich nun nach einem neuen Job umsehen. Eine gemeinsame Stimme gibt es auf dem Musikmarkt nicht. Selbst von den Vertretungen zeigt sich Goerne enttäuscht, da sie wenig schlagkräftig argumentieren. Wer frei tätig ist, bekommt immer häufiger unmoralische Angeboten, weil die öffentlichen Häuser an den Gästen sparen können. Dabei sind es gerade diese Gäste, die das Publikum anlocken.
Besonders wenig Verständnis zeigt Goerne dafür, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln Abstandsregeln nicht gelten, in den Konzerthäusern aber große Abstände zwischen den Besucherplätzen gefordert werden. Die Festspielsaison und vor allem die erfolgreich und ohne Ansteckungen verlaufenden Salzburger Festspiele haben gezeigt, dass das Publikum der Konzertveranstaltungen absolut diszipliniert ist und eine Sitzordnung im Schachbrettmuster gefahrlos umgesetzt werden kann. Aus Freude daran, wieder Konzerte besuchen zu dürfen, unterhalten sich die Besucher*innen im Saal nicht. Außerdem verfügen viele Konzerthäuser über hervorragende Lüftungen, die die Ansteckungsgefahr minimieren. Dass hier nicht die Wirtschaftskraft der Branche berücksichtigt und dieser wieder eine Chance auf Einnahmen gegeben wird, kann Goerne nicht nachvollziehen. Stattdessen nimmt die Politik ein Theater- und Opernsterben in großem Ausmaß in Kauf.

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tag Konzerte Konzerthäuser Konzertagenturen Solo-Selbständige Studierende stiller Tod Salzburger Festspiele Schachbrettmuster Jens Spahn
Musik Interview

Ein bisschen Event geht immer . Klassik & Corona

by Manuel Brug (20 Jun 2020)
Original source: Welt

Die Freunde der klassischen Musik würden sich aktuell auf einen aufregenden Festivalsommer vorbereiten, würde Corona nicht so ziemlich alles verhindern, was die Klassikwelt beflügelt. Manuel Brug gibt in seinem Beitrag einen Überblick über die Planungen für den Sommer und den Beginn der Spielzeit. 
Der Festivalsommer ist weitgehend abgesagt. Verschiedene Initiativen und Veranstalter haben mit kleineren Konzerten und Veranstaltungen im Netz ein neues Programm entwickelt, das aber kaum unter wirtschaftlichen Bedingungen angeboten werden kann. Die großen Häuser haben sich inzwischen alle in die Sommerpause verabschiedet. In Amerika wurde sogar bereits bekannt gegeben, dass ein regulärer Spielbetrieb erst wieder im Januar aufgenommen wird. Ein Großteil der Orchestermusiker und Chormitglieder wurden bereits entlassen. Für freie Künstler*innen und Ensembles stehen erst einmal keine Jobs in Aussicht. 
Dramatisch ist auch die Lage an den Pariser Opern. Diese waren schon von der Streikwelle im Winter schwer gebeutelt und haben bereits ein Defizit von 40 Millionen Euro angehäuft. Der scheidende Indendant Stéphane Lissner hat sich frühzeitig aus dem Staub gemacht und sein Nachfolger, Alexander Neef, steht noch nicht zur Verfügung, um das Chaos zu beseitigen. 
In Zürich hat man sich eine neue Aufführungspraxis ausgedacht, um möglichst viele Sitzplätze anbieten zu können: Das Orchester wird von einem großen Probenraum aus live zugeschaltet. Auf der Bühne sind höchstens Gesangssolisten und gegebenenfalls kleinere Chorensembles zu erleben. Das Konzerterlebnis aus der Konzerve, um den Business-as-usual-Anschein aufrecht zu erhalten, kann Manuel Brug nicht überzeugen. 
Auch an den deutschen Häusern führt Corona zu großen Spielplanumstellungen. Es werden kleinere Produktionen gezeigt, nur bereits verpflichtete Gäste werden eingesetzt. Lediglich die Bayerische Staatsoper  möchte die Premiere von »7 Deaths of Maria Callas« mit Marina Abramovic zeigen. Dieses Event möchte man sich doch nicht nehmen lassen. 
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tag Klassische Musik Oper Konzerthäuser Spielplan Festivals USA Paris Streaming Marina Abramovic
Musik Bericht

