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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Nach dem Stillstand die Besinnung?

by Till Briegleb (07 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Die coronabedingten Schließungen bedeuten für die großen deutschen Museen in Dresden, Berlin, Hamburg, München oder Köln Einnahmeverluste in Millionenhöhe. Auch die schnelle Wiedereröffnung der Häuser kann daran wenig ändern. Wenn in einer Woche so viele Besucher*innen kommen, wie vor dem Lockdown an einem Tag, sind die Museen schon glücklich. Nach wie vor fürchten sich die Menschen vor Räumen mit großer Anziehungskraft. Dazu kommt, dass die Zahl der Städtereisenden noch sehr gering ist. Da sie bis zu 75 Prozent der Museumsbesucher ausmachen, haben viele Häuser nach wie vor reduzierte Öffnungszeiten und leere Kassen. Alarmiert sind die Leitungen der Museen allerdings bislang nicht. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie aktuell das Gefühl haben, vom Staat unterstützt zu werden. Im Gegensatz zur Entlassungswelle in Amerika können zumindest die fest angestellten Mitarbeiter*innen sich auf die staatliche Unterstützung verlassen. Selbst auf das Mittel der Kurzarbeit haben nur wenige Häuser zurückgegriffen. Stattdessen sucht man nach anderen Mitteln der Einsparung: Auf abendliche Beleuchtung wird beispielsweise am Kunstmuseum Stuttgart verzichtet, um das Defizit im Haus zu verringern.
So sicher der Alltag für die Festangestellten ist, umso bedrohlicher ist die Lage für Solo-Selbständige vom Grafiker über Autorinnen und Autoren bis zu externen Aufbauhelfern. Wurden sie bislang nur mit Niedrigstlöhnen entlohnt, so bleibt ihnen nur der Hartz-IV-Antrag, um über die Runden zu kommen. So ist es nicht nur der Ruf nach Ausstellungshonoraren für Künstler*innen, sondern auch die Unterstützung für die abhängig Beschäftigten, die dringend diskutiert werden muss. Der Ruf nach einer Tourismusabgabe für die Museen ist nur eine Forderung, die es ermöglichen könnte, hier Abhilfe zu schaffen.
Aber nicht nur die Frage der Finanzierung treibt die Mitarbeiter in den Museen aktuell um, sondern es scheint vielmehr ein strategischer Nachdenkprozess angestoßen zu sein, denn die Häuser müssen auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren. Marion Ackermann, Direktorin der Staatlichen Kunstsammlung zu Dresden betont, dass die hauseigene Forschung, der Ruf nach staatlichen Ankaufsetats, die Entwicklung digitaler Formate sowie die Konzentration auf die eigenen Sammlungen  positive Impulse für die Arbeit in den Museen geben. Bereits vor dem Lockdown hatte Ackermann für ihre Häuser ein » Museums-Sabbatical « für das Jahr 2023 ausgerufen, in dem die Dresdner Museen sich aus dem Hamsterrad befreien und neue Konzepte entwickeln sollten. Die positive Kraft, die sich Ackermann von dieser Auszeit versprochen hat, ist jetzt bereits zu spüren. Der Blick auf das Konstruktive ermöglicht es, von der Frage der Finanzierung abzulenken. Und so werden viele Häuser aus der Not eine Tugend machen und sich wieder mehr auf Inhalte konzentrieren als auf große Namen.

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tag Museen Finanzen Marion Ackermann Hartz IV Neuausrichtung Sammlung
Bildende Kunst/Design Bericht

Sibler und Söder bremsen die Kultur aus . Kunst in Bayern

by Friedrich-Karl Bruhns, Vera Deininger, Axel Schertel (07 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

