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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Ein Jahr ohne Werke . Was es für das Musikleben bedeutet, wenn Verlage um ihr Überleben kämpfen

by Merle Krafeld (03 Feb 2021)
Original source: VAN Magazin für klassische Musik

Musikverlage spielen eine wichtige Rolle im kulturellen Ökosystem. Sie werben nicht nur für das Werk von Komponist*innen, sondern Erarbeiten durchdachte Blätterstellen in Einzelstimmen, sorgen für eine gute Bindequalität der Noten und erarbeiten Neuausgaben von historischen Werken. Dafür betreiben sie Quellenforschung und arbeiten mit wissenschaftlicher Genauigkeit. Einnahmen generieren die Verlage daher nicht nur aus dem Verkauf der Noten, sondern vor allem aus dem Verleih von Notensätzen von meist urheberrechtlich geschützten Wer ken an Orchester und Chöre. Die Leihgebühren setzen sich aus verschiedenen Faktoren wie z.B. Länge und Besetzung des Werkes, Zahl der Aufführungen und verkäuflichen Sitzplätze zusammen. Im vergangenen Jahr brach der Umsatz aus dem Leihverkehr für die Musikverlage um bis zu 80 Prozent ein. Neben den Leihgebühren brachen zudem für Verlage und Rechteinhaber die Einnahmen aus Ausschüttungen der GEMA und ausländischer Verwertungsgesellschaften sowie der VG Musikedition weg. Da Tantiemen in der Regel erst im Folgejahr ausgeschüttet werden, macht sich der Einnahmeausfall hier erst in 2021 bemerkbar. Besonders betroffen sind auch Verlage, die sich auf Chormusik spezialisiert haben, da hier nicht absehbar ist, wann der Probenbetrieb wieder aufgenommen werden kann. Im Lockdown boomte lediglich der Kauf von Einzelstimmen und klein besetzter Kammermusik. Der Henle-Verlag, der unter anderem mit einer App dieses Segment bedient, ist der einzige Verlag, der in 2020 ein Umsatzplus verbuchen konnte.
So lange im Kulturbereich keine Planungssicherheit besteht, wird der Verkauf und Verleih von Noten nicht anziehen. Die Mitarbeiter*innen der Verlage sind daher aktuell in Kurzarbeit und arbeiten gleichzeitig mit Hochdruck daran, Werke mit kleiner Besetzung anzubieten.
Viele Verlage fallen aktuell durch das Raster der Hilfszahlungen, weil sie entweder zu klein oder zu groß sind. Aus dem Programm Neustart Kultur können Umsatzrückgänge aus dem Mietbereich kompensiert werden, allerdings nur 30 Prozent des entgangenen Umsatzes von April bis November 2020, auf den bereits erhaltene Hilfen wie z.B. Kurzarbeitergeld angerechnet werden muss. So ist die Hilfe am Ende nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

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tag Musikverlage GEMA Planungssicherheit Chormusik Leihverkehr Kurzarbeit Neustart Kultur
Musik Bericht

Aufgestaute Kreativität . Klassik-Profis in der Pandemie

by Frederik Hanssen (02 Feb 2021)
Original source: Tagesspiegel

Bei der Jahrespressekonferenz der Deutschen Orchestervereinigung drehte sich in diesem Jahr alles um die landesweite Stille in den Theatern und Konzerthäuser. Zwar sichert die Kurzarbeit die Arbeitsplätze in vielen Stadt- und Landestheatern und bis auf wenige Kommunen sind auch in diesem Jahr noch keine Kürzungen des Etats zu spüren, dennoch mahnt der Geschäftsführer Gerald Mertens die baldige Öffnung der Häuser an. Dabei sollten nicht landesweite Inzidenzwerte zugrunde gelegt werden, sondern diejenigen des jeweiligen Landkreises. Wichtig ist dieser baldige Neustart vor allem für die freiberuflichen Musiker*innen, die seit fast einem Jahr ohne Einnahmen sind. Rund 30 Prozent denken laut einer repräsentativen Umfrage bereits über einen Berufswechsel nach. Eine zeitweise Aussetzung der Zuarbeitsregelung der Künstlersozialkasse könnte dieser Berufsgruppe durch die Krise helfen. Langfristig sollte über eine Arbeitslosenversicherung, die dem Schlechtwettergeld der Bauindustrie nachgebildet werden könnte, nachgedacht werden, um eine ähnliche Krisensituation in Zukunft zu vermeiden.

