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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

»Es muss etwas passieren. Sonst gehen alle pleite« . Live-Konzerte

by Daniel Gerhardt (21 Sep 2020)
Original source: Die Zeit

Popgrößen nehmen gegenwärtig ihre Veranstaltungen vor leeren Hallen auf und scheuen für Aufzeichnungen oder Streaming keine Kosten. Für das Gros der Sängerinnen und Sänger und vor allem für die Veranstalter bleiben in Corona-Zeiten die Kassen leer. Lediglich einige wenige Veranstaltungen in Autokinos oder in kaum besetzten Hallen sind möglich. Die Besucher*innen, die bei Popkonzerte normalerweise in einer schwitzenden Menge stehen und lauthals mitsingen, sind für solche Veranstaltungen kaum zu haben. Während fü r andere Veranstaltungsformate in den letzten Monaten Alternativkonzepte entworfen wurden, hoffen die Veranstalter von Popshows auf das Jahr 2021. Der Veranstaltungskalender quillt bereits jetzt über – aber solange nicht klar ist, ob wieder Großveranstaltungen möglich sein werden, verkaufen die Veranstalter kaum Karten.
Ein Problem, mit dem die Veranstalter von Popevents in den letzten Monaten zu kämpfen hatten, war die Unkenntnis der Politik. Nicht nur die hohen Umsätze der Branche, sondern auch deren Alltag war vielen Politikern völlig fremd. Dass hier Unterstützung von Nöten ist, um die Unternehmen während des Berufsverbots vor der Insolvenz zu schützen, ist erst langsam bei den Entscheidungsträgern angekommen. Das Förderprogramm Neustart Kultur sieht nun zwar auch für die Musikclubs und Konzertstätten, sowie für andere Mitglieder der Veranstaltungsbranche Unterstützung vor, dennoch scheint das große Club- und Veranstaltersterben kaum mehr aufhaltbar zu sein. Die Folge? Einige wenige großen Firmen werden die Krise überstehen und dann werden die Veranstaltungen stromlinienförmig nach einem Konzept durchgeführt. Der Spaß, so fürchten Mitglieder der Branche, wird dabei auf der Strecke bleiben, ungewöhnliche Formate keine Chance mehr haben.
Das Branchenbündnis #AlarmstufeRot macht derweil auf die Situation der Veranstalter aufmerksam und formuliert Forderungen. Bei einer Demonstration am 9. September wurde auf die Situation der Branche aufmerksam gemacht. Viele legten symbolisch ihr letztes Hemd vor dem Reichstag ab – dennoch waren auch hier die Veranstalter gespalten: »Jede Aktion, mit der sie um Hilfe wirbt, könnte gleichzeitig zur Verlängerung der Pandemie beitragen.«

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tag Popkonzerte Konzertveranstalter Streaming #AlarmstufeRot Neustart Kultur
Musik Bericht

»Die Leute haben eine Sehnsucht in die Theater zurückzukehren« . Kultur in Bayern

by Sara Maria Behbehani (13 Sep 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Zu Beginn der neuen Spielzeit erkundet Sara Maria Behbehani bei Theatern in Bayern, wie die Theaterschaffenden der Öffnung ihrer Häuser entgegensehen und wie die Corona-Regelungen im Alltag wahrgenommen werden. Freude auf den wieder möglichen Kontakt mit dem Publikum und die intensive inhaltliche Arbeit an corona-konformen Theman ist allen Häusern gemein. 
Im Theater an der Rott gab es bereits im Sommer erfolgreiche Open-Air-Veranstaltungen. Für die Indoor-Veranstaltungen wurde das Programm noch einmal komplett umgeschrieben – n icht nur um die Corona-Regeln umsetzen und konzeptionell in die Stücke einzuarbeiten, sondern auch um den Einnahmeverlusten gerecht zu werden.
Am Landestheater Niederbayern spricht die Journalistin mit der freischaffenden Regisseurin Sarah Kohrs. Diese ist froh, dass sie nun wieder ein Engagement hat, und versucht ihr neues Stück so corona-konform wie möglich auf die Bühne zu bringen.
Am Jungen Theater Regensburg war der Lockdown äußerst produktiv. Mit verschiedensten Angeboten versuchten Maria-Elena Hackbarth und ihr Team den Kontakt zu den jungen Zuschauer*innen zu halten. Auch die Umsetzung der Abstandsregeln wird hier wenig problematisch gesehen. Familieninseln bieten eine persönliche Atmosphäre, die zugleich Schutz vor Ansteckung bietet. Auch thematisch wird der Lockdown wohl eine Rolle spielen, startet das Theater doch mit Kafkas »Verwandlung« in die neue Spielzeit.
Am Stadttheater Ingolstadt darf Andrea Frohn nicht wie geplant mit einem Kabarettabend die Spielzeit eröffnen. Da sie schwanger ist, hat sie Auftrittsverbot. Dennoch freut sich Frohn auf die neue Spielzeit, ist doch das Publikum unglaublich dankbar, dass es nun wieder losgeht.