In Leserbriefen gibt die Süddeutsche Zeitung ihren Leser*innen Raum, um auf die Kulturpolitik in Corona-Zeiten in Bayern zu reagieren. Diese reagieren auf Artikel von Egbert Tholl und ein Interview mit dem Staatsopern-Intendanten Nikolaus Bachler. Die Bilanz fällt vernichtend aus. Vera Deininger ruft die Zeitung zum beherzten Kampf für die Kultur auf angesichts des Versagens der politischen Entscheidungsträger. Den gleichen Eindruck äußert Dr. Axel Schertel mit Blick auf Österreich und die Schweiz, wo Kulturveranstaltungen mit bis zum 1000 Besucher*innen ab September wieder erlaubt sein sollen. Neben den extremen Ristriktionen für Orchester kritisiert Friedrich-Karl Bruhns das Eigenlob der Regierung in Bezug auf die »Hilfen für Soloselbständige«. Im Gegensatz zu den offiziellen Verlautbarungen kommen diese Hilfen aus unterschiedlichen Gründen – unrealistische Vorgabe bis fehlende Antragsformulare – bei vielen Künstler*innen nicht an. Dass im Gegenzug die Wirtschaftslobby völlig andere Regelungen für den Flugverkehr heraushandeln konnte, sieht Bruhns als Beweis dafür, dass der Kunst- und Kultursektor ebenso wie die Existenzgefährdung der Künstler*innen und Veranstalter*innen nicht ernst genommen wird. Die Abwägung zwischen notwendiger Vorsicht und möglicher Öffnung sollte für alle gelten.

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tag Egbert Tholl Markus Söder Bernd Sibler Münchner Philharmoniker Soforthilfe Hygieneregeln
Alle Sparten Leserbriefe

Pro: Kunst ist Kulturverständigung - und deshalb politisch . Pro und Contra Kulturreisen

by Nicolas Freund (05 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

War Kunst früher ein Mittel, um Herrschaft zu symbolisieren, so ist sie in der Gegenwart befreit. Die Originale werden zunehmend überflüssig, wohingegen ihre Reproduktionen in unterschiedlichen Medien und Kontexten auftauchen. Liberalisierung und Demokratisierung haben aber auch zur Folge, dass die Originale im Museum für die Allgemeinheit zugänglich werden.  Nachdem das Auswärtige Amt die Reisewarnung für eine ganze Reihe von Ländern aufgehoben hat, stellt sich die Frage, ob es ausreicht, wenn die Kunst zuhause verfügbar ist. Online durch ein Ausstellungshaus zu flanieren, ist nicht mit dem Erlebnis der Originalarbeiten zu vergleichen.
Folgt man der von dem Schriftsteller John Berger in seinem Essay »Ways of Seeing« formulierten These, so ist die Betrachtung von Kunst nicht nur ein demokratischer Akt, sondern gerade aufgrund der Lösung von der herrschenden Kaste auch ein Ort der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Der Perspektivwechsel in der Gegenwart macht die Kunst zugleich zu einem idealen Ort für die Verhandlung gesellschaftlicher Diskurse. Damit haben auch die Kunstreisen eine ganz andere Bedeutung als ein Badeurlaub – sie sind Bildung und Kulturverständigung. Wenn die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden, ist die Infektionsgefahr relativ gering – ganz beherrschbar wird sie nicht sein. Jetzt die Lage auszusitzen, ist keine realistische Lösung.
Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass Ausstellungen und Messen auch ein intellektuelles Forum für die lokale Kunstszene bildet, die ebenso von den Kulturtouristen profitiert wie freie Kultureinrichtungen, für die die Krise im Unterschied zu den staatlich subventionierten Häusern existenzbedrohend ist. Das Privileg an Kunstveranstaltungen teilhaben zu können, darf nicht leichtsinnig aufgegeben werden, nur weil es im Moment etwas schwieriger ist, die Bedingungen zu schaffen.