Elend und Energie . Musik in Corona-Zeiten

by Eva Blaskewitz (02 Jun 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Eva Blaskewitz nimmt die Zuhörer der Musikszene im Deutschlandfunk mit auf eine Reise durch die Musiklandschaft während der Coronakrise. Sie spricht mit der Sängerin Christiane Karg, die sich ohne Aussicht auf einen baldigen Auftritt stumm fühlt, und mit dem Vision String Quartett, das gerade die Release-Tour zur ersten CD absagen musste. Die jungen Musiker nutzen die Absage, um an ihrer nächsten Platte zu arbeiten. Wie so viele andere freischaffenden Musiker*innen haben sie aber aktuell kaum Einnahmen.
Die Absage aller Konzerte trifft abe r nicht nur die Musiker*innen. Konzertagenturen sind aktuell vor allem mit der Abwicklung nicht stattgefundener Veranstaltungen beschäftigt. Auch wenn die Branche sich über die neue Solidarität unter den Mitgliedern freut, planen lässt sich im Moment nur schwer, da es nach wie vor keine Vorgaben für den Herbst gibt. Ähnlich sieht es in der Kölner Philharmonie oder im Berliner Konzerthaus aus. Hier versucht die Marketingabteilung mit vielfältigen Onlineangeboten den Kontakt zum Publikum zu halten, allerdings ist man sich durchaus bewusst, dass schlecht ausgeleuchtete Streamings aus dem Wohnzimmer nicht den Ansprüchen der Häuser entsprechen. Professionelle Aufnahmen sind aber teuer und in Anbetracht der großen Einnahmeverluste – alleine im Berliner Konzerthaus belaufen sie sich auf 2 Millionen Euro – können sich die Häuser diese kaum leisten.
Gewinner der Krise sind auch in der Musikbranche Streamingdienste. Das auf klassische Musik spezialisierte Startup Idagio hat nicht nur ein breites Spektrum an Aufnahmen im Programm, mit Beginn der Coronakrise wurden auch hier neue Formate entwickelt. Neben Einführungen in Konzerte mit prominenten Musikern wird aktuell an Onlinekonzerten gearbeitet, an denen die Zuhörer*innen mit einer gelösten Eintrittskarte von Zuhause live teilnehmen können.
Neue Konzertformate entstehen aber nicht nur im Internet. Orchester gehen zu ihren Publikum, spielen auf öffentlichen Plätze oder Innenhöfen. Auch Balkonkonzerte professioneller Musiker*innen gibt es in der einen oder anderen Nachbarschaft. Edward Runge und Jacques Ammon, die regelmäßig für ihre Nachbarn spielen, sind sich einig: »Nichts ersetzt das Livekonzert und das gemeinsame Erleben als Publikum.«

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tag klassische Musik Absagen Honorare Konzerthäuser Konzertagenturen Onlineangebote Balkonkonzerte Idagio
Musik Bericht

Eine Frage der Klimaanlage? . Corona und Kulturveranstaltungen

by Reinhard J. Brembeck (22 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Schon vor der Krise war die Förderung der freien Kunstszene nicht sehr üppig. Aktuell gilt die Kunst der Politik nicht als überlebensrelevant. Während Hilfen für Lufthansa und die Lockerung für Fußballspiele diskutiert werden, werden Künstler*innen nur zögerlich unterstützt. Sogar große Orchester wie die Berliner Philharmoniker gehen in Kurzarbeit.
Zwar sind erste Veranstaltungen wieder möglich, doch im Vergleich zur den Veranstaltungen vor dem Lockdown sind es mickrige Kleinstveranstaltungen. Wenige Mu siker sehen sich einem enorm dezimierten Publikum gegenüber. Zwar möchten die Konzerthäuser nicht zum Virenhotspot werden, doch das Berufsverbot ruiniert sie finanziell. Häuser wie das Festspielhaus in Baden-Baden oder die Berliner Philharmoniker müssen einen großen Teil ihrer Einnahmen selbst erwirtschaften. Selbst reiche Institutionen sind bald pleite.
In dieser Situation verursacht es großen Unmut, dass Flugzeuge ohne Platzbeschränkungen wieder fliegen dürfen – weil ihre Klimaanlagen angeblich so gut sind, dass sie keine Eineinhalb-Meter-Klausel benötigen, um die Gäste sicher zu schützen. Die Konsequenz, die Reinhard J. Brembeck daraus ableitet, ist, dass die Künstler*innen ihre Forderungen genauso schamlos vorbringen müssen, wie das bei andere Wirtschaftszweigen in der Krise zu beobachten ist: » Mehr Druck wäre also notwendig und weniger Obrigkeitsduckmäusigkeit.«