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tag Theater Bayern Spielzeitauftakt Hygieneregeln Kabarett
Darstellende Kunst Bericht

„Wo ist die Empathie des Herrn Spahn?“ . "Where is the empathy of Mr. Spahn?"

by Matthias Goerne, Manuel Brug (13 Sep 2020)
Original source: Welt

Im Interview mit der Welt macht der erfolgreiche Liedsänger Matthias Goerne seinem Unmut über die Behandlung der Konzertwelt in der Corona-Krise Luft. Vor kurzem nahm er an einer Diskussionsrunde mit dem Gesundheitsminister Jens Spahn teilnahm. Die Enttäuschung über das Verhalten des Ministers ist groß. Seine Antworten waren nur ausweichend, die Kultur als Wirtschaft wird nach wie vor nicht anerkannt. Zwar gibt es Zuschüsse für Institutionen, aber die vielen Solo-Selbständigen blicken noch immer bang in die Zukunft. Das Hauen und Stechen unter den Konzertveranstaltern hat bereits begonnen, da auch die Agenturen um ihr Überleben kämpfen. Vor allem für die Berufsanfänger*innen ist die Situation im Moment schwer. Vielen wird es nicht gelingen, auf dem Markt Fuß zu fassen. Andererseits gibt es Kolleg*innen, die in die Grundsicherung abgerutscht sind, und sich nun nach einem neuen Job umsehen. Eine gemeinsame Stimme gibt es auf dem Musikmarkt nicht. Selbst von den Vertretungen zeigt sich Goerne enttäuscht, da sie wenig schlagkräftig argumentieren. Wer frei tätig ist, bekommt immer häufiger unmoralische Angeboten, weil die öffentlichen Häuser an den Gästen sparen können. Dabei sind es gerade diese Gäste, die das Publikum anlocken.
Besonders wenig Verständnis zeigt Goerne dafür, dass in öffentlichen Verkehrsmitteln Abstandsregeln nicht gelten, in den Konzerthäusern aber große Abstände zwischen den Besucherplätzen gefordert werden. Die Festspielsaison und vor allem die erfolgreich und ohne Ansteckungen verlaufenden Salzburger Festspiele haben gezeigt, dass das Publikum der Konzertveranstaltungen absolut diszipliniert ist und eine Sitzordnung im Schachbrettmuster gefahrlos umgesetzt werden kann. Aus Freude daran, wieder Konzerte besuchen zu dürfen, unterhalten sich die Besucher*innen im Saal nicht. Außerdem verfügen viele Konzerthäuser über hervorragende Lüftungen, die die Ansteckungsgefahr minimieren. Dass hier nicht die Wirtschaftskraft der Branche berücksichtigt und dieser wieder eine Chance auf Einnahmen gegeben wird, kann Goerne nicht nachvollziehen. Stattdessen nimmt die Politik ein Theater- und Opernsterben in großem Ausmaß in Kauf.

