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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Ein Jahr ohne Werke . Was es für das Musikleben bedeutet, wenn Verlage um ihr Überleben kämpfen

by Merle Krafeld (03 Feb 2021)
Original source: VAN Magazin für klassische Musik

Musikverlage spielen eine wichtige Rolle im kulturellen Ökosystem. Sie werben nicht nur für das Werk von Komponist*innen, sondern Erarbeiten durchdachte Blätterstellen in Einzelstimmen, sorgen für eine gute Bindequalität der Noten und erarbeiten Neuausgaben von historischen Werken. Dafür betreiben sie Quellenforschung und arbeiten mit wissenschaftlicher Genauigkeit. Einnahmen generieren die Verlage daher nicht nur aus dem Verkauf der Noten, sondern vor allem aus dem Verleih von Notensätzen von meist urheberrechtlich geschützten Wer ken an Orchester und Chöre. Die Leihgebühren setzen sich aus verschiedenen Faktoren wie z.B. Länge und Besetzung des Werkes, Zahl der Aufführungen und verkäuflichen Sitzplätze zusammen. Im vergangenen Jahr brach der Umsatz aus dem Leihverkehr für die Musikverlage um bis zu 80 Prozent ein. Neben den Leihgebühren brachen zudem für Verlage und Rechteinhaber die Einnahmen aus Ausschüttungen der GEMA und ausländischer Verwertungsgesellschaften sowie der VG Musikedition weg. Da Tantiemen in der Regel erst im Folgejahr ausgeschüttet werden, macht sich der Einnahmeausfall hier erst in 2021 bemerkbar. Besonders betroffen sind auch Verlage, die sich auf Chormusik spezialisiert haben, da hier nicht absehbar ist, wann der Probenbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Im Lockdown boomte lediglich der Kauf von Einzelstimmen und klein besetzter Kammermusik. Der Henle-Verlag, der unter anderem mit einer App dieses Segment bedient, ist der einzige Verlag, der in 2020 ein Umsatzplus verbuchen konnte.
So lange im Kulturbereich keine Planungssicherheit besteht, wird der Verkauf und Verleih von Noten nicht anziehen. Die Mitarbeiter*innen der Verlage sind daher aktuell in Kurzarbeit und arbeiten gleichzeitig mit Hochdruck daran, Werke mit kleiner Besetzung anzubieten.
Viele Verlage fallen aktuell durch das Raster der Hilfszahlungen, weil sie entweder zu klein oder zu groß sind. Aus dem Programm Neustart Kultur können Umsatzrückgänge aus dem Mietbereich kompensiert werden, allerdings nur 30 Prozent des entgangenen Umsatzes von April bis November 2020, auf den bereits erhaltene Hilfen wie z.B. Kurzarbeitergeld angerechnet werden muss. So ist die Hilfe am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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tag Musikverlage GEMA Planungssicherheit Chormusik Leihverkehr Kurzarbeit Neustart Kultur
Musik Bericht

Leipziger Buchmesse abgesagt

by Martin Hoferick (29 Jan 2021)
Original source: Kulturzeit

Eine Großveranstaltung ist aktuell kaum planbar und so verwundert es nicht, dass der Direktor der Buchmesse Leipzig, Oliver Zille, in dieser Woche schweren Herzens die Absage der diesjährigen Messe bekannt gab. Gerade weil man in Leipzig auf so viele Formen der Begegnung setzt, ist die Messe dieses Jahr kaum gefahrlos durchzuführen. Eine Verlagerung ins Digitale kommt für die Veranstalter nicht in Frage, da hier die persönliche Begegnung als zentrales Moment der Leipziger Messe nicht angemessen umgesetzt werden kann. Das Format selbst, werde man auf jeden Fall in den kommenden Jahren beibehalten, die Lage auf dem Buchmarkt ist trotz der Absage gut. Dennoch fordert Andreas Rötzer vom Verlag Matthes und Seitz, dass über Unterstützungen für die Branche nachgedacht werden muss, wenn weitere Großveranstaltungen im Lauf des Jahres ausfallen werden. In den Messehallen wird nun erst einmal ein Impfzentrum eingerichtet. 

