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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Die Vorfreude ist riesig! . Theater-Spielzeit und Corona

by Irene Bazinger, Oliver Reese (23 May 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Die Theater dürfen sich in der Krise nicht in den Elfenbeinturm zurückziehen und warten bis diese vorüber ist. Vielmehr gilt es nun gerade für die subventionierten Häuser, den Alltag so zu gestalten, dass die Hygieneregeln auch von den Mitarbeiter*innen eingehalten werden und im Fall einer Infektion nur kleine Gruppen und nicht das gesamte Team in Quarantäne geschickt werden muss. Das, so Oliver Reese, ist auch im Sinne der Theater, denn dort möchte man sich auch selbst schützen, um endlich wieder spielen zu dürfen. Da er Thea ter als per se flexiblen Raum versteht, der schnell auf Veränderungen reagieren kann, sieht er in der schnellen Wiederaufnahme des Spielbetriebs kein Problem. In der Verknappung der Tickets sieht er eine Chance, dem Theater wieder zu mehr Wertschätzung zu verhelfen. 
Bei der Gestaltung des Spielplans für die kommende Saison geht es Reese im Moment nicht darum, die vorhandenen Stücke in das von Corona vorgegebene Korsett zu zwängen. Stücke, die sich in der aktuellen Situation gut realisieren lassen, werden gespielt – wichtig ist ihm aber auch, dass Corona nun nicht das alle beherrschende Thema wird, dass die anderen drängenden Themen der Gegenwart in den Hintergrund treten lässt. 

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tag Theater Hygieneregeln Spielzeit
Darstellende Kunst Interview

»Das ist eine neue Kunstgattung«

by Christian Riethmüller (22 May 2020)
Original source: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Am Freitag, den 22.05., feiert ein neues Format des Live-Entertainment in Frankfurt Premiere: Mit der Stage-Drive-Kulturbühne hat die Kulturbühne an der Jahrhunderthalle ein an das Autokino angelehntes Format entwickelt, das wieder ein Kulturprogramm mit Comedy und Kabarett, Musik, Literatur und Film möglich macht. Die Bühne wird flankiert von zwei je 50 Quadratmeter großen LED-Screens, die das Geschehen für die Besucher*innen sichtbar machen. Diese sitzen auf dem Parkplatz verteilt auf 300 der Größe nach sortierten Fahrzeugen. & Uuml;ber eine eigene UKW-Frequenz wird der Ton auf die Autoradios übertragen. Tickets werden pro Auto verkauft. Außerhalb der Fahrzeuge gelten die üblichen Hygieneregeln. Ob das Format funktioniert, wenn beispielsweise ein Kabarettist das Lachen seines Publikums nicht hört, wird sich hier ab Freitag zeigen. Moritz Jaeschke, Geschäftsführer der Jahrhunderthalle, hat das neue Bühnenformat in enger Abstimmung mit der Wirtschaftsinitiative Frankfurt/Rhein-Main entwickelt, die das Projekt auch finanziell unterstützt. Als wichtigen Standortfaktor in der Region darf die Kultur nicht vernachlässigt werden, ist man bei der Wirtschaftsinitiative überzeugt. Die Bühne könnte zudem auch andere Verwendungszwecke finden wie zum Beispiel für Präsentationen von Firmen. Erst einmal ist aber ein vielfältiges Kulturprogramm geplant, das über die Homepage der Jahrhunderthalle abrufbar ist.

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tag Stage-Drive-Kulturbühne Frankfurt Wirtschaftsfaktor
Darstellende Kunst Bericht

Zurück aus dem Netz: Theater unter Corona-Auflagen

by Susanne Burkhardt, Elena Philipp (22 May 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

