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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Zauber der lebenden Bilder . 125 Jahre Kino

by Andreas Busche (28 Dec 2020)
Original source: Tagesspiegel

Zum Jubiläum der ersten Kinovorführung am 28. Dezember 1895 bleiben die Kinos in diesem Jahr in fast allen Ländern geschlossen. Zum Feiern ist der Branche daher nicht zumute. Im Tagesspiegel reflektiert Andreas Busche aus Anlass des Jubiläums die aktuelle Lage der Branche.
An Weihnachten fand eine Premiere statt: Warner und Disney brachten erstmals Filme ohne Kinostart heraus. Die Ära des Blockbusters klingt damit aus. Ob im kommenden Jahr der neue James Bond das Publikum ins Kino zieht, bleibt abzuwarten. Im Jahr 2020 hat die Kombination aus Streamingdiensten und Pandemie der Branche extrem zugesetzt. Aktuell kommen die Filmtheater nur mit staatlicher Unterstützung durch die Krise. Das liegt nicht nur daran, dass das Filmtheater die Aura, die es im frühen 20. Jahrhundert umgab, verloren hat. Aktuell ist im Kinosaal statt Euphorie oftmals Misstrauen gegenüber den Menschen zu spüren, mit denen man gemeinsam im Saal sitzt. Allerdings – so erinnert Busche – war das Kino schon immer auf eine Mischkalkulation angewiesen. So erkannte der Fabrikant Stollwerk früh, dass der Verkauf von Schokolade im Kinosaal das Geschäft ankurbelt. Heute müssen die Kinobetreiber zum Überleben Schokolade, Nachos und Cola anbieten, weil sich der Kartenverkauf alleine nicht rechnet.
In regelmäßigen Abständen wird die Krise des Kinos ausgerufen. Daher ist sich Busche sicher, dass es auch diese Krise überstehen wird – zu den Optimisten, die darauf hoffen, dass die Pandemie ein Korrektiv für Fehlentwicklungen vergangener Jahrzehnte sein könnte, gehört er allerdings nicht.

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tag Kino Streaming Blockbuster Misstrauen Krise als Chance
Darstellende Kunst Bericht

Kino in Corona-Zeit . Rückblick aufs (Katastrophen-) Filmjahr

by Walli Müller (20 Dec 2020)
Original source: NDR

Mitte Dezember beginnen die Jahresrückblicke. Besonders hart getroffen, hat es 2020 die Filmbranche und die Kinobetreiber. Sah der Jahresbeginn mit den ›Känguru-Chroniken‹ noch recht gut aus, so bedeutete die Corona-Pandemie einen Umsatzeinbruch auf das gesamte Jahr gesehen von 70 Prozent. Grund dafür sind nicht nur die erst im kommenden Jahr zu sehenden Hollywood-Blockbuster und die Konkurrenz der Streaming-Anbieter, sondern vor allem das reduzierte Platzangebot und der neuerliche Lockdown im November. Deutsche Produktionen wie ›Undin e‹ und ›Berlin Alexanderplatz‹ erreichten trotz Auszeichnungen und guter Kritiken nur ein kleines Publikum. Lediglich der Kinderfilm konnte mit ›Jim Knopf und die Wilde 13‹ gute Besucherzahlen aufweisen, trotz des geringen Platzangebots begann der November vielversprechend.
Positiv zu vermelden ist in 2020 das Revival der Autokinos und die hybriden Filmfestivals, die es durch Online-Zugänge nicht nur Besucher*innen vor Ort offen standen. Dennoch machen die Schließungen und die Konkurrenz durch die Streaming-Plattformen den Kinos schwer zu schaffen. Drei Häuser mussten corona-bedingt in diesem Jahr Insolvenz anmelden, ob das die einzigen Opfer der Branche sind, wird sich in 2021 zeigen.