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tag Buchmesse Buchbranche Digitalisierung Begegnung Großveranstaltungen
Wort Bericht

»Es wurde zu viel abgesagt« . Kultur während Corona

by Axel Zibulski (26 Dec 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bereits nach dem Frühjahrs-Lockdown war vielen Konzertveranstaltern kleinerer Veranstaltungen klar, dass sie finanziell besser auf Auftritte verzichten sollten. Die wenigen Plätze, die vergeben werden konnten, ermöglichten keine kostendeckenden Veranstaltungen. Dennoch haben viele von ihnen keine Mühen gescheut, um wieder Veranstaltungen anbieten, Künstler*innen auf die Bühne bringen zu können. Das Publikum nahm das Angebot dankbar an. Die Karten waren für jedes Konzert schnell ausverkauft. Karl-Werner Joerg, der in der R hein-Main-Region mehrere Abonnementreihen betreut, kritisiert, dass viele Veranstalter in vorauseilendem Gehorsam Konzerte abgesagt haben. Gerade bei den kleineren Konzerten ließe sich doch sehr gut auf Hygienekonzepte achten, weshalb – anders als bei einem großen Rockkonzert – eine Absage nicht notwendig erschien. Dies zeigt auch die Unterstützung, die er erfahren hat. Die Abonnenten haben ihn weitgehend unterstützt, einige Konzerte konnten mit öffentlichen Sonderzahlungen oder privaten Spenden ermöglicht werden.

Für einen freien Konzertveranstalter, der keinen eigenen Veranstaltungsraum besitzt, waren die Soforthilfen und Überbrückungsgelder während des Lockdowns nicht abrufbar. Einerseits hat er wenige Fixkosten, andererseits hatte er auch im Lockdown Einnahmen durch Abonnements, die er allerdings erst im Herbst zur Finanzierung der neuen Saison verwenden durfte.
In der aktuellen Lage fordert er vor allem, dass kleinere Veranstaltungen wieder stattfinden dürfen und dass die Branche mehr Solidarität zeigt. Wenn große Räume für kleinere Veranstalter geöffnet werden würden, so könnte diesen und dem Musiker*innen damit nicht nur geholfen werden, zugleich würde damit auch in der »Kulturindustrie« ein wichtiges Zeichen gesetzt: Wie in der Landwirtschaft oder dem Einzelhandel sollte es darum gehen, die kleineren Initiativen zu fördern, damit am Ende nicht nur große Ketten überleben.

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tag Konzertveranstalter Lockdown Planungssicherheit Solidarität Kulturindustrie
Musik Bericht

Auktionshäuser sind die Gewinner in der Krise

by Christian Herchenröder (17 Dec 2020)
Original source: Handelsblatt

Die coronabedingte Schrumpfung um 30 bis 40 Prozent ist unterschiedlich verteilt bei den Playern des Kunstmarktes. Während 2020 Kunstmessen und Galerien mit virtuellen Kunstmessen und Ausstellungen nur eingeschränkt beim Publikum punkten konnten, verzeichnen die Auktionshäuser kräftige Umsatzsteigerungen bei Online-only-Auktionen. Insbesondere konnten Sie Erstkäufer maßgeblich aus Amerika und China zum Ersteigern hochpreisiger Kunst insbesondere im zeitgenössischen Bereich animieren.

tag Kunstmarkt Galerien Auktionshäuser Online-Ausstellung Kunstmesse Rezession
Bildende Kunst/Design Bericht

Theater in Sachsen-Anhalt bleiben dicht: »Das ist eine Katastrophe« . Corona-Beschränkungen werden verlängert

by Luca Deutschländer (26 Nov 2020)
Original source: MDR

Die Kulturschaffenden im ganzen Land sind frustriert: Der Lockdown light wird auch in den Dezember verlängert. Janek Liebetruth, freie Regisseur und Intendant sowie Vorsitzender des Landeszentrums freies Theater in Sachsen-Anhalt bringt die Bedeutung der weiteren Schließung auf den Punkt: »Das ist eine Katastrophe«. Gerade für Theater ist der Dezember der umsatzstärkste Monat. Die Einnahmeausfälle können die Häuser kaum kompensieren. Die im Figurentheater tätige Schauspielerin Kerstin Dathe hätte bis Weihnachten r und 30 Aufführungen gehabt. Zukunftssorgen und vor allem die Frage, ob die staatlich versprochenen Hilfen tatsächlich greifen, treiben die Kulturschaffenden um. Wann sie wieder auftreten dürfen, ist ungewiss. Optimismus fällt in dieser Situation zunehmend schwer.
Liebetruth fordert, dass die wirtschaftlichen Einbußen der Kulturschaffenden aufgefangen werden müssen. Programme wie »Neustart Kultur« haben die Aufgabe ein Kultursterben zu verhindern, indem sie eine Perspektive für das kommende Jahr bieten. Was die Kulturbranche darüber hinaus benötigt, ist Planungssicherheit, denn nur diese können den Frust etwas lindern.