In einigen Bundesländern scheint für die Theater die Öffnung nach dem Lockdown wieder in greifbare Nähe zu rücken. Die Einhaltung der Hygieneregeln stellt die Häuser allerdings vor die Frage, wie ein »corona-taugliches« Theater aussehen kann. Im »Theaterpodcast« des Deutschlandfunk gehen Susanne Burkhardt und Elena Philipp mit der Theaterkritikerin Cornelia Fiedler und dem Schauspieler Matthias Wuttke der Frage nach, welche Einschränkungen die Krise mit sich gibt und welche Chancen die Wiedereröffnung der H& auml;user mit sich bringen kann.
Aktuell ist der Theaterbetrieb weitgehend ins Internet verlegt. Über Streamings können am heimischen Bildschirm Aufführungen gesehen werden, selbst das renommierte Berliner Theatertreffen wurde nur online ausgetragen. Zeigen sich klassische Theaterbesucher*innen inzwischen genervt von den Onlineangeboten und sehnen sich nach »echtem« Theatererleben, so bleibt zumindest die Hoffnung, dass die Demokratisierung des Theaters im Netz auch weniger theateraffine, aber kulturell interessierte Nutzer*innen erreicht.
Nur wenige Häuser haben gegenwärtig Wege gefunden, aktuelle Produktionen unter den Bedingungen des Lockdowns zu zeigen. Besonders hervorzuheben sind hier die Hörspaziergäng mit Schauspieleinlagen, die das Theater Oberhausen mit Elfriede Jelineks »Prinzessinendramen« anbietet und von denen Cornelia Fiedler begeistert berichtet. Die Suche nach geeigneten Stücken für die kommende Spielzeit ist schon fortgeschritten, wenn beispielsweise Kassel und Wiesbaden planen Beckett zu spielen, weil seine Stücke von Einsamkeit handeln und so die Abstandsregeln auf der Bühne gut einzuhalten sind. Allerdings sind sich die Teilnehmer*innen einig, dass Theater unter Corona-Bedinungen auch schnell lächerlich oder gar traurig werden kann, wenn man sich die Hygieneregeln in einer konkreten Theateraufführung umgesetzt vorstellt.
Als problematisch an der Diskussion um Abstandsregeln hebt Cornelia Fiedler hervor, dass aktuell die Verantwortung von der Politik auf die Häuser bzw. die Besucher*innen verlagert wird. Die meisten großen Häuser werden zwar im Juni den Probenbetrieb wieder aufnehmen, die Spielzeit aber erst im Spätsommer oder Herbst beginnen. Für die kleinen Häuser hingegen wird die Öffnung unter strengen Auflagen insofern zum Problem als für sie dann die Unterstützung durch Kurzarbeit, etc. wegfällt. Bei 100 Prozent der Kosten werden nur 25 Prozent an Besucher*innen erwartet. In Düsseldorf kam die Idee des Theatertauschs auf, weil die großen Häuser erst einmal nur Proben, aber nicht vor Publikum spielen. Könnte das »Theater an der KÖ« im Schauspielhaus spielen, wären durch dieses Zeichen der Solidarität zumindest die Einnahmen gesichert. Allerdings müssten die großen Häuser dann auf die Solidarität von Fußballstadien hoffen, um ihre normale Besucheranzahl bespielen zu können.
Aufschlussreich sind die Überlegungen im Podcast zu den Chancen für Theater in Coronazeiten. Beim gemeinsamen Brainstorming zeigt sich, dass die Theatergeschichte der letzten Jahre und Jahrzehnte viele innovative Formate entwickelt hat, die nun wieder aufgegriffen werden können. Matthias Wuttke berichtet von dem Stück »Stadion der Weltjugend«, für das er am Schauspiel Stuttgart in einem Autokino aufgetreten ist. Auch die Entwicklung von Freiluftbühnen, Drive-In-Theatern, Containertheater in Anlehnung an Christoph Schlingensief oder Formate im Stadtraum, wie sie Rimini-Protokoll in den letzten Jahren entwickelt haben, werden genannt. Im Gegensatz zum Intendant der Berliner Schaubühne, Thomas Ostermeier, der Theater unter Corona-Bedingungen als »Theater zum Abgewöhnen« bezeichnet, sieht der Schauspieler Matthias Wuttke in den ungewöhnlichen Formaten eine Chance für die Theaterlandschaft. Er führt dies unter Verweis auf die Inszenierung von Ibsens »Wildente« von Vergard Vinge und Ina Müller aus: Die Schauspieler spielten in einer Box und es konnten jeweils nur wenige Besucher*innen durch einen Sehschlitz verfolgen, was gespielt wurde: »Dass etwas stattfindet, was nicht so viele Menschen im selben Moment sehen können, ist auch eine Alternative. Man sieht ja, dass in der Kiste etwas hoppelt. Theater kann anders aufregend sein.‟
Wo sich allerdings die Theaterwelt noch etwas gedulden muss, sind Stücke, die auch inhaltlich auf die Krise reagieren. Außer Panikreaktionen, die sicher auch der finanziellen Misere geschuldet sind, werden aktuell noch keine neuen Themen verhandelt. In der nächsten oder vielleicht gar erst in der übernächsten Spielzeit werden die Theaterprogramme aber sicher eine Antwort auf die Corona-Krise geben.