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tag Deutschen Orchestervereinigung Kurzarbeit stiller Tod Planungssicherheit Inzidenzwert Künstlersozialkasse Arbeitslosenversicherung
Musik Bericht

»Die freien Schauspieler sind überhaupt nicht abgesichert« . Metropoltheater München in der Coronakrise

by Jochen Schölch, Maja Ellmenreich (29 Dec 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Freie Theater sind von der Krise besonders betroffen. Das Metropoltheater selbst, so berichtet Intendant und Gründer des Metropol Jochen Schölch im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, wird aufgrund einer Förderung der Stadt München durch die Krise kommen. Dennoch fehlen dem Theater aktuell rund 450.000 Euro, die aus Rücklagen der letzten Jahre finanziert wurden. Zu dem Fehlbetrag kommt es, weil das Theater den Schauspieler*innen, die alle nur für einzelne Produktionen gebucht werden, ein Äquivalent zum Kurzarbeitergeld bezahlt, auf d as die mit Honorarverträgen arbeitenden Schauspieler*innen keinen Anspruch haben. Da Schauspieler*innen häufig zwischen Festanstellung und Honorarverträgen wechseln, fallen sie aktuell durch das Raster der staatlichen Hilfen fallen. Unterstützt wird das Theater neben der Stadt München durch nicht erstattete Tickets und Spenden des Freundeskreises.
Auch wenn man bislang gut durch die Krise kam, macht sich der Intendant dennoch Sogen, ob das Publikum nach dem Lockdown wieder ins Theater zurückkehren wird oder ob es sich so an Netflix und Co gewöhnt hat, dass man sich nicht mehr zum abendlichen Besuch im Theater aus dem Haus bewegt. Auch die Frage, ob noch Schauspieler*innen zur Verfügung stehen werden, treibt ihn um. Wer die Möglichkeit hat, schließt aktuell einen Vertrag für eine Fernsehserie ab, um auf ein dauerhaftes Einkommen zurückgreifen zu können.
In einem online-Programm mit kurzen, assoziativen Videoclips hat das Metropoltheater darüber reflektiert, wie das Theater nach Corona aussehen könnte. Ein Streaming-Angebot gibt es allerdings nicht, da man davon überzeugt ist, dass Theater nur analog erlebt werden kann.  

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tag Theater Schauspieler*innen Streaming Unterstützung Finanzierung Kurzarbeit Quo vadis ars
Darstellende Kunst Interview

Auktionshäuser sind die Gewinner in der Krise

by Christian Herchenröder (17 Dec 2020)
Original source: Handelsblatt

Die coronabedingte Schrumpfung um 30 bis 40 Prozent ist unterschiedlich verteilt bei den Playern des Kunstmarktes. Während 2020 Kunstmessen und Galerien mit virtuellen Kunstmessen und Ausstellungen nur eingeschränkt beim Publikum punkten konnten, verzeichnen die Auktionshäuser kräftige Umsatzsteigerungen bei Online-only-Auktionen. Insbesondere konnten Sie Erstkäufer maßgeblich aus Amerika und China zum Ersteigern hochpreisiger Kunst insbesondere im zeitgenössischen Bereich animieren.

tag Kunstmarkt Galerien Auktionshäuser Online-Ausstellung Kunstmesse Rezession
Bildende Kunst/Design Bericht