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tag Konzerte Konzerthäuser Konzertagenturen Solo-Selbständige Studierende stiller Tod Salzburger Festspiele Schachbrettmuster Jens Spahn
Musik Interview

Coronaregeln in Theatern . Gute Chancen für weitere Lockerungen

by Ulrich Khuon, Vladimir Balzer (07 Sep 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Die Theater, Opern und Konzerthäuser sind die sichersten Räume in der Öffentlichkeit. Ulrich Khuon, Leiter des Deutschen Theater in Berlin und Präsident des Deutschen Bühnenvereins, ist davon überzeugt, dass Ansteckungen in Theatern weitgehend ausgeschlossen sind. Die Lüftungsanlagen sind in den meisten Häusern hervorragend, die Auf die Einhaltung der Hygieneregeln bei Publikum und Personal wird streng geachtet. Selbst im Falle einer Ansteckung ist die Nachverfolgung der Personen im Unterschied zu Bus und Bahn kein Problem. Und so plädiert Ulrich Khuon – auch im Hinblick auf die erfolgreich durchgeführten Salzburger Festspiele – für weitere Lockerungen im Veranstaltungsbereich, die für alle Bundesländer möglichst einheitlich sein sollten: ein Meter Abstand ist aufgrund der aktuellen Erfahrungen vertretbar. Das Vertrauen bei den Besucher*innen ist in den letzten Wochen auch soweit gewachsen, dass die Neuerungen angenommen werden.

Eine Gefahr sieht Khuon in der Tendenz vieler Häuser, die Spielzeit mit kurzen Stücken zu Beginnen. Schnell genießbare Formate, die keine Probleme bereiten, sollten den Spielplan nicht dominieren. Auch über Pausen könnte man aktuell wieder nachdenken.
Kritisch nimmt Khuon Bezug auf ein aktuelles Statement des bayrischen Ministerpräsidenten Söder Bezug, der eine klare Hierarchie der Lockerungen entworfen hat: An erster Stelle steht das Wirtschaftsleben, dann die Schulen und Kitas. Wenn hier der Betrieb wieder reibungslos und ohne Ansteckungen läuft, könnte man sich auch um Sport und Kultur kümmern. Dass auch nach einem halben Jahr bei einem der wichtigen Persönlichkeiten in der Krisenbewältigung noch nicht angekommen ist, dass die Kultur in Deutschland ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, empört den Vorsitzenden des Deutschen Bühnenvereins.

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tag Theater Abstandsregeln Schachbrettmuster Salzburger Festspiele Deutscher Bühnenverein
Alle Sparten Interview

Große Säle, wenig Plätze: Lohnt sich das ganze Theater? . Corona-Schutzbedingungen

by Marc Grandmontagne, Anne Schneider, Karin Fischer (05 Sep 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Das Format "Streitkultur" im Deutschlandfunk stellt zwei konträre Positionen gegenüber, die im Dialog vertreten werden. Ziel ist dabei den Zuhörer*innen die Möglichkeit zu geben, ein komplexes Thema von unterschiedlichen Seiten zu beleuchten und sich dann selbst eine Meinung zu bilden. Die Frage nach der aktuellen Situation der Theater in Deutschland bot für die beiden Gäste der Sendung – Anne Schneider, Geschäftsführerin des Bundesverbands freie Darstellende Künste, Theaterregisseurin und Festivalmacherin, und Marc Grandmontagne, geschäftsführender Direktor des Deutschen Bühnenvereins – wenig Potential für ein Streitgespräch. Beide waren sich einige, dass die deutschen Bühnen im Moment den Schulterschluss üben müssen, um gemeinsam auf ihre Lage hinzuweisen und öffentliche Unterstützung zu unterhalten.
So bot das Gespräch Einblicke in die aktuelle Situation an den Häusern. Die Forderung des Bühnenvereins die Besetzung nach dem Schachbrettmuster in den Theatern zu ermöglichen, da die Infektionsgefahr nachweislich bei Kulturveranstaltungen mit festen Sitzplätzen sehr gering ist, wurde ebenso vorgetragen, wie auf die Misere der privat geführten Häuser hingewiesen. Die im Rahmen des Programms Neustart Kultur zu verteilenden Gelder werden vor allem den nicht öffentlich geführten Einrichtungen zugute kommen – allerdings sind viele Programmbereiche noch nicht ausgeschrieben, da die Mittelvergabe und die haushaltsrechtliche Prüfung ihres Einsatzes noch geklärt werden muss.
Marc Grandmontagne wies darauf hin, dass man sich nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass Corona kaum neue Probleme geschaffen hat, sondern vielmehr als Katalysator wirkt, der die prekären Verhältnissen in vielen Theatern und Veranstaltungshäusern ans Licht gebracht hat. Die Situation wird in den nächsten Jahren nicht einfacher werden, wenn die öffentlichen Kassen leer sind. Dennoch darf man nicht vergessen, dass Kultur eine zentrale Aufgabe des Staates ist. Es dürfen nicht öffentliche Einrichtungen wie Kitas, Schwimmbäder oder Stadttheater gegeneinander ausgespielt werden, weil alle wichtig für die Gesellschaft, ihre Entwicklung und ihren Zusammenhalt sind. Hinzu kommt, dass auf Kosten der Kultur kann kein Haushalt saniert werden kann. Vielmehr sollte das Potential genutzt werden, dass diese Einrichtungen bieten und auch ungewöhnliche Ansätze verfolgt werden, um die Zukunft zu gestalten.