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tag Theater Theaterformen Onlineangebote Hygieneregeln Cornelia Fiedler Matthias Wuttke
Darstellende Kunst Podcast

Eine Frage der Klimaanlage? . Corona und Kulturveranstaltungen

by Reinhard J. Brembeck (22 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Schon vor der Krise war die Förderung der freien Kunstszene nicht sehr üppig. Aktuell gilt die Kunst der Politik nicht als überlebensrelevant. Während Hilfen für Lufthansa und die Lockerung für Fußballspiele diskutiert werden, werden Künstler*innen nur zögerlich unterstützt. Sogar große Orchester wie die Berliner Philharmoniker gehen in Kurzarbeit.
Zwar sind erste Veranstaltungen wieder möglich, doch im Vergleich zur den Veranstaltungen vor dem Lockdown sind es mickrige Kleinstveranstaltungen. Wenige Mu siker sehen sich einem enorm dezimierten Publikum gegenüber. Zwar möchten die Konzerthäuser nicht zum Virenhotspot werden, doch das Berufsverbot ruiniert sie finanziell. Häuser wie das Festspielhaus in Baden-Baden oder die Berliner Philharmoniker müssen einen großen Teil ihrer Einnahmen selbst erwirtschaften. Selbst reiche Institutionen sind bald pleite.
In dieser Situation verursacht es großen Unmut, dass Flugzeuge ohne Platzbeschränkungen wieder fliegen dürfen – weil ihre Klimaanlagen angeblich so gut sind, dass sie keine Eineinhalb-Meter-Klausel benötigen, um die Gäste sicher zu schützen. Die Konsequenz, die Reinhard J. Brembeck daraus ableitet, ist, dass die Künstler*innen ihre Forderungen genauso schamlos vorbringen müssen, wie das bei andere Wirtschaftszweigen in der Krise zu beobachten ist: » Mehr Druck wäre also notwendig und weniger Obrigkeitsduckmäusigkeit.«

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tag Konzerthäuser Berufsverbot Fluggesellschaften Hygieneregeln
Musik Kommentar