 

 

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tag November-Lockdown Theater Planungssicherheit Advent Kultursterben Neustart Kultur
Darstellende Kunst Bericht

Herbert Grönemeyer will die Reichen schröpfen

by Rainer Hank (15 Nov 2020)
Original source: FAZ

Im Wirtschaftsteil der FAZ wird der Vorschlag von Herbert Grönemeyer die Millionäre in Deutschland um einen Solidaritätsbeitrag in der Corona-Krise kritisch unter die Lupe genommen. Bereits die Begründung überzeugt den Journalisten Rainer Hank nicht. Alleine aufgrund von Familienähnlichkeit einen Beitrag für die von der Krise Gebeutelten zu zahlen, ist kein schlüssiges Argument. Zudem müsse man bedenken, so wird der Musiker zitiert, dass 75 Prozent des Vorjahresumsatzes für den Monat November nicht ausreiche, um die Kunst schaffenden zu unterstützen. Lediglich eine dauerhafte monatliche Grundsicherung kann diese über die Krise bringen.
Darf ein Künstler, der aufgrund der Tantiemen für gestreamte Songs sicher zu den Corona-Profiteuren gehört, sich zum »Anwalt für die Entrechteten« aufschwingen? Zumal die Gewinne auch nach der Krise anhalten dürften. Leiden Künstler*innen in der Pandemie nicht vielmehr darunter, dass sie ihre Kunst nicht vor Publikum ausüben können? Sollte man daher nicht aufhören, Kunst und Künstler pauschal als Opfer der Pandemie zu stilisieren und die Reichen für diese zur Kasse zu bitten? Werden damit die Kulturschaffenden nicht zu einer »Zweck- und Beschäftigungsgesellschaft der Nation«, mithin zu einer Unterabteilung des öffentlichen Dienstes für die der Staat zu sorgen hat?
Betrachtet man die Entscheidungen der Politik der letzten Monate, so sind die Kulturschaffenden nicht nur durch Schadensersatzzahlungen durch die Corona-Hilfen abgesichert, sondern haben mit Monika Grütters auch eine Lobbyistin in der Regierung. Steuergelder für die Kultur sind dauerhaft gesichert. Und diese werden, so die Argumentation von Hank, zu über 50 Prozent von den Reichen getragen. Diese nun noch einmal zur Kasse zu bitten, verbietet sich daher.
Wenn die Kulturschaffenden immer mehr Staat für sich beanspruchen, dann betrachten sie diesen als »Künstlerversorgungskasse«. Das widerspricht der Idee der künstlerischen Avantgarde, die eine unternehmerische Existenz des Künstlers propagierte. Daher sollten Künstler*innen auf Anwälte wie Herbert Grönemeyer verzichten, die statt Kreativität, Einfallsreichtum und Neugier zu betonen, die Kreativwirtschaft zur »öffentlichen Bespaßungsindustrie« degradiert.
Auch wenn Hank durchaus zuzustimmen ist, wenn er betont, dass es auch in der Kulturbranche Gewinner der Pandemie gibt, so sollte doch bedacht werden, dass es Grönemeyer nicht um sich selbst geht, wenn er die Unterstützung der Reichen einfordert. Er spricht für die vielen Kulturdienstleister, z.B. Licht-, Ton- und Veranstaltungstechniker, Konzertveranstalter, Caterer,….., denen seit Monaten ihr Einkommen weggebrochen ist und deren Rücklagen nach 8 Monaten Pandemie aufgebraucht sind. Eine florierende Branche, die normalerweise keine Unterstützung des Staates benötigt, sondern durch das Berufsverbot ihrer Einkünfte beraubt wurde und nun Überbrückungshilfen benötigt.