Der deutsche Staat verachtet Selbstständige und Kreative

by Sascha Lobo (09 Dec 2020)
Original source: Der Spiegel

Warum erhalten Solo-Selbständige in der Krise so wenig Unterstützung durch die GroKo? Diese Frage beschäftigt den Autor und Strategieberater Sascha Lobo in seiner Kolumne. Ausgehend von einem Interviews mit dem SPD-Politiker und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, in dem dieser darauf verwiesen hat, dass die Corona-Hilfen Mittel der Solidargemeinschaft sind. Da die Selbständigen bislang in keine Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, sind sie nun auf Transferleistungen des Staates angewiesen.  Aus diesem Grund fordert er im In terview eine Versicherungspflicht für Selbständige.
Was sich auf den ersten Blick plausibel anhört, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Versuch, Selbständigkeit in Deutschland einzudämmen. Grundsätzlich leisten die Selbständigen einen wichtigen Beitrag zur Solidargemeinschaft, indem die Rentenkasse seit Jahren zu einem Drittel mit Steuermitteln aufgefüllt wird, da die Rentenversicherung sonst pleite wäre. Die Selbständigen bezahlen also für eine Leistung, die sie selbst nicht erhalten. Eine Arbeitslosenversicherung für Selbständige ist seit der Jahrtausendwende immer wieder im Gespräch, allerdings wurde sie nie umgesetzt. Das Versäumnis, nicht Festangestellte in Sozialsysteme einzubinden, wird nun aber ins Gegenteil verwendet, da vor allem den Solo-Selbständigen vorgeworfen wird, Transferleistungen – d.h. Leistungen ohne Gegenleistungen – in Anspruch zu nehmen. Dass auch Selbständige Steuerzahler sind, wird stillschweigend übergangen. Auch der Hinweis des Finanzministers Olaf Scholz, dass die in der Pandemie besonders gebeutelten Solo-Selbständigen mit aller Kraft unterstützt werden, ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Insgesamt 5.000 Euro werden ihnen bis zum kommenden Sommer angeboten, um ihre massiven Umsatzeinbußen aufzufangen. Novemberhilfen erhalten nur direkt betroffene Selbständige. Da aber gerade die Selbständigen divers aufgestellt sind, fallen sie schnell unter die 80 Prozent-Grenze, d.h. wenn sie weniger Umsätze mit direkt oder indirekt von Lockdown betroffenen Unternehmen erzielt haben, erhalten sie keine Unterstützung. Dabei sind es gerade die Solo-Selbständigen, die mit Innovationen die Wirtschaft voranbringen und unter Umständen so den Grundstein für große Unternehmen legen. Aber erst wenn Selbständige Festanstellungen generieren, erhalten sie die Anerkennung des Staates in Form von Milliardenhilfen, Staatskrediten oder Kurzarbeit.
Wie wenig die Arbeit von Kreativen und Selbständigen geachtet wird, zeigt Lobo am Beispiel der Autorin und Regisseurin Anika Decker auf. Sie hat das Buch des Megaerfolgsfilms »Keinohrhasen« geschrieben, wurde aber am Erfolg von der Produktionsfirma nicht beteiligt. Der verwertende Konzern wurde nun dazu verurteilt, die kreative Arbeit der Autorin zu honorieren, dennoch zeigt das Beispiel, wie wenig Kreativität in Deutschland geschätzt wird.
Warum hat in Deutschland die Selbständigkeit nach wie vor den Ruf unsolidarisch und irgendwie unseriös zu sein? Festanstellung hingegen wird als heilig angesehen? Ein wichtiger Grund hierfür liegt darin, dass zu viele Selbständige unsere sozialen Absicherungssysteme zu Fall bringen könnten. Ab 50 Prozent Steuermittelzuzahlung zur Rentenkasse, könnten Selbständige das System der Rente kippen, da es gegen das Gleichbehandlungssystem des Grundgesetzes verstößt. So wird ihnen wohl auch in Zukunft kein würdiges Instrument zur Altersabsicherung angeboten, stattdessen müssen sie sich Unsolidarität vorwerfen lassen.