Wenn der Atem nach Freiheit dürstet . Endlich wieder im Konzert

by Manuel Brug (20 May 2020)
Original source: Welt

Acht Woche und zwei Tage hat der Feuilletonmitarbeiter der Welt Manuel Brug keine Kulturveranstaltung mehr besucht. Für das erste Livekonzert in Coronazeiten fährt er nach Wiesbaden zu den abgespeckten Maifestspielen, die mit dem Weltklassebass und Coronamaßnahmen-Rebell Günther Groissböck eröffnen. Nach einer sehr kurzfristigen Entscheidung der Landesregierung ist in Hessen der Kulturbetrieb wieder eröffnet. In anderen Bundesländern hat die Branche nach wie vor ein Berufsverbot. Dass nun gerade das Staatstheater Wiesbaden innerhalb weniger Tage wieder für Besucher öffnet, hängt auch damit zusammen, dass Uwe-Eric Laufenberg – Schauspieler, Regisseur und Staatsintendant – die Coronamaßnahmen heftig kritisiert hat und damit teilweise auch seine Kolleg*innen vor den Kopf gestoßen hat.
Allerdings kann auch in Wiesbaden aktuell nicht das Originalprogramm gespielt werden. Zwar sind die vorgesehenen Starsänger weitgehend angereist, aber sie können in diesem Jahr nur mit Klavierbegleitung auftreten, haben auf einen Teil ihrer Gage verzichtet und die Anzahl der Zuschauer musste extrem reduziert werden, um die Hygieneregeln einzuhalten. Die Einhaltung der neuen Regeln muss von Personal und Zuschauern noch geübt werden, aber alle sind getragen vom Wunsch, Musik wieder live zu erleben. Und so wundert es den Kritiker nicht, dass das minimalistische Auditorium am Ende des Abends tobt.
Auch wenn in der Corona-Zeit schmerzlich erfahren wurde, dass Kultur nicht systemrelevant ist und von der Politik lediglich zwischen Glücksspiel und Bordell angesiedelt wird, macht dieser Erlebnisbericht Mut darauf, dass der Kulturbetrieb langsam wieder anlaufen darf.
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tag Klassische Musik Konzert Systemrelevanz Günther Groissböck Hygieneregeln Wiesbaden
Musik Erlebnisbericht

Hygieneregeln . Dem Publikum stehen keine leichten Zeiten bevor

by Jörg Häntzschel (19 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Jörg Häntzschel setzt sich in der Süddeutschen Zeitung kritisch mit den Hygieneregeln auseinander, die die Kultusminister der Länder gemeinsam mit der Kulturstaatsministerin Monika Grütters für Theater, Opernhäuser und Konzertsäle erarbeitet haben. Die vielen Eingriffe und Vorgaben für den Betrieb der Häuser führen vor Augen, dass auch die Wiedereröffnung mit schweren finanziellen Einbussen verbunden sein wird, wenn die Abstandregel von 1,50 Meter Distanz umgesetzt werden muss. Darüber hinaus muss nicht nur die Klimatechnik angepasst werden, sondern auch die Gesundheit der Besucher*innen im Blick behalten und der Abstand der Mitarbeiter*innen – sprich der künstlerischen Akteure auf der Bühne und bei Proben – im Blick behalten werden. Nur ein kleiner Lichtblick bleibt hier, dass die Regelungen für ganz Deutschland gelten soll und nicht jedes Bundesland seine eigenen Regeln auf den Weg bringt. Was Häntzschel allerdings mehr umtreibt als die konkreten Hygieneregeln ist die Art und Weise, wie aktuell mit Künstler*innen im politischen Diskurs umgegangen wird. Wird Kunst einerseits zu einer Art »säkularer Universalreligion« verklärt, die »Therapeutikum gegen Einsamkeit, Waffe gegen Populismus und Humus der Demokratie« sein soll, so werden die Künstler*innen selbst nüchtern-fiskalisch als Solo-Selbständige oder Kleinstbetriebe geführt, die zudem hinter Baumärkten und Autohäusern zurückstehen müssen. In den sehr detaillierten Empfehlungen, wie die Häuser die Zeit bis zur Wiederaufnahme des Spielbetriebs füllen sollen, sieht der Autor eine Form »kultureller Kriegswirtschaft«. Zeigt doch das Papier wenig Vertrauen in die Kreativität der Branche, die von ministerieller Seite nicht nur den Marschbefehl, sondern auch den Weg vorgegeben bekommt.

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tag Theater Kino Oper Hygieneregeln Universalreligion Monika Grütters kulturelle Kriegswirtschaft
Darstellende Kunst Bericht