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tag 2020 Kino Filmstarts Umsatzverlust Streaming Insolvenz
Darstellende Kunst Jahresrückblick

»Die virtuelle Welt hilft uns leider nicht« . Star-Geigerin Anne-Sophie Mutter über Corona

by Anne-Sophie Mutter, Gero Schließ (20 Oct 2020)
Original source: Deutsche Welle

Bereits im Sommer hat die Geigerin Anne-Sophie Mutter gemeinsam mit Kolleg*innen in einem offenen Brief die Unterstützung der Gesellschaft für Musiker*innen angemahnt. Nun nutzt sie die Verleihung des Opus Klassik, um auf die prekäre Situation vieler Künstler*innen in der Corona-Krise hinzuweisen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle bringt sie ihre Postion noch einmal zum Ausdruck. Dabei ist sie selbst zweifach von der Pandemie betroffen. Nicht nur sind die meisten ihrer Konzerte für 2020 abgesagt, im März musste sie ihre Tournee abbrec hen, da sie selbst am Coronavirus erkrankt war.
Die Geigerin reagiert mit Unverständnis auf das aktuelle Agieren der Politik. Bei Konzerten und Kulturveranstaltungen gibt es extrem strenge Hygieneregeln, während in Restaurants die Menschen ohne Abstand feiern dürfen. Dass dadurch nicht nur ein einzelner Berufsstand diskriminiert wird, sondern eine umsatzstarke Branche und mithin die gesamte deutsche Kulturlandschaft vor dem Kollaps steht, schmerzt sie sehr. Dabei möchte sie ihre Bedenken nicht als Kritik an der Arbeit der Kulturstaatsministerin verstanden wissen, mit der sie in engem Austausch steht. Vielmehr hofft sie auf neue Hilfsmaßnahmen für alle Solo-Selbständigen in der Kulturbranche, damit diese über die Krise gerettet werden kann. Sollte dies nicht geschehen, dann müsse die Branche ihre Stimme in Demonstrationen erheben.
Dass Kunst und Kultur gerade in der Krise als Trostspender wichtig sind, steht für Mutter außer Frage. In dieser Zeit nur auf Streaming als Selbstausbeutung der Künstler*innen zu setzen, ist gesamtgesellschaftliche keine Lösung. Auch wenn aktuell Konzerte stattfinden, dann verzichten die Musiker*innen in der Regel auf einen Teil ihrer Gage, da sie in der Regel jeweils zwei Konzerte vor einem maximal zur Hälfte besetzten Saal geben. Mutter schlägt vor, man sollte dem Beispiel aus Salzburg folgen, wo mit dem Schachbrettmuster und konsequenten Tests die Festspiele wie gewohnt durchgeführt werden konnten. Die Dankbarkeit des Publikums, die sie im Herbst erlebt hat, zeigt ihr, wie wichtig Musik in der Krise ist.

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tag Klassik Streaming Schachbrettmuster Salzburger Festspiele Honorar Gleichbehandlung Monika Grütters
Musik Interview

Deutsche Filmbranche sucht Auswege aus der Corona-Krise . Filmkunstmesse in Leipzig

by Ole Steffen (17 Sep 2020)
Original source: mdr Kultur

In Leipzig findet die Filmkunstmesse statt. Die Veranstaltung das erste Branchentreffen in Deutschland seit Beginn der Corona-Krise und diente damit auch der Reflexion der aktuellen Situation.
Einleitend zu einer Podiumsdiskussion in der Alten Handelsbörse in Leipzig hatte die Kulturstaatsministerin Monika Grütters die Möglichkeit, ein Statement zur Kulturförderung in der Corona-Krise abzugeben. Daran schloss eine Podiumsdiskussion unter anderem mit Carlo Chatrian, Festivaldirektor der Berlin, und Michael Kölmel, Geschäftsf& uuml;hrer des Verleihs Weltkino, an. Letzterer bewertet die Förderehrung der Filmindustrie – für Produzenten, Verleiher und Kinos – zwar grundsätzlich positiv, beklagte aber, dass Filmverleiher lediglich für deutsche Filme Förderung erhalten. Da das Filmgeschäft inzwischen international ist, hilft diese kaum weiter. Monika Grütters verwies darauf, dass die Kultur-Milliarde aus Steuergeldern finanziert wird, weshalb hier sehr genau geschaut werden muss, wie die Förderung verteilt wird.

Internationale Filme spielten in der Diskussion eine wichtige Rolle, denn Blockbuster aus Amerika ziehen in der Regel die Besucher*innen in die Kinos. Aktuell werden die Kinofilme aus der USA von den deutschen Verleihern zurückgehalten, weshalb viele Kinobesitzer klagen, dass sie nicht nur durch die Hygieneregeln eingeschränkt sind, sondern auch das reduzierte Filmangebot kaum Besucher*innen in die Kinosäle lockt. Carlo Chatrian, Festivaldirektor der Berlinale, verwies darauf, dass der Blick weg von den amerikanischen Produktionen auch von Vorteil sein könnte. Er sieht darin auch eine Chance, eine neue Reflexion über die Qualität von Filmen und einer europäischen Filmkultur anzuregen.