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tag Theater Schachbrettmuster Streaming Neustart Kultur Kulturförderung Systemrelevanz
Darstellende Kunst Interview

Kinos in Not . Betreiber fordern finanzielle Hilfen – und blicken neidisch nach Bayern

by Tim Spark (05 Sep 2020)
Original source: Handelsblatt

Die Filmwirtschaft leidet unter der Corona-Krise. Vor allem die Kinobetreiber sehen nicht, wie sie langfristig ihr Programmangebot aufrecht erhalten können. Michael Pawlowski, Mitgesellschafter der Filmpalast-Gruppe berichtet von einem Besucherrückgang von 50 Prozent in Nordrhein-Westfalen. In Bundesländern mit strikteren Besucherregeln – in NRW muss lediglich ein Sitzplatz freigelassen werden – ist der Rückgang noch gravierender. Damit wird der Kinobetrieb aktuell aus Reserven betrieben, da die Einnahmen zur Deckung nicht ausreichen.
> Diese Situation haben 68 mittelständische, familiengeführte Kinobetriebe sich in einem offenen Brief an Monika Grütters zu wenden. Die Kinobetreiber benötigen finanzielle Unterstützung und eine Lockerung der Hygieneregeln. Da die Kinosäle gut gelüftet sind und die Besucher*innen während der Vorstellung nicht sprechen, ist die Ansteckungsgefahr laut einer Studie des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin im Kino geringer als im Büro.
Aber es sind nicht nur die Abstandsregeln, die den Kinobetreibern das Leben schwer machen. Die Filmvertreiber halten aktuell Filmstarts zurück, da die Besucherzahlen aktuell wenig attraktiv sind.
Zwar hat die Kulturstaatsministerin bereits Mittel für die Unterstützung von Kinos freigegeben, diese sind aber an Umbau-, Modernisierungs- und Ausstattungsmaßnahmen gebunden und helfen daher im aktuellen Liquiditätsengpass nicht, um die Kinos zu retten.
In Bayern gibt es aktuell ein Hilfsprogramm, das den Kinobetreibern für jeden Besucher, den sie weniger haben als im vergangenen Jahr, eine Ausgleichszahlung leistet. In den anderen Bundesländern sieht man mit diesem Modell die Chance, so zumindest die Fixkosten der Häuser zu decken und ein Kinosterben zu verhindern.