»Wie ein Rennauto, das in die Wand fährt« . Erfolgsproduzent Oliver Auspitz über die Film-Branche im Corona-Modus, Ulrike Lunaceks Rücktritt, Kanzler-Hilfe und die ROMY

by Oliver Auspitz, Christoph Silber (16 May 2020)
Original source: Kurier

Die Filmindustrie liegt coronabedingt aktuell weitgehend still. Aufgrund der geltenden Abstandsregeln ist der Dreh kaum möglich. Der Filmproduzent Oliver Auspitz, der die Produktion von »Schnell ermittelt« am Tag vor Drehbeginn stoppen musste, findet drastische Worte: »Eine Film-Produktion umfasst ja zwischen 50 und 100 Personen, die für diese paar Wochen aufgenommen werden. Wenn es dann am Tag vor dem Dreh, der wochenlang vorbereitet wurde, »Stopp« heißt, ist das vergleichbar mit einem Rennauto, das maximal be schleunigt und mit 200 km/h in die Wand fährt. Unvorstellbar.« 
Die Kosten, die für eine coronabedingte Absage entstehen, trägt keine Versicherung. Daher plädiert Auspitz aktuell dafür, nicht auf langfristige Förderung der Filmindustrie zu setzen, sondern mit einer staatlichen Ausfallshaftung die Produktionsfirmen schnell zu unterstützen, damit sie die aktuelle Krise meistern können. Das ist auch insofern wichtig, als bei den Sendern aktuell gespart wird und die Kosten für zukünftige Produktionen steigen werden. Hier erwartet der Produzent vom ORF, dass dieser sich öffentlich zu einem österreichischen Programm bekennt und so die Unterstützung der Politik für heimische Produktionen einfordert. 
Die Umsetzung der Hygieneregeln für die Filmarbeiten ist in vollem Gange. Ob sich mit Corona eine neue Filmsprache entwickeln wird, kann er noch nicht absehen. Grundsätzlich entstehen gute Filme in einer familiären, vertrauensvollen Atmosphäre. Das wird sich auch durch Corona nicht ändern. Ob die Krise sich positive auf die Entwicklung starker Filme auswirkt, müsse man abwarten. Jetzt thematische Coronafilme zu drehen, ist für Auspitz keine Lösung, denn die Krise also solche bestimmt den Alltag und bietet wenig Unterhaltungspotential. 
Den Digitalisierungsschub, den die Krise mit sich brachte, bewertet er nicht negativ. Es sind ja nicht nur Streamingdienste wie Netflix, die von den erhöhten Zugriffszahlen profitieren, sondern auch die Mediatheken der Öffentlich-Rechtlichen sieht er gut aufgestellt. 

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tag Filmproduktion Ausfallfonds ORF
Darstellende Kunst Interview

Corona-Chronik (8) . Krise als Chance, Theater zu Parkhäusern, Abgase zu Frischluft

by Nicolas Stemann (11 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

In Woche 8 des Shutdown beobachtet der Co-Intendant am Schauspielhaus Zürich Nicolas Stemann, dass die Rückkehr zur Normalität nicht nur das Virus in Vergessenheit geraten lässt, sondern auch die unliebsamen Themen der Vor-Corona-Zeit wie die Klima- oder Flüchtlingskatastrophen scheinen der Vergangenheit angehören. Stattdessen hat sich in der Gesellschaft eine seltsame Stimmung breit gemacht: Man feiert sich als Helden, weil man den Shutdown selbst so gut überstanden hat, ist aber zugleich auch etwas enttäuscht, weil die Katastroph e nun eher die Qualität mittelguter Wellnessferien hatte. Enttäuschung über die angeblich richtig große globale Krisensituation macht sich breit.
Der Alltag nach der Krise ist allerdings für die Theater noch weit entfernt. Aber – so Stemann mit ironischem Unterton – die Krise ist ja auch eine Chance. Die Theater können zu alten Konzepten wie der vielzitierten Thomas-Meinecke-Parole »Theater zu Parkhäusern« zurückkehren. Wenn man im Parkhaus spielt oder die Zuschauer vom Kleinflieger aus auf die Bühne schauen lässt, ergeben ich völlig neue Finanzierungsmodelle – Auto- oder Luftfahrtindustrie ließen sich sicher gewinnbringend als Sponsoren gewinnen. 
Das Schlagwort von der »Krise als Chance« greift er abschließend noch einmal auf und führt dessen Zynismus vor. Diejenigen, die diese Chance nun gekommen sehen, hätten sie im Gegensatz zu den Menschen im Flüchtlingslager auf Moria auf Lesbos, in der Intensivstation in Manaus oder in den Slums von Mumbai auch vor Corona schon ergreifen können.