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tag Filmindustrie Filmverleiher Filmkunstmesse Blockbuster Leipzig Monika Grütters Carlo Chatrian
Darstellende Kunst Bericht

Kinos in Not . Betreiber fordern finanzielle Hilfen – und blicken neidisch nach Bayern

by Tim Spark (05 Sep 2020)
Original source: Handelsblatt

Die Filmwirtschaft leidet unter der Corona-Krise. Vor allem die Kinobetreiber sehen nicht, wie sie langfristig ihr Programmangebot aufrecht erhalten können. Michael Pawlowski, Mitgesellschafter der Filmpalast-Gruppe berichtet von einem Besucherrückgang von 50 Prozent in Nordrhein-Westfalen. In Bundesländern mit strikteren Besucherregeln – in NRW muss lediglich ein Sitzplatz freigelassen werden – ist der Rückgang noch gravierender. Damit wird der Kinobetrieb aktuell aus Reserven betrieben, da die Einnahmen zur Deckung nicht ausreichen.
> Diese Situation haben 68 mittelständische, familiengeführte Kinobetriebe sich in einem offenen Brief an Monika Grütters zu wenden. Die Kinobetreiber benötigen finanzielle Unterstützung und eine Lockerung der Hygieneregeln. Da die Kinosäle gut gelüftet sind und die Besucher*innen während der Vorstellung nicht sprechen, ist die Ansteckungsgefahr laut einer Studie des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin im Kino geringer als im Büro.
Aber es sind nicht nur die Abstandsregeln, die den Kinobetreibern das Leben schwer machen. Die Filmvertreiber halten aktuell Filmstarts zurück, da die Besucherzahlen aktuell wenig attraktiv sind.
Zwar hat die Kulturstaatsministerin bereits Mittel für die Unterstützung von Kinos freigegeben, diese sind aber an Umbau-, Modernisierungs- und Ausstattungsmaßnahmen gebunden und helfen daher im aktuellen Liquiditätsengpass nicht, um die Kinos zu retten.
In Bayern gibt es aktuell ein Hilfsprogramm, das den Kinobetreibern für jeden Besucher, den sie weniger haben als im vergangenen Jahr, eine Ausgleichszahlung leistet. In den anderen Bundesländern sieht man mit diesem Modell die Chance, so zumindest die Fixkosten der Häuser zu decken und ein Kinosterben zu verhindern.

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tag Kinobetreiber Filmwirtschaft Neustart Kultur Filmproduktion Monika Grütters Hygieneregeln
Darstellende Kunst Bericht

