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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

New York’s Arts Shutdown . The Economic Crisis in One Lost Weekend

by Michael Paulson, Elizabeth A. Harris, Graham Bowley (23 Sep 2020)
Original source: New York Times

Dieses Feature vermittelt ein Gefühl für die Auflösungserscheinungen des Kunstbetriebs in New York City und illustriert den Verlust mit Kurzschicksalen von 22 (ehemaligen) Kunstschaffenden und deprimierenden Fotos aus der ehemals florierenden Kunstmetropole. Die Schließung hat New York in seinem Herzen getroffen:  Vor der Pandemie trug der Kunst- und Kultursektor des Bundesstaates New York 120 Milliarden Dollar zur New Yorker Wirtschaft bei, was 7,5 Prozent der Wirtschaftsleistung des Bundesstaates entspricht, und beschäftigte fast eine hal be Million Menschen. Die steuerpflichtigen Einnahmen von Unternehmen der darstellenden Künste sind in diesem Frühjahr im Vergleich zu 2019 um 85 Prozent gesunken. Die Aussichten sind nach wie vor düster: Die Broadway-Theater bleiben zumindest bis zum nächsten Frühjahr geschlossen. Die Metropolitan Opera hat ihre Wiedereröffnung erst für Herbst 2021 geplant.

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tag New York Theater Tanz USA Schließungen Konzerthäuser Arbeitsplatzverlust Umsatzeinbruch Bankrott
Alle Sparten Bericht

Martin Meyers Buch »Corona« – die Pandemie wird Literatur

by Christoph Leibold, Martin Meyer (19 Jul 2020)
Original source: BR24

Der Schweizer Journalist und langjährige NZZ-Feuilletonleiter Martin Meyer hat mit »Corona« im Kein & Aber Verlag einen der ersten Corona-Romane veröffentlicht. Der Text ist aus einer Idee während des Lockdowns entstanden. Für den Autor besonders interessant ist das Thema Corona – so schildert er es im Interview –, weil es Grundfragen stellt und das Individuum auf das eigene Ich zurückwirft. Die Auseinandersetzung mit solch existentiellen Situationen ist ein Merkmal der Literatur.
Die alte Hauptfigur Matteo befi ndet sich ebenfalls in einem Lockdown. Der Name der Krankheit, die den Ausnahmezustand notwendig machte, wird nicht benannt. Matteo liest Seuchenliteratur um sich mit seiner Lage auseinander zu setzen. Die Literatur von der Bibel bis zu Albert Camus leitet zur philosophischen Tätigkeit an. Dass der Roman selbst den Titel »Corona« trägt, versteht Martin Meyer als Hinweis auf den Mensch als Krone der Schöpfung. Die Krone, so Meyer, kann aber auch als Dornenkrone angesehen werden, wenn man bedenkt, wie fragil das menschliche Dasein ist.
Angesprochen auf die Frage, ob Literatur nicht Abstand zu einem Geschehen benötigt, um dieses Reflextieren zu können, vertritt Meyer einen anderen Anspruch. Auch aus der persönlichen Betroffenheit heraus kann Literatur entstehen.

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tag Corona-Roman Seuchenliteratur Martin Meyer Albert Camus Pest
Wort Interview

»Es gibt in Zeiten der Angst eine große Bereitschaft zum Gehorsam« . Daniel Kehlmann über die Corona-Krise

by Daniel Kehlmann, Patrick Bauer (06 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Der deutsche Autor Daniel Kehlmann hat mit seiner Familie den Ausbruch der Corona-Krise in New York City erlebt und sich dann mit seiner Familie auf Montauk zurückgezogen. Im Interview berichtet er von seinen Eindrücken von der Krise, dem Umgang mit Bildern und den Folgen der Freiheitsbeschränkungen.
Daniel Kehlmann zeigt sich irritiert, wie in der Krise mit Bilder gearbeitet wird, die nur unzureichend kontextualisiert werden. Aus New York wurden in Kühlhallen gestapelte Särge gezeigt, die angeblich hier gelagert wurden, um die Toten in Ma ssengräbern zu bestatten. Tatsächlich wurden die Toten hier vorübergehend gelagert, um den Angehörigen nach den strikten Ausgangsbeschränkungen einen würdigen Abschied im Rahmen einer Trauerfeier zu ermöglichen. So wurde ein Akt der Menschenwürde in ein Angstbild umgedeutet. Die Betrachter*innen reagierten mit einer gewissen Angstlust auf diese apokalyptischen Bilder, wodurch sich die Panik in der Bevölkerung verstärkte.
In der Berichterstattung zur Krise sieht er große Unterschiede. Während er den Podcast von Christian Drosten dankbar nutzt, um sich ausgewogen über das Virus zu informieren, sieht er in den täglichen Pressekonferenzen des Robert-Koch-Instituts das »Schreckgespenst dieser Tage«: Beamte, die mit düsterer Stimme selbst modellierte, abstrakte Zahlen verkünden, auf deren Überschreitung mit Strafen für das undisziplinierte Verhalten der Bevölkerung reagiert werden müsse. Liest sich die Beschreibung Kehlmanns wie ein Text von Franz Kafka, so zeigt er doch grundsätzlich Verständnis für das Handeln in Deutschland zu Beginn der Krise, mahnt allerdings auch an, dass wir aktuell die größten Grundrechtseinschränkungen nach dem Zweiten Weltkrieg erleben, die dringend wieder aufgehoben werden müssen. Gerade im Hinblick auf die Reaktionen auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 muss man bedenken, dass man auf der Basis von Angst nicht unbedingt die richtige politische Entscheidung trifft. Die nationalen Mobilmachung und die großen Zustimmungswerte für die strengsten Zuchtmeister in der Krise irritieren ihn doch sehr. In diesem Zusammenhang sieht er auch den aktuellen Unwillen, einen Exitplan zu entwickeln. Wer jetzt zu schnell Lockerungen zulässt, könnte für das Ansteigen der Infektionszahlen verantwortlich gemacht werden. Damit wird aber auch die Chance vergeben, einen Weg zu entwickeln, wie wir dauerhaft mit dem Virus leben können. Die dauerhafte Freiheitsbeschränkung darf auf keinen Fall akzeptiert werden.
In der Buchbranche macht er sich aktuell vor allem um die kleinere Buchhandlungen Sorgen, die wie alle aktuell stillgelegten mittelständischen Unternehmen sehr unter dem Umsatzeinbruch leiden. Das Schicksal der Kultur liegt in den Händen von Menschen, denen sie gleichgültig ist – wie den Mitarbeitern des Robert-Koch-Instituts. Deren Zahlen entscheiden über die Zukunft unserer Gesellschaft, dabei handelt es sich um Größen, von den praktisch kaum vermittelbar ist, wie sie ermittelt werden.
Die Bewältigungsstrategie des Schriftstellers liegt in der Krise im Schreiben. Daniel Kehlmann arbeitet aktuell an kleinen Corona-Szenen und seinem neuen Roman. Der Blick auf seinen letzten Roman „Tyll‟ und die darin beschriebene Pest, relativiert sich der Blick auf Corona. Es gab in der Geschichte Krankheiten, die viel schlimmer gewütet haben – die Pest hatte eine Sterberate von bis zu 70 Prozent, aber andererseits auch die Renaissance ausgelöst: »Ich bezweifle, dass Covid-19 etwas vergleichbar Befreiendes bewirken kann. Aber es hat etwas Beruhigendes zu wissen, dass Menschen auch in der Mitte der Pest-Epidemie irgendwie noch ihr normales Leben weitergeführt haben.«