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tag Bildende Kunst Kulturtourismus Original Demokratie Austausch
Bildende Kunst/Design Diskussion

Kommunen, Verbände, Künstler - der »Kulturpolitische Salon« im DLF Kultur diskutiert verschiedene Sichtweisen auf das Kulturpaket. Fazit: Die langfristigen Folgen der Krise sind noch nicht absehbar. . Kann das Milliardenpaket des Bundes die Kultur retten?

by Skadi Jennicke, Ulrich Khuon, Dagmar Schmidt, Wolfgang Schmidt, Olaf Zimmermann, Hans Dieter Heimendahl (12 Jun 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Die Bundesregierung hat im Kulturpaket eine Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativbranche vorgesehen. Die Gelder sind in erster Linie dafür gedacht, die Strukturen der Branche zu sichern. Im neuen Format des Deutschlandfunk, dem »Kulturpolitischen Salon« diskutieren Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen darüber, welche Bedeutung das Kulturpaket der Regierung in der aktuellen Situation hat und wie der Weg aus der Krise für die Branche aussehen kann.
Dr. Skadi Jennicke ist Bürgermeisterin und Beigeordneten für Kult ur der Stadt Leipzig und vertritt als solche die Perspektive der Kommunen. An der Basis war man in den letzten Wochen vor allem mit Krisenbewältigung beschäftigt, sieht große Einnahmeausfälle durch geringere Gewerbesteuereinnahmen auf sich zukommen und ist etwas irritiert darüber, dass die Bundesregierung das Gespräch mit den Kommunen nicht gesucht hat.
Wolfgang Schmidt ist als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium zum Gespräch geladen. Er ist sehr optimistisch, dass das Konjunkturpaket seine Wirkung entfalten wird und dass bereits ab 2021 wieder mit einer leichten Erholung der Wirtschaft zu rechnen sein wird. Die Diskussionsteilnehmer*innen sind etwas irritiert, dass er die Langzeitfolgen der Krise erst im Rahmen der Bundestagswahl 2021 entschieden sieht. Gerade für den Kulturbereich ist die Diskussion für diese Richtungsentscheidung jetzt bereits notwendig und – so Skadi Jennicke – die Situation ist nach wie vor zu ernst, um jetzt an den Wahlkampf zu denken.
Als Vertreterin der Künstler*innen ist die Vorsitzende des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Dagmar Schmidt am Gespräch beteiligt. Im Unterschied zu den Positionen der Mitdiskutanten bleibt sie sehr im Hintergrund und liefert lediglich ein Stimmungsbild aus dem Kreis der Kreativen und Informationen zur Abwicklung von Antragsverfahren durch den Bundesverband.
Wie bereits seit Beginn der Krise überzeugt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, durch seine realistische Sicht auf die Krise. Die im Programm »Neustart Kultur« der Bundesregierung festgeschriebene Verteilung der Gelder über die Kulturverbände, die lange erprobte Strukturen und Verfahren zur inhaltlichen Bewertung von Anträgen haben, geht auf seine Anregung zurück. Mit dem erreichten Zwischenziel zeigt er sich sehr zufrieden. Allerdings dämpft er die Hoffnung, dass mit einer Milliarde Euro die Branche gerettet ist. Er versteht diese nach wie vor als Form der Nothilfe, die der Branche wieder die Rückkehr zu einer »neuen Normalität« verhelfen kann. So lange aber den Kultureinrichtungen Besucherbeschränkungen auferlegt sind, werden sie nicht zum Alltag zurückkehren können.
Die Sendung bietet keine kontroversen Diskussionen, sondern vor allem ein Stimmungsbild und Einschätzungen aus der Branche. Einig sind sich die Gesprächsteilnehmer darüber, dass das Programm »Neustart Kultur« ein wichtiges, positives Signal an die Branche ist. Dennoch bedarf es es in Zukunft besserer Abstimmung zwischen Bund und Ländern gibt. Olaf Zimmermann zeigt wenig Verständnis für die aktuellen Soforthilferegelungen, wo es von Bundesland zu Bundesland andere Regelungen gibt.
Aktuell wird der Branche die Aufgabe zugewiesen, zur Selbstvergewisserung und -verständigung als Gesellschaft beizutragen. Dazu gehört auch, dass man sich gemeinsam ein Bild von der Krise macht. Skadi Jennicke  fasst die aktuelle Lage wie folgt zusammen: »Wir sind immer noch im Realisieren, noch nicht mal wirklich im Reflektieren und geschweige denn im aktiven Handeln und offensiv Gestalten.«  Was sie sich für die kommenden Wochen wünscht, ist nicht mehr nur zu reagieren, sondern die Zukunft wieder mitzugestalten. Diese Aufgabe kommt aber nicht alleine der Politik zu, sie muss vor allem auch von der Kunst übernommen werden: Diese muss Mittel bereitstellen, mit denen die Angst, die aktuell in der Gesellschaft herrscht, überwunden werden kann. Erst dann wird ein wirklicher Neustart möglich sein.