Besucheransturm auf Museen nach Lockdown bleibt offenbar aus

by Wolfgang Ullrich (14 Jul 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Die Museen haben wieder geöffnet, doch die erwarteten Besucher*innen bleiben in vielen Häusern aus. Im Interview mit dem Deutschlandfunk erläutert Wolfgang Ullrich, warum das Angebot so zögerlich angenommen wird und wie sich die Museen in den kommenden Jahren verändern werden.
Ein wichtiger Ansatz für das Verständnis der zögerlichen Rückkehr der Besucher*innen nach der Öffnung der Museen liegt im gewandelten Bild des Museumsbesuchs. Es herrschte immer noch die Idee vor, dass  man als Besucher*in vor den Werken kontempliert und die Ruhe genießt. Dabei wird gerne vergessen, dass das Museum zu einem wichtigen sozialen Ort geworden ist. Man besucht es mit Freunden und Bekannten, um dort etwas zu erleben. Das ist gegenwärtig noch nicht gegeben. Die Maskenpflicht, kontingentierte Besucherzahl schrecken doch viele ab.
Ist dann das digitale Angebot des Lockdowns eine Alternative zum Besuch vor Ort? Das kommt auf die Form des Angebots an: Hochauflösende Digitalisate sind nur für eine Minderheit interessant. Für den Normalverbraucher ist es wichtig, dass er durch das Museum geführt wird. Das muss auch im digitalen Bereich geleistet werden. Historische Werke müssen mit aktuellen Phänomenen in Bezug gesetzt werden.
Blockbusterausstellungen werden kaum mehr möglich sein. Der Museumsbetrieb war bislang darauf ausgelegt, dass viele Besucher*innen das Angebot gleichzeitig annehmen, um die hohen Kosten für Transport und Versicherungen für Leihgaben zu finanzieren. Insofern können diese Ausstellungen nicht mehr rentabel stattfinden. Die Chance der Krise liegt darin, dass viele Museen gezwungen sind, sich auf ihre eigenen Bestände zu besinnen und diese für ein lokales Publikum interessant zu machen. Kuratorische Einfälle sind jetzt gefragt, um mit dem Vorhandenen neu zu.
Die Zielgruppe verändert sich damit in erster Linie für die ganz großen Museen. In Deutschland haben wir viele mittelgroße Museen, die sich sehr stark an ihrem lokalen Publikum orientiert haben. Diese haben im Bereich Kunstvermittlung in den letzten Jahren viele verschiedene Wege beschritten, um dem Museum sozialpolitische Relevanz zu verleihen. Diese Initiativen müssen vorangetrieben werden und gestärkt werden. Diese Häuser werden jetzt umso wichtiger werden als die großen Touristenmagnete.
Die Einnahmeausfälle sind bislang schon zu spüren und das wird sich in der Rezension fortsetzen. Es fallen neben den Eintrittsgeldern auch ein Teil der Drittmittel weg. Im Unterschied zu den USA, wo die Museen sehr stark von Sponsoren abhängig sind, wird bei uns die Wirtschaftskrise nicht ganz so stark zu spüren sein. Museumsneubauten und Erweiterungen, wie wir sie in den letzten Jahren gesehen haben, werden erst einmal der Vergangenheit angehören.

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tag Museen Besucherzahlen lokales Publikum Onlineangebote Blockbuster
Bildende Kunst/Design Interview

Nach dem Stillstand die Besinnung?

by Till Briegleb (07 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Die coronabedingten Schließungen bedeuten für die großen deutschen Museen in Dresden, Berlin, Hamburg, München oder Köln Einnahmeverluste in Millionenhöhe. Auch die schnelle Wiedereröffnung der Häuser kann daran wenig ändern. Wenn in einer Woche so viele Besucher*innen kommen, wie vor dem Lockdown an einem Tag, sind die Museen schon glücklich. Nach wie vor fürchten sich die Menschen vor Räumen mit großer Anziehungskraft. Dazu kommt, dass die Zahl der Städtereisenden noch sehr gering ist. Da sie bis zu 75 Prozent der Museumsbesucher ausmachen, haben viele Häuser nach wie vor reduzierte Öffnungszeiten und leere Kassen. Alarmiert sind die Leitungen der Museen allerdings bislang nicht. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie aktuell das Gefühl haben, vom Staat unterstützt zu werden. Im Gegensatz zur Entlassungswelle in Amerika können zumindest die fest angestellten Mitarbeiter*innen sich auf die staatliche Unterstützung verlassen. Selbst auf das Mittel der Kurzarbeit haben nur wenige Häuser zurückgegriffen. Stattdessen sucht man nach anderen Mitteln der Einsparung: Auf abendliche Beleuchtung wird beispielsweise am Kunstmuseum Stuttgart verzichtet, um das Defizit im Haus zu verringern.
So sicher der Alltag für die Festangestellten ist, umso bedrohlicher ist die Lage für Solo-Selbständige vom Grafiker über Autorinnen und Autoren bis zu externen Aufbauhelfern. Wurden sie bislang nur mit Niedrigstlöhnen entlohnt, so bleibt ihnen nur der Hartz-IV-Antrag, um über die Runden zu kommen. So ist es nicht nur der Ruf nach Ausstellungshonoraren für Künstler*innen, sondern auch die Unterstützung für die abhängig Beschäftigten, die dringend diskutiert werden muss. Der Ruf nach einer Tourismusabgabe für die Museen ist nur eine Forderung, die es ermöglichen könnte, hier Abhilfe zu schaffen.
Aber nicht nur die Frage der Finanzierung treibt die Mitarbeiter in den Museen aktuell um, sondern es scheint vielmehr ein strategischer Nachdenkprozess angestoßen zu sein, denn die Häuser müssen auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren. Marion Ackermann, Direktorin der Staatlichen Kunstsammlung zu Dresden betont, dass die hauseigene Forschung, der Ruf nach staatlichen Ankaufsetats, die Entwicklung digitaler Formate sowie die Konzentration auf die eigenen Sammlungen  positive Impulse für die Arbeit in den Museen geben. Bereits vor dem Lockdown hatte Ackermann für ihre Häuser ein » Museums-Sabbatical « für das Jahr 2023 ausgerufen, in dem die Dresdner Museen sich aus dem Hamsterrad befreien und neue Konzepte entwickeln sollten. Die positive Kraft, die sich Ackermann von dieser Auszeit versprochen hat, ist jetzt bereits zu spüren. Der Blick auf das Konstruktive ermöglicht es, von der Frage der Finanzierung abzulenken. Und so werden viele Häuser aus der Not eine Tugend machen und sich wieder mehr auf Inhalte konzentrieren als auf große Namen.