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tag New York Bilder Buchbranche Freiheitsbeschränkungen Robert-Koch-Institut
Wort Interview

Es gibt sie, wie bald Martin Meyers Erzählung »Corona«, es gibt sie nicht . Der Hype um die Corona-Literatur

by Gerrit Bartels (06 May 2020)
Original source: Tagesspiegel

Will man jetzt einen Corona-Roman lesen? Diese Frage stellt der Literaturkritiker Gerrit Bartels in der taz. Zwei Monate lang konnte man dem Thema Corona kaum entgehen, das nun auch noch in literarischer Bearbeitung zu genießen, kann er sich kaum vorstellen. Zumal der Plot der Erzählung »Corona« von Martin Meyer wenig Neues verspricht. Behilft sich doch der alte Buchhändler Matteo in der Quarantäne mit der Lektüre von Seuchenliteratur, wie sie in den letzten Wochen von den Feuilletons hoch und runter besprochen wurden.
Das Ers cheinen der Erzählung nimmt Bartels zum Anlass, bei einigen Verlagen nachzufragen, ob für den Herbst bereits ein Corona-Roman geplant ist oder ob ein Autor oder eine Autorin die Arbeit an einem solchen angekündigt hat. Bei Klett-Cotta, Luchterhand und Kiepenheuer & Witsch sind keine Corona-Romane geplant. Entweder man hatte keine entsprechenden Manuskripte auf dem Tisch oder Angst, sie seien bei Erscheinen schon überholt. Lediglich der Schriftsteller Joachim Lottmann schreibe an einem aktuellen Roman zum Thema, so die Auskunft bei KiWi, aber erscheinen wird er in diesem Jahr nicht mehr.
Bedarf es nicht auch einiger Zeit, um sich mit dem Thema reflektiert auseinander setzen zu können? Mit Blick auf 9/11 stellt er fest, dass die wirklich guten Romane  zum Thema einen Abstand von einigen Jahren benötigten. Es muss aber nicht zwangsläufig sein, dass Corona im Mittelpunkt eines Romans stehen muss. Auch von den Rändern her kann es eine Erzählung verändern – ebenso wie die Qualitätskriterien der Leser*innen.  

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tag Corona-Roman Seuchenliteratur Qualitätskriterien Martin Meyer Joachim Lottmann 9/11
Wort Interview

Virus-Lektüre . »Meine Geschichte wird Wirklichkeit«

by Klaus-Peter Wolf, Maja Ellmenreich (06 Mar 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Auf einer Lesereise in der Schweiz erkrankt der Autor Klaus-Peter Wolf 2009 an der Schweinegrippe. Hilflos mit seinen eigenen Ängsten konfrontiert, musste er in der Fremde entscheiden, wie er sich nun verhalten sollte. Diese Erfahrung hat ihn so sehr beschäftigt, dass er mit »Todesbrut« einen Thriller über eine Pandemie verfasst hat. In der Fiktion bricht die Pandemie auf einer Fähre aus, die Reisende von Emden nach Borkum bringen soll. Dort dürfen sie nicht anlegen, da die Menschen Angst vor der Pandemie haben. Im Frühjahr 2020 mutet es unheimlich an, wie nah die Fiktion der Realität kommt. Hier verweist Klaus-Peter Wolf darauf, dass für ihn mit etwas Recherche der Ablauf einer Pandemie sehr gut vorauszusagen war: das Versagen der Behörden ebenso wie die Panikreaktionen der Bevölkerung. Seinen Roman versteht er als »Exorzismus gegen unsere Angst«, da im Roman vorweggenommen wird, was auf uns zukommt. So können wir bereits vorab darüber nachdenken, wie wir uns verhalten können. Da wir alle der Pandemie aktuell nicht entkommen können, hilft es, sich aktiv mit ihr auseinander zu setzen.

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tag Thriller Pandemie-Roman Recherche Klaus-Peter Wolf
Wort Interview

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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