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tag Konzerthäuser Berufsverbot Fluggesellschaften Hygieneregeln
Musik Kommentar

Zeitenwende in der Klassik . Konzertveranstalter in der Coronakrise

by Karsten Witt, Eckhard Roelcke (08 May 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Ein struktureller Wandel steht der Klassik-Szene als Folge der Corona-Krise bevor. Wie dieser aussehen wird und welche Chancen die Krise mit sich bringt, darüber spricht Eckhard Roelcke mit dem Musikmanager Karsten Witt. Dieser befürchtet, dass sich nicht nur das Veranstaltungsmanagement für Konzerte nach der Krise radikal ändern wird, sondern prophezeit zudem, dass sich alle Künstler, Ensembles und Orchester, die nicht subventioniert werden, in Zukunft kaum am Markt behaupten können.
Karsten Witt ist Gründer von Karsten Witt Musik Management. Die Konzertvermittler sind von der Krise besonders getroffen, gilt es nun nicht nur ausgefallene Konzerte zu verwalten und Verträge auf die Möglichkeit der Zahlung von Ausfallhonoraren hin zu prüfen, zugleich müssen unter unklaren Bedingungen die kommenden Konzerte geplant werden. Einen Vorteil der Krise sieht der Kulturmanager in der besseren Vernetzung der Szene. So treffen sich nun einmal wöchentlich die Mitglieder der internationalen Artist Managers' Association (IAMA) zu einer Zoom-Konferenz und tauschen sich über aktuelle Fortschritte und Probleme aus. Die Vorteile der direkteren Kommunikation können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das bisherige Geschäftsmodell – Agenturen und Künstler*innen gehen in Vorleistung und werden nach dem Auftritt bezahlt – gescheitert ist. Neben der Diskussion neuer Vertragsmodelle skizziert er im Interview die Auswirkungen der Krise für sein Business: Er geht von einem grundsätzlichen Wandel der Konzertlandschaft sowohl in Deutschland als auch international aus. Wird in naher Zukunft Kammermusik von kleineren Ensembles gespielt werden, so wird sich die Reduktion der Personen auf der Bühne noch viel drastischer in der Minimierung des Publikums spiegeln, wenn nur jeder 6 Platz besetzt werden darf. Private Veranstalter können unter diesen Bedingungen keine Konzertsäle mehr mieten und somit nicht mehr auf dem Markt agieren, was wiederum Auswirkungen auf die Budgetgestaltung der Häuser hat. Zahlungskräftige Sponsoren werden kaum einspringen, so lange die geladenen Gäste nicht im Anschluss an das Konzert zu einem Empfang geladen werden können. Alle Künstler, Ensembles und Orchester, die nicht subventioniert werden, werden sich daher langfristig kaum behaupten können, denn es wird weniger Geld für weniger Konzerte zur Verfügung stehen.
Die Zukunftsaussichten, die Karsten Witt für die klassische Musik in Deutschland, die meist als Solo-Selbständige agierenden Dirigenten und Musiker und die Konzerthäuser sind erschreckend. Was das Interview eindrücklich zeigt: kurzfristige Lösungen sichern zwar vielen Solo-Selbständigen die Zahlungsfähigkeit, viele Aufträge und Arbeitsplätze werden aber langfristig verloren gehen.
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tag Klassische Musik Ensembles Konzerthäuser Veranstalter Konzertagenturen
Musik Interview

Kultur in der Corona-Krise . Erwacht endlich aus der Schockstarre!

by Marco Frei, Christian Wildhagen (01 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