 

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tag Festanstellung Stephan Weil Solidarität Solo-Selbständige Arbeitslosenversicherung Olaf Scholz Novemberhilfe Wertschätzung Konzerne
Alle Sparten Statement

Corona zum Weihnachtsgeschäft: Wie es dem Buchhandel in der Krise geht

by Michael Wurmitzer (09 Nov 2020)
Original source: Der Standard

Eigentlich sehen die Umsatzzahlen für die österreichische Buchbranche in Corona-Zeiten gut aus. Nach Einbrüchen von minus 41 bzw. minus 65 Prozent im März und April, lagen die Zahlen im Herbst sogar leicht über dem Vorjahr. Sieht man sich die Zahlen aber genauer an, so wie Helmut Zechner von der Buchhandlung Heyn in Klagenfurt und Vorsitzender des Österreichischen Buchhändlerverbands, dann sieht die Lage anders aus. Nimmt man den Onlineriesen Amazon aus der Statistik heraus, dann bleibt für den stationären Buchhandel ein Jahre sminus von zwölf Prozent. Der Ausfall der Buchmesse Buch Wien und der Lockdown lassen den Buchhandel nun Schlimmstes befürchten, macht die Branche in Österreich doch im November und Dezember ein Drittel des Jahresumsatzes. Unter der fehlenden Aufmerksamkeit für Neuerscheinungen leidet nun vor allem die Gegenwartsliteratur, ob fehlende Lesungen und Veranstaltungen tatsächlich die Ursache für den Umsatzrückgang sind, ist nur schwer zu sagen. Besonders die kleinen Verlage leben von den Live-Veranstaltungen während die großen Konzerne aktuell ihre Social-Media-Aktivitäten verstärkt haben und vermehrt online-Lesungen anbieten. Andererseits haben gerade kleine Verlage ein treueres Stammpublikum. Zudem haben viele Verlage das Herbstprogramm extrem abgespeckt, große Buchhandelsketten wie Thalia setzen verstärkt auf Hygienekonzepte. Thalia bietet in Wien sogar Abholautomaten an, um einen kundenfreundlichen Service in der Krise zu bieten. Eine große Hilfe ist für die Branche aktuell auch die Senkung der Mehrwertsteuer – allerdings deutet sich jetzt schon an, dass diese nicht über den Jahreswechsel hinaus verlängert werden soll. So bleibt nur auf ein gutes Weihnachtsgeschäft zu hoffen, damit die Buchbranche in Österreich gut durch die Krise kommt.

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tag Buchhandel Verlage Buchmesse Amazon Umsatz Weihnachtsgeschäft Hygienekonzept
Wort Bericht

»Wir sollten uns nicht hyperüberschätzen« . Amelie Deuflhard zum Theater-Lockdown