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tag Theater Autokino Krise als Chance Hygieneregeln
Darstellende Kunst Corona-Chronik

So könnte Theater . Kultur in München

by Egbert Tholl, Reinhard J. Brembeck (08 May 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

In München haben Christian Stückl, der Intendant des städtischen Volkstheaters, und Anton Biebl, Kulturreferent der Stadt München, ein Konzept für ein Theater in Coronazeiten vorgelegt, von dem nicht nur die Münchner Bevölkerung, sondern auch die Bayerische Staatsregierung aus der Zeitung erfahren hat. Das Konzept ist keine Absichtserklärung, sondern enthält konkrete Pläne zum Neustart des Spielbetriebs. Stückl hat an seinem Haus die Spielzeitpause vorverlegt und möchte am 15. Juni wieder mit dem Probenbetrieb s tarten. Die kommende Saison soll dann nicht erst im Herbst, sondern bereits am 24. Juli beginnen. Geplant sind fünf “Corona-taugliche‟ Produktionen. Auch im Haus selbst wird es Umbauten geben. Jede zweite Reihe im Zuschauerraum soll entfernt werden und nur jeder vierte Platz besetzt sein. Um den Verlust an Zuschauerplätzen auszugleichen, wird auch die Bühne bestuhlt. Zwischen den beiden so geschaffenen Tribünen wird gespielt. Grundsätzlich sollen die Aufführungen jeweils rund eine Stunde dauern und ohne Pause gespielt werden. Auf diese Weise werden nicht nur Kontakte unter den Zuschauern vermieden, es könnten auch mehrere Aufführungen hintereinander gespielt werden. Um Szenen mit intensiver Körpernähe zu umgehen, müssten neue Konzepte erarbeitet werden. Stückl verweist hier auf die Darstellung von Kussszenen in Indien, wo ein Hackbrettsignal anzeigt, dass der Zuschauer sich Nähe der Figuren denken müsse. Aber nicht nur auf der Bühne wird an Hygienekonzepten gearbeitet. Die Werkstätten sollen durch ein Minimum an Ausstattung entlastet werden. Zudem denkt Stückl darüber nach, wie auch Gastschauspieler*innen wieder eingebunden werden können.
Ob das Konzept im Alltag den erwarteten Erfolg haben wird, kann auch Stückl selbst nicht versprechen, aber er stellt damit das erste Konzept vor, dass eine Idee von Normalität für den Spielbetrieb ermöglicht. Angesichts der wieder angelaufenen Bundesliga wird der Ruf nach der Öffnung der Spielstätten lauter – auch wenn er nicht so aussehen wird, wie vor dem Lockdown. Stückl und Bibl stellen damit auch die Planungen von Bayerns Kunstminister Bernd Sibler in Frage, der die Theater erst im Herbst wieder öffnen möchte und eine Rückkehr zur Normalität erst gegeben sieht, wenn ein Impfstoff zur Verfügung steht. Eine solch lange Durststrecke werden Theater, Opernhäuser und Orchester nicht überstehen können.

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tag Theater Zuschauer*innen Vorstellungen Hygieneregeln Christian Stückl Anton Biebl München
Darstellende Kunst Bericht

Kultur in der Corona-Krise . Erwacht endlich aus der Schockstarre!

by Marco Frei, Christian Wildhagen (01 May 2020)
Original source: Neue Züricher Zeitung