 

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tag Novemberhilfe Millionäre Tantieme Corona-Gewinner Herbert Grönemeyer
Alle Sparten Kommentar

Lockdown mit Nebenwirkungen . Kultur auf Abtand

by Claudia Kuhland, Marion Ammicht (08 Nov 2020)
Original source: ttt - titel themen tempramente

Nach einer Woche Lockdown für die Kunst gibt das ARD-Kulturmagazin einen Überblick über die Reaktionen der Kulturschaffenden auf die Schließung der Häuser. Das Eingangszitat der Ministerin für Kultur und Wissenschaft in NRW, Isabel Pfeiffer-Poensgen, ist symptomatisch für den Umgang mit der Szene. Der Kultur wird vorgeworfen, gegen den gesellschaftlichen Konsens zu verstoßen, die Existenznöte vieler freischaffender Künstler*innen, aber auch der vielen von der Branche abängigen Betriebe und Solo-Selbst&aum l;ndigen werden kaum gehört. So verwundert es nicht, dass Theaterintendanten, Museumsdirektoren und Leiter von Konzerthäusern nun harsche Kritik an politischen Entscheidungen üben - zumal Gesprächsangebote von ihrer Seite nicht gehört werden. Dass gerade in »unserer angegriffenen Demokratie« die Stimme von Kunst und Kultur nicht überhört werden darf, mahnt beispielsweise Intendantin Karin Beier an und nennt damit vielleicht auch implizit einen Grund dafür, warum die Deutschen aktuell lieber zum Einkaufen geschickt werden als in Theater oder Museum.

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tag November-Lockdown #AlarmstufeRot #sangundklanglos Solidarität Isabel Pfeiffer-Poensgen
Alle Sparten Bericht

Geld ist im Übermaß vorhanden . Corona-Hilfen für Künstler

by Herbert Grönemeyer (04 Nov 2020)
Original source: Zeit

Unterhaltung, so wertet der Musiker Herbert Grönemeyer den Begriff für sich um, bedeutet »halten von unten«. Hier finden die Menschen Hilfe und Zuversicht, wenn sie traurig oder frustriert sind. Sie können aber auch ihrer Freude Ausdruck verleihen. Durch das Wegfallen der Liveauftritte ist das Publikum dieses Ventils beraubt. Keine Fluchtpunkte oder keine Ersatzwelt mehr. Es bleibt die Realität und mit ihr Raum für Verblödung und krude Theorien. Die Seele der Gesellschaft ist gefährdet und mit ihr der gesellschaftliche Zusam menhalt im Ganzen. Die Folgen für die Existenz der vielen Zuarbeiter, die Liveveranstaltungen erst ermöglichen, sind in diesem Verständnis nur Symptom für die Erosion der Gesellschaft. Wie diesem Prozess entgegenwirken? Wie dafür sorgen, dass auch nach der Krise Liveveranstaltungen wieder möglich sind? Hier wird Grönemeyer nun sehr konkret: Diese Menschen dürfen nicht gezwungen sein, ihre Alterssicherung anzugreifen. Für sie muss es schnell und unkompliziert Hilfe geben.
Doch wie könnte diese Hilfe aussehen. Grönemeyer nimmt in diesem Fall nicht den Staat in die Pflicht, sondern schlägt eine Alternative vor: Wie bei einer Naturkatastrophe die Familie einem Betroffenen unter die Arme greift, so bedarf es auch in der aktuellen Krise ein Zeichen der Solidarität. Dieses sollte, so der Musiker, von den 1,8 Millionen Millionären in Deutschland kommen. Dieses Zeichen würde nicht nur den in ihrer Existenz bedrohten Kulturschaffenden helfen, sondern es würde zugleich den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, der seit Jahrzehnten zu beobachtenden Spaltung entgegenwirken.
Interessanterweise fehlt Grönemeyers Statement ein überzeugendes Argument: Er müsste als leuchtendes Beispiel für die geforderte Solidarität selbst mit einer großzügigen Spende vorangehen - auch er gehört zu Deutschlands Millionären....

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tag Kulturbetrieb Solidarität Millionäre Seele der Gesellschaft Zusammenhalt Liveevent Quo vadis ars
Alle Sparten Kommentar