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tag Konjunkturpaket Neustart Kultur Kulturförderung Bundesregierung Verbände Kommunen
Alle Sparten Diskussion

Was wir im Lockdown über das Digitale gelernt haben

by Anika Meier (02 Jun 2020)
Original source: Monopol

Die Corona-Krise hat die Verlagerung ins Digitale extrem beschleunigt. Auch Kunstausstellungen wurden in Zeiten des Lockdowns online präsentiert. Wenn es keine andere Wahl gibt, dann greifen auch diejenigen, die Onlinemedien eher gemieden haben, auf Soziale Medien zurück, um sich mitzuteilen und auszutauschen. Anika Meier geht in ihrer Kolumne der Frage nach, was wir in der Krise im Hinblick auf das Digitale gelernt haben.
Livestreams werden zu den neuen Podcasts. Allerdings bekommen die Zuschauer*innen das Gespräch ungefiltert mit. Kein Journalist, keine Journalistin redigiert und streicht Redundantes und Überflüssiges. Dadurch kommt man den Künstlerpersönlichkeiten näher, ist aber vielleicht auch etwas enttäuscht, weil diese nicht so sind, wie man sie sich vorgestellt hat.
Ebenfalls große Aktualität haben Online Viewing Rooms. In ihnen versuchen Messen und Galerien ihr Angebot zu den Sammlern zu bringen. Der Scroll- und Klickmarathon kommt aber bei den Besucher*innen nicht gut an. Das Flair der Messe fehlt, die Technik ist noch nicht wirklich ausgereift und so macht sich schnell Langeweile breit. Dennoch ist die Branche überrascht, denn – so der Galerist Iwan Wirth – die Bereitschaft der Sammler online einzukaufen ist größer als erwartet.
Kuratoren wie Hans Ulrich Obrist setzen hingegen auf den Einsatz neuer Technologien: Augmented Reality ist die Zukunft. Allerdings hat Anika Meier begründete Zweifel, ob ein Regenbogen, der über ihren Küchenboden schwebt, wie ihn aktuell die koreanische Künstlerin Koo Jeong A zeigt, »die Zukunft der Kunst ist«. Und auch die von Daniel Birnbaum gepriesene kuratorische Leistung desjenigen, der die Kunst – in diesem Fall den Regenbogen – in der eigenen Wohnung plaziert, kann sie nicht so ganz nachvollziehen. Das Interesse der Kunstkritikerin haben hingegen Arbeiten junger Künstler*innen auf Instragram und Snapchat geweckt, die spielerisch an der Erweiterung ihrer digitalen Identität arbeiten.
Abschließend holt Anika Meier zur Fundamentalkritik im Umgang mit dem Digitalen aus: Noch haben sich keine Bewertungskriterien für das Digitale entwickelt, aber »nur weil irgendetwas digital gemacht wird, ist es nicht gleich der heiße Scheiß.« Im Moment pendelt die Kritik noch zwischen naiver Euphorie und uninformierter Kritik. Hier muss unbedingt die Erwartungshaltung der Kritik, aber auch die Möglichkeiten des anderen Mediums mitbedacht werden. Dass ein digitaler Ausstellungsrundgang nicht mit einem Besuch im Museum vergleichbar ist, bezweifelt niemand. Allerdings hat der virtuelle Rundgang andere Qualitäten, die auch gesehen und angemessen bewertet werden sollten.