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tag Museen Finanzen Marion Ackermann Hartz IV Neuausrichtung Sammlung
Bildende Kunst/Design Bericht

Contra: Kunst hat eine schlechte Klimabilanz . Pro und Contra Kulturreisen

by Catrin Lorch (05 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Der Kunstbetrieb ist in den letzten Jahren vor allem zu einem Tourismusfaktor geworden. Blockbuster-Ausstellungen und Mega-Retrospektiven sollten die Kunstinteressierten in Scharen anlocken und so die Umsätze nicht nur in den Ausstellungshäusern, sondern auch in den sie finanzierenden Städten steigen lassen. Die Kritik an diesem Kunsttourismus wurde auch schon vor Corona ab und zu angebracht. Kann es sein, dass gerade die sich selbst als kritisch verstehende zeitgenössische Kunst eine miese Klimabilanz hinterlässt? Mit den neuen Auflage n für den Besuch von Ausstellungen gehören die Mega-Ausstellungen der Vergangenheit an. Besucherzahlen werden zu unkalkulierbaren Größen und auch die Kommunen selbst werden wohl in naher Zukunft eher knapp bei Kasse sein. Mit einer reduzierten Besucherzahl lassen sich horrende Kosten für den Leihverkehr und für die Ausstellungskonzeption nicht mehr bezahlen. So sind die Kurator*innen der großen Ausstellungshäuser von der Tate Modern in London über den Louvre bis hin zu den Uffizien in Florenz – die nicht nur brillante Forschungen und Ausstellungen, sondern zugleich auch tragfähige Wirtschaftskonzepte vorlegen müssen – aktuell dabei, Konzepte für die Zeit nach der Krise zu entwickeln. Nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Vernunft gebietet es, sich wieder auf das lokale Publikum zu besinnen. Das muss nicht unbedingt zu lasten der Ausstellungen gehen, können sich die Kurator*innen doch nun wieder auf Inhalte besinnen und Werke sowie Künstler*innen zu ihrem Publikum bringen, das mehr erwartet als einen passenden Hintergrund für den flanierenden Kunsttouristen.

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tag Bildende Kunst Kulturtourismus Klimabilanz lokales Publikum
Darstellende Kunst Diskussion