by Amelie Deuflhard, Vladimir Balzer (05 Nov 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Planungssicherheit ist das, was Kultureinrichtungen im Moment am dringendsten benötigen. Die Mitarbeiter an vielen Einrichtungen arbeiten zwar weiter, aber das Gefühl in eine Leere hinein zu produzieren, belastet viele sehr. Dem Vorschlag des Künstlerischen Leiters der Schaubühne, Thomas Ostermeier, möchte sich Amelie Deuflhard, Künstlerische Leiterin von ›Kampnagel‹ in Hamburg nicht anschließen. Schon alleine aus Solidarität mit den freien Theatern müssen die Häuser weiter bespielt werden, auch wenn die La ge unsicher ist. Dennoch wünscht sie sich auch Planungssicherheit, denn wenn jetzt schon eine Schließung über den November hinaus feststehen würde, dann könnten sich die Häuser alternative Konzepte für ihre Räume überlegen und die Schließung für konzeptionelle Überlegungen nutzen. Zwar sieht Deuflhard viele Theater in Deutschland auf einem guten Weg, dennoch mahnt sie an, dass das Theater in der Gegenwart nach wie vor das Bildungsbürgertum anspricht. Hier neue Konzepte zu entwickeln, auch die angestammten Räume zu verlassen, Zielgruppen anzusprechen und an der Diversifizierung des Theaters arbeiten, das sind einige der Aufgaben, die angegangen werden könnten. Sie geht sogar so weit, dass sie vorschlägt, in Krisenzeiten für die Mitarbeiter*innen am Theater andere sinnstiftende Aufgaben – Vorlesen in Pflegeheimen, Aushelfen im Gesundheitsamt – zu suchen.
Den positiven Blick in die Zukunft können die staatlich subventionierten Häuser in der Gegenwart natürlich wesentlich eher erlauben, als privat geführte Häuser und Solo-Selbständige. Auch die prekären Beschäftigungsverhältnisse der Freiberufler stehen auf Deuflhards imaginärer To-do-Liste für die Krisenschließung. Hier müsste sich allerdings auch die Politik beteiligen und überlegen, wie für diese Gruppe eine Sicherung geschaffen werden kann, die ihnen hilft eine solche Krise zu überstehen. Das bedingungslose Grundeinkommen oder ein solidarischer Fonds sind hier lediglich zwei Möglichkeiten, die Branche so zu stabilisieren, dass sie nicht wieder zusammenbricht, falls eine neue Krise kommt. Dabei sollte auch bedacht werden, dass die Bürokratie möglichst reduziert werden kann.  
Abschießend gibt sie zu bedenken, dass aktuell alle internationalen Kooperationen eingefroren sind. Damit fehlt nicht nur eine wichtige Form des kulturellen Austauschs, in vielen Ländern gibt es für Künstler*innen in der Krise auch keinerlei Unterstützung.

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tag Theater Planungssicherheit Privilegien Kultur als Chance Grundeinkommen Demokratisierung Solo-Selbständige
Darstellende Kunst Gespräch

Geld ist im Übermaß vorhanden . Corona-Hilfen für Künstler

by Herbert Grönemeyer (04 Nov 2020)
Original source: Zeit

Unterhaltung, so wertet der Musiker Herbert Grönemeyer den Begriff für sich um, bedeutet »halten von unten«. Hier finden die Menschen Hilfe und Zuversicht, wenn sie traurig oder frustriert sind. Sie können aber auch ihrer Freude Ausdruck verleihen. Durch das Wegfallen der Liveauftritte ist das Publikum dieses Ventils beraubt. Keine Fluchtpunkte oder keine Ersatzwelt mehr. Es bleibt die Realität und mit ihr Raum für Verblödung und krude Theorien. Die Seele der Gesellschaft ist gefährdet und mit ihr der gesellschaftliche Zusam menhalt im Ganzen. Die Folgen für die Existenz der vielen Zuarbeiter, die Liveveranstaltungen erst ermöglichen, sind in diesem Verständnis nur Symptom für die Erosion der Gesellschaft. Wie diesem Prozess entgegenwirken? Wie dafür sorgen, dass auch nach der Krise Liveveranstaltungen wieder möglich sind? Hier wird Grönemeyer nun sehr konkret: Diese Menschen dürfen nicht gezwungen sein, ihre Alterssicherung anzugreifen. Für sie muss es schnell und unkompliziert Hilfe geben.
Doch wie könnte diese Hilfe aussehen. Grönemeyer nimmt in diesem Fall nicht den Staat in die Pflicht, sondern schlägt eine Alternative vor: Wie bei einer Naturkatastrophe die Familie einem Betroffenen unter die Arme greift, so bedarf es auch in der aktuellen Krise ein Zeichen der Solidarität. Dieses sollte, so der Musiker, von den 1,8 Millionen Millionären in Deutschland kommen. Dieses Zeichen würde nicht nur den in ihrer Existenz bedrohten Kulturschaffenden helfen, sondern es würde zugleich den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken, der seit Jahrzehnten zu beobachtenden Spaltung entgegenwirken.
Interessanterweise fehlt Grönemeyers Statement ein überzeugendes Argument: Er müsste als leuchtendes Beispiel für die geforderte Solidarität selbst mit einer großzügigen Spende vorangehen - auch er gehört zu Deutschlands Millionären....