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tag Kinobetreiber Filmwirtschaft Neustart Kultur Filmproduktion Monika Grütters Hygieneregeln
Darstellende Kunst Bericht

»Auch Kunst ist systemrelevant« . Kultur in der Corona-Krise

by Katharina von Tschurtschenthaler (13 Aug 2020)
Original source: tagesschau

Seit 6 Wochen spielt das Hamburger Tivoli-Theater an der Reeperbahn wieder. Allerdings ist vieles anders als in Vor-Corona-Zeiten. Jedes Haus muss sein eigenes Hygienekonzept vorlegen und genehmigen lassen. Im Tivoli dürfen aktuell nur 250 statt 630 Tickets pro Vorstellung verkauft werden. Doch im Unterschied zu den erfolgreichen Hamburger Musicals, die nach wie vor nicht spielen können, ist hier zumindest der Betrieb gesichert. Unterstützung von der Hamburger Kulturbehörde macht es möglich, dass das Tivoli trotz der fehlenden Einnahmen über die Runden kommt. Dennoch zeigt sich der Theater-Chef Corny Littmann enttäuscht, dass die Bedeutung der Kultur in Corona-Zeiten nicht wirklich diskutiert wurde. Im Fokus standen Lufthansa und Kitas. 
Das Team ist froh, wieder auftreten zu dürfen. Sänger machen Einlasskontrolle oder übernehmen die Moderation des Abends. Nach vier Monaten ohne Engagement wird jeder Job angenommen. Was allerdings nach wie vor fehlt, ist die Interaktion mit den Zuschauern. Diese sind froh, dass sie wieder Kulturveranstaltungen besuchen dürfen.

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tag Tivoli-Theater Hygieneregeln Bilanz Kulturförderung Hamburg Musical
Darstellende Kunst Bericht

Lost Art . Measuring COVID-19’s devastating impact on America’s creative economy

by Richard Florida, Michael Seman (11 Aug 2020)
Original source: Brookings Report

Dieser Bericht der Brookings Institution, verfasst von den Ökonomen Michael Seman und Richard Florida, analysiert die wirtschaftliche Situation des US-amerikanischen Kultursektors im Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2020. Er schätzt die landesweiten Verluste der Kreativwirtschaft auf 150 Milliarden Dollar, die von Eintrittskarten und Konzertartikeln bis hin zu Gemälden und Musikunterricht reichen. Von den 50 Bundesstaaten wird Kalifornien in Bezug auf die absoluten Verluste der Kreativwirtschaft und der Berufe am stärksten betroffen sein, New York C ity wird der am stärksten betroffene Großraum sein. Die Bildende und Darstellende Kunst wird am härtesten betroffen sein, da sie 50 % aller Arbeitsplätze und mehr als ein Viertel aller landesweiten Umsatzeinbußen erleiden wird. Nichtsdestotrotz sehen die Autoren des detaillierten 30-seitigen Berichts eine Chance für die Gemeinden, sich auf lokal bezogene Kultur umzustellen.

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tag USA New York Kalifornien Schließungen Arbeitsplatzverlust Federal Art Project lokales Publikum Umsatzeinbruch
Alle Sparten Studie