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tag Online Viewing Room Streaming Augmented Reality Hans Ulrich Obrist Iwan Wirth Koo Jeong A Krise als Chance
Bildende Kunst/Design Kolumne

Kein »Zurück auf Los« für die Kultur

by Gero Schließ (30 May 2020)
Original source: Deutsche Welle

Neben der Luftfahrt, dem Tourismus und der Gastronomie hat die Pandemie vor allem die Kultur hart getroffen. Noch wartet die Kultur- und Kreativwirtschaft auf das rettende Konjunkturpaket, das die Folgen  ausgleicht und die Infrastruktur erhalten soll. Denn was bereits jetzt schon absehbar ist: der Schaden in der Branche ist gigantisch und er wird Langzeitwirkung haben. 
Dabei bringt die Krise Zutage, was den Insidern der Branche lange bewusst war:Im Land der Dichter und Denker wird das »Wahre und Schöne wird oft unter prekären Bedin gungen hergestellt«. Da alleine rund 340.000 Beschäftigte mit einem Jahreseinkommen von weniger als 17.500 Euro im Jahr als sogenannte Mini-Selbständige tätig sind, waren die Rücklagen schnell aufgebraucht. Die Soforthilfe der Länder waren da lediglich Erste-Hilfe-Maßnahmen, die nun durch eine langfristige Perspektive abgelöst werden muss. 
Erst wenn diese Aufgabe bewältigt ist, sollte auch die Systemfrage gestellt werden: Was sind uns Kunst- und Kulturschaffende wert? Wie werden Veranstaltungen in Zukunft aussehen? Wird man auf Großveranstaltungen verzichten und stattdesen wieder mehr auf regionale Events setzen? Denn der Wesenskern der Branche - so viel ist gewiss - wird auch nach der Krise in der Begegnung, dem Dialog bestehen. Darauf dürfen wir nicht verzichten. 

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tag Konjunkturpaket Mini-Jobs prekäre Lebenslage kulturelle Infrastruktur
Alle Sparten Kommentar

Corona und Kultur in Berlin . Im ganz falschen Film

by Bert Schulz (23 May 2020)
Original source: taz

Wo ließe sich im Moment besser Kultur genießen als unter freiem Himmel? Der Virus mag das Sommerwetter nicht, die Ansteckungsgefahr im Freien ist daher gering. Während Kosmetikstudios und Shoppingmalls wieder öffnen, haben aber nicht einmal die zehn Freiluftkinos in Berlin eine Perspektive, wann sie wieder spielen dürfen. Dabei sind die Kinobetreiber vorbereitet: Im Freiluftkino Friedrichshain beispielsweise sind nicht nur Bänke abgebaut, um Raum zu schaffen, sondern die Betreiber haben auch ein platzgenaues Onlinebuchungssystem eingerichtet. Damit würde der Betreiber von sich aus auf rund ein drei Viertel seiner Plätze verzichten, um seine Besucher*innen zu schützen. Nur ein Supersommer würde es ihm so ermöglichen wirtschaftlich zu arbeiten. Die Vorstellung, wie unter solchen Bedingungen in geschlossene Häusern gespielt werden könnte, ist ernüchternd. Umso mehr verwundert es, dass der Berliner Senat kein grünes Licht für die Freiluftkinos gibt und so nicht nur den Betreibern zu Einnahmen verhilft, sondern auch den Berliner*innen ein kleines Stückchen Kultur zurückgibt.

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tag Film Freiluftkino Open Air
Darstellende Kunst Kommentar