»Die Blockbuster haben ausgedient« . Museen nach dem Shutdown

by Hans D. Christ, Iris Dressler (23 May 2020)
Original source: Welt

Den Lockdown als eine Chance verstehen, das ist bei den Leitern des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart Iris Dressler und Hans D. Christ nicht nur eine Phrase. Sie wollen mit ihrem Lockdown-Programm ein Zeichen setzen und dazu anregen, den entstehenden Freiraum zu nutzen, um über die Fehler des Kunstbetriebs nachzudenken. Im Gespräch mit der WELT erläutern sie ihre Position.
Viele kulturelle Institutionen waren in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bei der Gestaltung von Ausstellungen auf ein Massenpublikum fixiert. So kamen Blockbu ster-Ausstellungen zustanden, die weniger an Inhalten orientiert waren. Der Lockdown und die in der Folge geringeren Besucherzahlen sollten dazu führen, dass »mehr Raum und Aufmerksamkeit für Qualität, Intensität und Nachhaltigkeit statt für Spektakel geschaffen« wird. Dabei sind Dressler und Christ überzeugt, können die großen Häuser von den kleineren Institutionen lernen.
Achtsamkeit ist aber nicht nur gegenüber dem Publikum wichtig, sondern auch gegenüber den Künstler*innen. Dass es in der Corona-Krise so viele Solo-Selbständige in der Kulturbranche gibt, sehen die beiden Kuratoren einerseits darin begründet, dass viele Institutionen Aufgaben ausgelagert haben, für die es früher Stellen gab. Andererseits werden Künstler*innen für ihre Arbeit oftmals nicht angemessen entlohnt. Hier bedarf es nicht nur verbindlicher, sondern auch angemessener Honorare. Darin sehen Dressler und Christ keinen Verlust von Freiheit, sondern vielmehr einen Beitrag zur Unabhängigkeit von Künstler*innen.
Voraussetzung hierfür ist aber auch, dass in Politik und Öffentlichkeit darüber diskutiert wird, worin die Aufgabe der Kunstinstitutionen in der Zukunft sein könnte. Die »poetische wie emanzipatorische Kraft« der Kunst sollte dazu genutzt werden zu zeigen, dass Dinge und Verhältnisse auch ganz anders sein könnten. Iris Dressler und Hans D. Christ vertreten hier die These, dass Kunst und vor allem auch öffentlich geförderte Kunstinstitutionen in den verschiedenen Diskursen von Klimakrise, sozialer Ungleichgewichte, digitaler Überwachung bis hin zu wachsendem Nationalismus und Rechtsradikalismus Denk- und Streiträume bereitstellen sollten.

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tag Museen Blockbuster Honorar
Bildende Kunst/Design Interview

. #KulturTrotztCorona

by Peter Weibel (28 Apr 2020)
Original source: Kulturnews

Die Zeitschrift Kulturnews hat auf ihrer Homepage unter dem Hashtag #KulturTrotztCorona Kulturschaffende aufgerufen, das „Widerständige der Kulturszene unter widrigsten Umständen“ zu aufzuzeigen und damit zugleich die Auswirkungen der Krise zu dokumentieren. Den Auftakt macht der österreichischer Medienkünstler, Kurator und Medientheoretiker Prof. Peter Weibel, der mit dem Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe eines der erfolgreichsten Museen in Deutschland leitet. Peter Weibel beginnt seinen Beitrag mit einer Grundsatzdisku ssion um die Rolle der Kultur in der Gesellschaft. Da diese nicht nur keine Lobby hat, sondern zugleich die Kulturschaffenden als Wählergruppe keine Stimme haben, werden sie von der Politik ignoriert. Die Kulturförderung richtet sich nicht nach Qualität, sondern in der Regel nach Quantität, weshalb Massenmedien – er wählt das Beispiel der Zuschüsse, die die österreichische Kronenzeitung jährlich erhält, mit denen kein intellektuelles Blatt aufgrund der geringen Leserschaft mithalten kann – über wesentlich höhere Budgets verfügen. Bei Künstlerinnen und Künstlern kann diese zur Anbiederung an die Gesellschaft führen. Einfachen Antworten gelingt es aber kaum zentrale gesellschaftliche Probleme in ihrer Tiefe zu erfassen. Aktuell ist in der Politik ein Wandel zu beobachten. Es sind nicht mehr die wirtschaftlichen Lobbygruppen, die an vorderster Front der Politikberatung agieren, sondern Wissenschaftler. Hier macht der Medientheoretiker eine eklatante Schieflage aus: Wo die Kultur, will sie Fördergelder erhalten, Blockbuster-Veranstaltungen anbieten und somit eine große Besucherzahl ansprechen muss, um Medienpräsenz zu erzeugen, muss sich die wissenschaftliche Grundlagenforschung nicht rechtfertigen. Die Kunst, so resümiert Weibel, „hat kein Recht auf Grundlagenforschung“. Auf der Basis dieser Überlegungen entwickelt Weibel ein Plädoyer für eine bislang kaum geförderte künstlerische Arbeitsweise. Wie in der Wissenschaft sollte die Kunst in Instituten gefördert werden, in denen auf technologischer Basis künstlerische Grundlagenforschung betrieben wird.

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tag Streik Wissenschaft artistic research Peter Weibel
Bildende Kunst/Design Statement

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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