Durchs Raster gefallen . Kulturschaffende in Coronakrise

by Sabine Seifert (29 Jul 2020)
Original source: taz

Drei Monate nach einem ersten Gespräch zu ihrer persönlichen Situation als Künstler*innen während des Lockdowns trifft sich Sabine Seifert wieder mit einem Sänger, einer bildenden Künstlerin, einem Schauspieler und einer Museumspädagogin, um mit ihnen über ihre Erfahrungen während der Corona-Krise zu sprechen.
Die Arbeitsbedingungen sind für die Künstler*innen nach wie vor alles andere als optimal. Der Tenor Wilko Reinhold gibt nach wie vor kein Präsenzunterricht, weil die Corona-Auflagen ihn unheimlich v iel Zeit kosten würden. Der Schauspieler und Regisseur Sascha Oliver Bauer finanziert sich überwiegend durch Synchronsprechen. Er hat die letzten Monate von der Grundsicherung gelebt und hat jetzt den ersten längerfristigen Auftrag erhalten. Das soziale Netz, das es ihn Deutschland gibt, weiß er sehr zu schätzen. Soforthilfe und Grundsicherung haben ihm geholfen, die letzten Monate finanziell zu überstehen. So einfach aufgefangen wurden leider nicht alle Antragsstellenden, da die Sachbearbeiter*innen die vereinfachte Antragsstellung recht unterschiedlich verstanden. Hinzu kommt, dass die Anträge auf Grundsicherung sich lediglich um rund ein Viertel erhöht haben. Aufgrund des schlechten Nimbus von Hartz IV schreckten viele vor einem Antrag zurück.
Auch die Anträge für Solo-Selbständige berücksichtigen die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler*innen auch nach drei Monaten nicht, beklagt  Veronika Mirschel vom Referat „Selbstständige“ bei der Gewerkschaft Verdi. Nicht nur dass in vielen Bundesländern die Lebenshaltungskosten nicht als Betriebskosten angesehen werden dürfen, ist ihr ein Dorn im Auge, auch die Tatsache, dass in der zweiten Antragsrunde die Anträge nur noch von Steuer- oder Wirtschaftsprüfern gestellt werden dürfen, gehe völlig an der Realität kleiner und mittlerer Unternehmen vorbei. Die Aufteilung der Hilfen durch die Bundesregierung empfindet auch Heidi Sill, Sprecherin des bbk berlin, als ungerecht. Während für Kurzarbeiter die Hilfen aufgestockt werden, fühlen sich die Solo-Selbständigen alleine gelassen.
Zwar ist der Beruf des Künstlers/der Künstlerin grundsätzlich mit Unsicherheit verbunden, aber aktuell haben sich die Rahmenbedingungen radikal geändert. Niemand kann mit Sicherheit voraussagen, wie sich die Pandemie entwickelt. Wann wieder welch Veranstaltungsformate möglich sein werden.
Eine besonders schlechte Stellung haben in dieser Zeit die Museumspädagog*innen. Sie wurden in den letzten Jahren zunehmend in die Solo-Selbständigkeit abgedrängt, da die Häuser keine festen Stellen mehr vergeben. Da ihr Beruf als Gewerbe gilt, sind sie nicht nur umsatzsteuerpflichtig, sie können auch nicht in die Künstlersozialkasse aufgenommen werden. Wann wieder Führungen angeboten werden können, ist in vielen Bundesländern nach wie vor unklar. Größere Gruppenführungen wird es in absehbarer Zeit wohl keine geben.
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, verweist darauf, dass sich die Arbeitsstrukturen auf den Kulturmarkt in den letzten Jahren verändert haben. Es gibt zwar weniger Künstler*innen, aber mehr Solo-Selbständige im Bereich kultureller Bildung, Management und in der Technik. Die Kulturpolitik hat es versäumt den prekären Strukturen, die hier entstanden sind, entgegen zu wirken. Grundsätzlich müsste man darüber nachdenken, so Olaf Zimmermann, ob der klassische Unternehmerbegriff auf Kunst- und Kulturschaffenden noch zutrifft – zumal sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten.
Wie kann Solidarität unter Künstler*innen – nicht nur in der Corona-Krise – aussehen? Das ist eine Fragestellung, mit der sich das Sheshepop Kollektiv schon länger beschäftigt, die nun aber drängender wird. Das Kollektiv wird in die neue Spielzeit mit einer Produktion im HAU (Hebbel am Ufer) starten. Bis dahin sind alle Rücklagen aufgebraucht, aber die Begeisterung über die einmaligen Probebedingungen auf der Originalbühne lässt über die finanzielle Misere hinweg positiv in die Zukunft blicken.

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tag Soforthilfe Grundsicherung Solidarität Verdi bbk Elisabeth Anschütz Sascha Oliver Bauer Ka Bomhardt Wilko Reinhold Olaf Zimmermann
Alle Sparten Bericht