»Die Blockbuster haben ausgedient« . Museen nach dem Shutdown

by Hans D. Christ, Iris Dressler (23 May 2020)
Original source: Welt

Den Lockdown als eine Chance verstehen, das ist bei den Leitern des Württembergischen Kunstvereins in Stuttgart Iris Dressler und Hans D. Christ nicht nur eine Phrase. Sie wollen mit ihrem Lockdown-Programm ein Zeichen setzen und dazu anregen, den entstehenden Freiraum zu nutzen, um über die Fehler des Kunstbetriebs nachzudenken. Im Gespräch mit der WELT erläutern sie ihre Position.
Viele kulturelle Institutionen waren in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten bei der Gestaltung von Ausstellungen auf ein Massenpublikum fixiert. So kamen Blockbu ster-Ausstellungen zustanden, die weniger an Inhalten orientiert waren. Der Lockdown und die in der Folge geringeren Besucherzahlen sollten dazu führen, dass »mehr Raum und Aufmerksamkeit für Qualität, Intensität und Nachhaltigkeit statt für Spektakel geschaffen« wird. Dabei sind Dressler und Christ überzeugt, können die großen Häuser von den kleineren Institutionen lernen.
Achtsamkeit ist aber nicht nur gegenüber dem Publikum wichtig, sondern auch gegenüber den Künstler*innen. Dass es in der Corona-Krise so viele Solo-Selbständige in der Kulturbranche gibt, sehen die beiden Kuratoren einerseits darin begründet, dass viele Institutionen Aufgaben ausgelagert haben, für die es früher Stellen gab. Andererseits werden Künstler*innen für ihre Arbeit oftmals nicht angemessen entlohnt. Hier bedarf es nicht nur verbindlicher, sondern auch angemessener Honorare. Darin sehen Dressler und Christ keinen Verlust von Freiheit, sondern vielmehr einen Beitrag zur Unabhängigkeit von Künstler*innen.
Voraussetzung hierfür ist aber auch, dass in Politik und Öffentlichkeit darüber diskutiert wird, worin die Aufgabe der Kunstinstitutionen in der Zukunft sein könnte. Die »poetische wie emanzipatorische Kraft« der Kunst sollte dazu genutzt werden zu zeigen, dass Dinge und Verhältnisse auch ganz anders sein könnten. Iris Dressler und Hans D. Christ vertreten hier die These, dass Kunst und vor allem auch öffentlich geförderte Kunstinstitutionen in den verschiedenen Diskursen von Klimakrise, sozialer Ungleichgewichte, digitaler Überwachung bis hin zu wachsendem Nationalismus und Rechtsradikalismus Denk- und Streiträume bereitstellen sollten.

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tag Museen Blockbuster Honorar
Bildende Kunst/Design Interview

Eine Frauenquote ist jetzt überfällig . Pro Quote Film zur Coronakrise

by Dunja Bialas (14 May 2020)
Original source: Tagesspiegel

Dass die Coronakrise Frauen, die sich um Haushalt, Kinderbetreuung und Homeschooling kümmern müssen, an einer empfindlichen Stelle trifft, wurde in den vergangenen Wochen bereits intensiv diskutiert. Nun meldet sich auch die Initiative Pro Quote Film mit einer Pressekonferenz zu Wort, bei der die Folgen der Retraditionalisierung der Frauenrolle und der Coronakrise allgemein thematisiert werden. Dabei sind es nicht nur die jungen Mütter, die gerade unter den Folgen der Krise leiden. Die Drehbuchautorin Silke Cecilia Schultz berichtet, dass aus vielen Drehb& uuml;chern aktuell die Rollen für Risikogruppen gestrichen werden. So sind es vor allem die älteren Schauspielerinnen, für die grundsätzlich wenige Rollen vorgesehen sind, die keine Aufträge mehr erhalten. Die Krise könnte nun dazu genutzt werden, die Forderungen nach »Gender Equality« in der Filmbrache umzusetzen. Da es hier in erster Linie um Geld und Macht geht, könne man nicht auf Freiwilligkeit oder gar Solidarität der Beteiligten hoffen, so Produzentin Meike Kordes. Im Hinblick auf die Novelle des Filmförderungsgesetzes, die Staatsministerin Monika Grütters zu Beginn der Pandemie auf Eis gelegt hat, solle die Gelegenheit nun genutzt werden – so schließt sich Pro Quote Film einem Offenen Brief von neun Verbände an – nicht nur die Auswirkungen der Krise auf die Branche in der Gesetzesnovelle zu berücksichtigen, sondern auch einen Frauenanteil und Diversität in der Filmförderung festschreiben.