»Die Stimmung kippt.« Wie ein Warnruf an die Politik klingt der Auftakt des Artikels von Marco Frei und Christian Wildhagen. Sie registrieren Unmut in der Kulturbranche, fragen nach den Ursachen des langen Stillhaltens und ermutigen Musiker*innen und Veranstalter nicht länger der Politik das Zepter zu überlassen. Die Lage ist bekannt: Zahlreiche Kulturschaffende fallen durch das Raster der aufgelegten Hilfsprogramme und müssen Grundsicherung beantragen. Zwar geben getroffene politische Entscheidungen zum Verbot von Großveranstaltungen Pla nungssicherheit, lassen aber auch die Aussichten auf die zweite Jahreshälfte als wenig erfolgversprechend erscheinen, da viele weitere Festivals und Veranstaltungen Ende April abgesagt werden mussten. Hat die Branche die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie bislang klaglos mitgetragen, regt sich nun Widerstand gegen den Kahlschlag. In Deutschland ist dieser schon etwas länger zu beobachten, nachdem die Landesregierungen über Lockerungen für Biergärten und Pediküre nicht aber für die Musikbranche gesprochen haben. In einem Offenen Brief haben Anne-Sophie Mutter, Matthias Goerne, Christian Thielemann und andere Klassik-Größen nun ihren Unmut kundgetan. Dass der Protest erst so spät kommt, führen die Autoren Marco Frei und Christian Wildhagen auf ein »mangelndes Selbstwertgefühl der Künstler« zurück. Diese sind sich weder bewusst, dass sie in der Gesellschaft selbst ihre größte Lobby haben und mit der Kreativbranche als »wirtschaftlich signifikante Grösse« punkten können. Um sich Gehör zu verschaffen, bedarf es aber auch eines »Konzepts für Kultur unter den Bedingungen der Pandemie«. Das, so die Autoren, gibt es bislang nicht. Online-Angebote wie live-Konzerte oder das Streamern von Archivmaterial sind nicht nur in dem Zahl der Zugriffe von der Prominenz der Beteiligten abhängig, sie haben auch rückläufige Zugriffszahlen. Dass dem so ist und dass ein Onlineangebot weder klangtechnisch noch atmosphärisch ein Live-Kulturerlebnis ersetzen kann, ist auch den Veranstaltern bewusst. So haben sich nun vierzig Musikfestivals in Deutschland an die Bundesregierung gewandt, nicht nur mit der Bitte differenzierte Maßnahmen für unterschiedliche Veranstaltungsformen und -größen zu erlassen, sondern zugleich mit der Mahnung der »Gleichbehandlung von Kultur mit Sport, Religionsgemeinschaften und Wirtschaft«. Statt auf die Rechtsunsicherheiten und die fehlende Entscheidungsfreude der Politik mit einer Schockstarre zu reagieren, empfehlen die Autoren sich ein Vorbild an der Fußball-Bundesliga zu nehmen und selbst mit Experten Hygienekonzepte zu entwickeln. Wichtig wäre aber auch hierfür, dass die Akteure gemeinsam agieren und nicht jedes Haus an seinem eigenen Konzept arbeitet. Einzelne Orchester spielen bereits wieder. Am 1. Mai fand das traditionelle Europakonzert der Berliner Philharmoniker in reduzierter Besetzung und ohne Publikum statt. Auch das Musikkollegium Winterthur, die Münchner Philharmoniker und das Tonhalle-Orchester Zürich arbeiten an Hygienekonzepten. Dazu gibt es vor und auf der Bühne vieles zu bedenken – vor allem aber stellt sich die Frage, ob sich eine Veranstaltung unter solchen Bedienungen rechnet. So komplex die Probleme sind, sollten die Kultureinrichtungen sich nun nicht von der Politik das Heft aus der Hand nehmen lassen, sondern im Blick auf andere gesellschaftliche Bereiche die Nischen suchen, in denen Kulturarbeit möglich ist. Wenn Gottesdienste und Fußballspiele wieder möglich sind, warum sollten es Kammerkonzerte nicht sein? Zur Not müsste unter Berufung auf den rechtsstaatlichen Grundsatz der Gleichbehandlung die Öffnung von Kulturveranstaltungen eingefordert werden. Für den Erfolg einer Klage sieht der deutsche FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gute Chancen: »Meine Prognose ist: In einigen Wochen wird auch bei den Gerichten der Geduldsfaden reissen. Dann wird es rechtlich nicht mehr möglich sein, bestimmte Veranstaltungen zu verbieten, obwohl sie die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie andere.«

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
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