»Die Stimmung kippt.« Wie ein Warnruf an die Politik klingt der Auftakt des Artikels von Marco Frei und Christian Wildhagen. Sie registrieren Unmut in der Kulturbranche, fragen nach den Ursachen des langen Stillhaltens und ermutigen Musiker*innen und Veranstalter nicht länger der Politik das Zepter zu überlassen. Die Lage ist bekannt: Zahlreiche Kulturschaffende fallen durch das Raster der aufgelegten Hilfsprogramme und müssen Grundsicherung beantragen. Zwar geben getroffene politische Entscheidungen zum Verbot von Großveranstaltungen Pla nungssicherheit, lassen aber auch die Aussichten auf die zweite Jahreshälfte als wenig erfolgversprechend erscheinen, da viele weitere Festivals und Veranstaltungen Ende April abgesagt werden mussten. Hat die Branche die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bislang klaglos mitgetragen, regt sich nun Widerstand gegen den Kahlschlag. In Deutschland ist dieser schon etwas länger zu beobachten, nachdem die Landesregierungen über Lockerungen für Biergärten und Pediküre nicht aber für die Musikbranche gesprochen haben. In einem Offenen Brief haben Anne-Sophie Mutter, Matthias Goerne, Christian Thielemann und andere Klassik-Größen nun ihren Unmut kundgetan. Dass der Protest erst so spät kommt, führen die Autoren Marco Frei und Christian Wildhagen auf ein »mangelndes Selbstwertgefühl der Künstler« zurück. Diese sind sich weder bewusst, dass sie in der Gesellschaft selbst ihre größte Lobby haben und mit der Kreativbranche als »wirtschaftlich signifikante Grösse« punkten können. Um sich Gehör zu verschaffen, bedarf es aber auch eines »Konzepts für Kultur unter den Bedingungen der Pandemie«. Das, so die Autoren, gibt es bislang nicht. Online-Angebote wie live-Konzerte oder das Streamern von Archivmaterial sind nicht nur in dem Zahl der Zugriffe von der Prominenz der Beteiligten abhängig, sie haben auch rückläufige Zugriffszahlen. Dass dem so ist und dass ein Onlineangebot weder klangtechnisch noch atmosphärisch ein Live-Kulturerlebnis ersetzen kann, ist auch den Veranstaltern bewusst. So haben sich nun vierzig Musikfestivals in Deutschland an die Bundesregierung gewandt, nicht nur mit der Bitte differenzierte Maßnahmen für unterschiedliche Veranstaltungsformen und -größen zu erlassen, sondern zugleich mit der Mahnung der »Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften und Wirtschaft«. Statt auf die Rechtsunsicherheiten und die fehlende Entscheidungsfreude der Politik mit einer Schockstarre zu reagieren, empfehlen die Autoren sich ein Vorbild an der Fußball-Bundesliga zu nehmen und selbst mit Experten Hygienekonzepte zu entwickeln. Wichtig wäre aber auch hierfür, dass die Akteure gemeinsam agieren und nicht jedes Haus an seinem eigenen Konzept arbeitet. Einzelne Orchester spielen bereits wieder. Am 1. Mai fand das traditionelle Europakonzert der Berliner Philharmoniker in reduzierter Besetzung und ohne Publikum statt. Auch das Musikkollegium Winterthur, die Münchner Philharmoniker und das Tonhalle-Orchester Zürich arbeiten an Hygienekonzepten. Dazu gibt es vor und auf der Bühne vieles zu bedenken – vor allem aber stellt sich die Frage, ob sich eine Veranstaltung unter solchen Bedienungen rechnet. So komplex die Probleme sind, sollten die Kultureinrichtungen sich nun nicht von der Politik das Heft aus der Hand nehmen lassen, sondern im Blick auf andere gesellschaftliche Bereiche die Nischen suchen, in denen Kulturarbeit möglich ist. Wenn Gottesdienste und Fußballspiele wieder möglich sind, warum sollten es Kammerkonzerte nicht sein? Zur Not müsste unter Berufung auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gleichbehandlung die Öffnung von Kulturveranstaltungen eingefordert werden. Für den Erfolg einer Klage sieht der deutsche FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gute Chancen: »Meine Prognose ist: In einigen Wochen wird auch bei den Gerichten der Geduldsfaden reissen. Dann wird es rechtlich nicht mehr möglich sein, bestimmte Veranstaltungen zu verbieten, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie andere.«

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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