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tag Film Pro Quote Film Frauenrolle Gender Equality Alter Risikogruppen Schauspielerinnen Drehbuch Filmförderung Gesetzesnovelle Monika Grütters Silke Cecilia Schultz Maren Kroymann
Darstellende Kunst Bericht

Folge #1: Doktor Pop . Happy Endzeit - der Popkultur Podcast

by Marcus Mötz, Dr. Pop (08 May 2020)
Original source: Tonspion

Mit »Happy Endzeit« ist im Mai ein neuer Podcast des Netzportals Tonspion online gegangen. Musiker*innen sprechen über ihre Erfahrungen in der aktuellen Krise aber auch über allgemeine Entwicklungen in der Popkultur und ihre Lieblingssongs. Gast der ersten Folge ist Dr. Pop. Der Musik-Nerd & Comedian bezeichnet sich selbst auch gerne als Doktor für alles Musikalische und ist insofern prädestiniert für Diagnosen in Bezug auf das Musiksystem.
Die aktuelle Lage in der Coronapandemie beschreibt Dr. Pop als »gerade no ch interessant«, allerdings befürchtet er, dass die vielen Livestreams im Netz immer weniger Klickzahlen erhalten werden. Als positiv bewertet er das Fehlen des Zuschauerklatschens in politischen Talkshows und Kabarettsendungen. Die Zuschauer*innen müssen nun selbst nachdenken und bekommen nicht mehr durch Applaus vorgegeben, wo die wichtigen oder komischen Inhalte sind. Für die Musikbranche selbst bewertet er aber die Absage aller Liveveranstaltungen als großes Problem. Nicht nur das Ausfallen der Veranstaltungen selbst muss ökonomisch verkraftet werden, sondern auch die daran gekoppelten Berichterstattungen und Plattenverkäufe fehlen den Musikern und Labels. Die Branche reagiert hierauf aktuell mit viel Unsicherheit. Veröffentlichungstermine von Platten werden verschoben, in der Hoffnung, dass der Verkauf im Herbst wieder besser läuft. Allerdings könnte das auch dazu führen, dass im Weihnachtsgeschäft ein Überangebot herrscht, dass dann dem Verkauf wenig zuträglich ist.
Dr. Pops Bericht aus seinem eigenen Alltag mit dem Auftrittsverbot sind zwiegespalten. Einerseits wurden viele Veranstaltungen abgesagt oder verschoben, auf die er sich sehr gefreut hat. Er ist aber nicht komplett arbeitslos, da seine Radiokolumnen weiterlaufen und er an einem Buch arbeitet, das im kommenden Jahr erscheinen wird. Grundsätzlich empfiehlt er seinen Kolleg*innen sich nun ein Projekt zu suchen, an dem sie arbeiten können, um ein Ziel und eine Perspektive zu haben. Als absoluter Technikfreak kann er in der Krise vielen Kolleg*innen mit seinem Wissen aushelfen. Zwischen den Zeilen äußert er aber doch eine gewisse Verwunderung darüber, wie viele Comedians und Musiker*innen sich mit technischen Fragen und den Formen der Veröffentlichung von kurzen Streams im Netz noch nie beschäftigt haben. Hier sieht Dr. Pop aktuell ein großes Entwicklungspotential.
Neben einigen Musikempfehlungen dreht sich das Ende des Podcasts um die Frage, ob die Streamingzahlen in der Krise zugenommen haben. Obwohl es hierzu noch keine Veröffentlichungen gibt, geht Dr. Pop davon aus, dass die Krise die Zunahme von online Zugriffen auf Musik erhöht hat. Auch wenn er das Radio empfiehlt, da dort keine Bandbreite benötigt wird, die an anderer Stelle fehlt, so sieht er doch den Trend, dass der Onlineabruf von Musik sich weiter entwickeln wird. Die Krise fördert das Wachstum des Marktes, hat ihn aber nicht ausgelöst.

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tag Popmusik Berufsverbot Onlineangebot Streaming Liveevent
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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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