Kultur ist nicht für alle da . Corona-Maßnahmen und Kultur

by Tobi Müller (29 Oct 2020)
Original source: Zeit

Mit Till Brönner und der Band ›Die Ärzte‹ haben sich prominente Vertreter der Musikbranche zur Wort gemeldet und über die Existenznöte vieler Musiker*innen aber auch der für die Branche wichtigen Zuarbeiter von der Veranstaltungstechnik bis zur Gastronomie gesprochen. Nicht zu Unrecht kritisiert Tobi Müller in seinem Beitrag die von Brönner und der Musikbranche immer wieder vorgebrachten Zahlen und die damit suggerierte Wirtschaftsmacht. Damit würde nun die eine Gruppe gegen eine andere ausgespielt, Verteilungskä mpfe befördert. Sein Vergleich mit Angestellten, denen es ja ebenfalls schlecht ginge, hinkt jedoch. Schließlich bekommen diese gegebenenfalls Kurzarbeiter- und schlimmstenfalls Arbeitslosengeld. Der Solo-Selbständige darf hingegen gleich Hartz IV beantragen.
Für Tobi Müller verschweigen die Beiträge von Musikern und Veranstaltern aber auch, dass es in der Kulturbranche Bereiche gibt, die mehr und welche die weniger betroffen sind. Die Musik gehört zweifellos zu den am schwersten gebeutelten Wirtschaftsbereichen. Allerdings – so das zentrale Argument Müllers – die Kultur, von denen die Beiträge sprechen, ist die des gehobenen Bürgertums, das sich lautstark für die Rechte der Künstler*innen einsetzen kann. Gerade im Hinblick darauf, dass die Punkband ›Die Ärzte‹  sich in die ›Tagesthemen‹ gewagt hat, um ihre Stimme zu erheben, ist der Kulturbegriff, den Müller in seinem Beitrag vertritt, interessant. Geht er doch damit vor allem von Konzerthäusern, Bühnen und Museen aus, für die der Jazztrompeter Till Brönner als Symbolfigur herhalten muss, und nicht von den der Kultur ebenso zuzurechnenden Bereichen wie Volksmusik, Schlager oder Punk.
Die Anregung, die Tobi Müller für die Branche hat, muten aktuell etwas skurril an: Nicht immer nur den Staat in die Verantwortung nehmen, sondern untereinander Solidarität üben. Warum nicht die großen Theatersäle auch für Konzerte öffnen oder Kooperationen mit Museen eingehen, die meist über große, luftige Räume verfügen. Und als Zeichen der Nächstenliebe könnten auch Kirchen die Türen für Theater- und Musikschaffende anbieten – das bringt leider im November recht wenig, wenn Theater und Museen geschlossen sind und jegliche Form von Konzert verboten ist.

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Musik Kommentar

Bildet Banden! . Warum der zweite Lockdown für Theater und Künstler*innen wie eine Ohrfeige wirkt

by Georg Kasch (28 Oct 2020)
Original source: Nachtkritik

Die Lage der Theater ist zum Verzweifeln. Nicht nur wird über sie ein zweiter Lockdown verhängt, sie werden zudem der Kategorie »Unterhaltung« zugeordnet, stehen in einer Reihe mit Fitnessstudios, Wettbüros und Bordellen. Und das, obwohl sich die Theater während des Lockdowns so vorbildlich verhalten haben. Mit Streamings haben sie ihr Publikum unterhalten, Hygienekonzepte erarbeitet, die neue Spielzeit drei Mal neu geplant. Und nun?, fragt Gerog Kasch in seinem Kommentar. Die Häuser müssen neuerlich ihre Tore schließen, ob wohl selbst Virolog*innen diese Schritt für nicht notwendig halten. Kann sich die Schließung tatsächlich damit begründen lassen, dass das Publikum sich nach der konsequenten Trennung im Parkett nach der Vorstellung zur Diskussion des Abends trifft?
Wenn die Kultur nun im Gegensatz zu vielen anderen Wirtschaftszweigen als Bauernopfer herhalten muss, dann sollte die Politik für die Bestandssicherung in der Branche aufkommen. Darauf müssen Intendanten, Veranstalter und alle Beteiligten pochen. Ein angemessener finanzieller Ausgleich für die Häuser und eine Art Grundeinkommen für die Solo-Selbständigen mit Verdienstausfall sollte die Branche über die Krise retten.
Währenddessen sollen sich die Kulturschaffenden aber nicht zurücklehnen, sondern das angehen, was im Frühjahr zu kurz kam: Sich mit anderen zusammenschließen, um gemeinsam die Stimme für die Kultur zu erheben. Streamen, denn wer nicht sichtbar ist, wird vergessen. Dabei darf aber nicht der Fehler gemacht werden, alles kostenlos anzubieten, es müssen intelligente Bezahlkonzepte entwickelt werden. Sein letzter Appell richtet sich direkt an die Theaterbranche: Entwerft das Theater von morgen! Wenn die Erfahrungen der letzten Monate produktiv für eine Neukonzeption genutzt werden, dann hat der Lockdown für die Kunst einen Sinn.

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tag November-Lockdown Unterhaltung Hygienekonzepte Bestandssicherung Grundeinkommen Bauernopfer Krise als Chance Streaming
Darstellende Kunst Kommentar

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The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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