Der verzögerte Kulturinfarkt . Resilienz des Kulturbetriebs

by Dieter Haselbach, Pius Knüsel (27 Jul 2020)
Original source: Kulturmanagement

Die Corona-Krise macht die Zweiklassengesellschaft im Kulturbetrieb sichtbar. Während die öffentlich finanzierten Einrichtungen zwar Einnahmeverluste hinnehmen müssen, sind die Jobs der teilweise in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeitern sicher. Die öffentlichen Kassen übernehmen die auflaufenden kosten. Anders sieht es im privat finanzierten Bereich aus. Vom Theater über Kinos bis zu Klubs stellt sich die Frage, wie lange die Kapitaldecke ausreichen wird und ob die öffentlichen Hilfen ausreichen, um über die Krise zu kommen. Die Ple itewelle wird nicht ausbleiben. Selbständige Künstler*innen und ihre Hilfsberufe sind die Leidtragende der Krise, vor allem wenn ihre Tätigkeit Publikum voraussetzt: Live-Musiker*innen, Schauspieler*innen, Tontechniker*innen, Festivalmitarbeiter*innen, Kulturpädagog*innen, Honorarkräfte in Musikschulen und Puppenspieler*innen. Diese »unerschöpfliche Reservearme für die Institutionen« war bereits vor der Krise schlecht bezahlt. Da das Einkommen nur für die laufenden Lebenskosten ausreichte, führt dessen Wegfall direkt in eine existentielle Krise.
In Anbetracht der Tatsache, dass bereits vor der Krise über den Publikumsschwund in Kultureinrichtungen und den Bedeutungsverlust der Museen diskutiert wurden, sind die Verfasser über einen Beitrag von Tobias J. Knobloch, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, irritiert, der anmahnte, die öffentliche Finanzierung auszuweiten, um die Krisenfolgen für den Kulturbetrieb abzuwenden. In diesem Zusammenhang spricht er auch von Resilienz.
Hierbei darf nicht vergessen werden, dass in der Krise die große Zeit der Kulturverbände ist. Sie versuchen nun, einen Teil von den öffentlichen Geldern abzubekommen. Anders sieht es bei den Solo-Selbständigen aus, die durch die Förderraster der Bundes- und Landesregierungen fallen. Die Kulturverbände wehren sich in dieser Situation dagegen, dass der Zugang zum ALG II der einzige Ausweg aus dieser Misere sein soll. Lediglich Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat mahnte, dass der Zugriff auf das soziale Sicherungssystem ein Segen sein, der seit vielen Jahren vier Millionen Menschen zugemutet wurde. Warum also nicht als Künstler*in in Krisenzeiten auf das soziale Netz zugreifen?
Hier kommen die Autoren zum Hauptpunkt ihres Beitrags: Viele Künstler*innen verfügen nicht über ein Geschäftsmodell, das tragfähig wäre und Rücklagen und eine sinnvolle Alterssicherung vorsieht. Krisen- und Altersvorsorge auf später zu verschieben, ist kein Modell mit Zukunft. Auch wenn der Staat aktuell freigiebig ist, muss im Kulturbereich nachhaltiges Wirtschaften Einzug halten.
Aber auch in den öffentlichen Einrichtungen offenbart die Krise des Systems. Da im öffentlichen Bereich keine Rücklagen gebildet werden dürfen, operieren die Einrichtungen immer am Rande der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Andererseits folgt man den Null-Imperativ. Es werden keine Risiken eingegangen, d.h. aber im Umkehrschluss auch, dass keine Veränderungen möglich sind.
Aktuell wird jeglicher Kritik mit dem Hinweis auf die Corona-Krise begegnet. Dennoch stellt sich die Frage, ob die gewählten Förderinstrumente zielführend sind.
In ihrem Ausblick gehen die Autoren davon aus, dass die großen staatlich finanzierten Häuser die Krise überstehen werden, viele Soloselbständige und privat finanzierte Häuser aufgeben werden. Auch der Kulturtourismus wird 2021 wieder einsetzen. Die einzige Chance der Akteur*innen besteht darin, sich neue Handlungsspielräume zu erarbeiten. Einen Kulturinfarkt vermeiden kann man aktuell nur, wenn die Förderinstrumente und Organisationsprinzipien überdacht werden und die Digitalisierung vorangetrieben wird.

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tag Museen Kulturförderung Soforthilfe Solo-Selbständige Hartz IV Olaf Zimmermann Tobias J. Knobloch
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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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