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tag Kulturbetrieb Solidarität Millionäre Seele der Gesellschaft Zusammenhalt Liveevent Quo vadis ars
Alle Sparten Kommentar

Kultur ist nicht für alle da . Corona-Maßnahmen und Kultur

by Tobi Müller (29 Oct 2020)
Original source: Zeit

Mit Till Brönner und der Band ›Die Ärzte‹ haben sich prominente Vertreter der Musikbranche zur Wort gemeldet und über die Existenznöte vieler Musiker*innen aber auch der für die Branche wichtigen Zuarbeiter von der Veranstaltungstechnik bis zur Gastronomie gesprochen. Nicht zu Unrecht kritisiert Tobi Müller in seinem Beitrag die von Brönner und der Musikbranche immer wieder vorgebrachten Zahlen und die damit suggerierte Wirtschaftsmacht. Damit würde nun die eine Gruppe gegen eine andere ausgespielt, Verteilungskä mpfe befördert. Sein Vergleich mit Angestellten, denen es ja ebenfalls schlecht ginge, hinkt jedoch. Schließlich bekommen diese gegebenenfalls Kurzarbeiter- und schlimmstenfalls Arbeitslosengeld. Der Solo-Selbständige darf hingegen gleich Hartz IV beantragen.
Für Tobi Müller verschweigen die Beiträge von Musikern und Veranstaltern aber auch, dass es in der Kulturbranche Bereiche gibt, die mehr und welche die weniger betroffen sind. Die Musik gehört zweifellos zu den am schwersten gebeutelten Wirtschaftsbereichen. Allerdings – so das zentrale Argument Müllers – die Kultur, von denen die Beiträge sprechen, ist die des gehobenen Bürgertums, das sich lautstark für die Rechte der Künstler*innen einsetzen kann. Gerade im Hinblick darauf, dass die Punkband ›Die Ärzte‹  sich in die ›Tagesthemen‹ gewagt hat, um ihre Stimme zu erheben, ist der Kulturbegriff, den Müller in seinem Beitrag vertritt, interessant. Geht er doch damit vor allem von Konzerthäusern, Bühnen und Museen aus, für die der Jazztrompeter Till Brönner als Symbolfigur herhalten muss, und nicht von den der Kultur ebenso zuzurechnenden Bereichen wie Volksmusik, Schlager oder Punk.
Die Anregung, die Tobi Müller für die Branche hat, muten aktuell etwas skurril an: Nicht immer nur den Staat in die Verantwortung nehmen, sondern untereinander Solidarität üben. Warum nicht die großen Theatersäle auch für Konzerte öffnen oder Kooperationen mit Museen eingehen, die meist über große, luftige Räume verfügen. Und als Zeichen der Nächstenliebe könnten auch Kirchen die Türen für Theater- und Musikschaffende anbieten – das bringt leider im November recht wenig, wenn Theater und Museen geschlossen sind und jegliche Form von Konzert verboten ist.

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tag Musikbranche Till Brönner Die Ärzte Solidarität Wirtschaftsfaktor Staat Publikum Hartz IV Kulturbegriff
Musik Kommentar

Ein Lebenszeichen aus der Szene, die am Abgrund tanzt . »Tag der Clubkultur« am 3. Oktober

by Jakob Bauer (02 Oct 2020)
Original source: rbb24

Am 3. Oktober wird in Berlin der »Tag der Clubkultur« gefeiert. Zu Live-Musik auf engstem Raum getanzt wird in Zeiten von Corona nicht, aber die Clubs haben sich kreative Konzepte ausgedacht, um auf ihre Lage aufmerksam zu machen. So gibt es im Schokoladen für 16 Besucher*innen zwei Live-Konzerte. Die Karten wurden auf Facebook verlost, die Besucher*innen sitzen auf Barhockern an Stehtische, um die Abstände kontrollieren zu können. Im Ritter Butzke erwartet die Gäste ein Dinner mit musikalischer Begleitung. Bei allen Veranstaltungen wird k onsequent auf die Einhaltung der Hygienekonzepte geachtet. Damit möchte die Clubkommission gemeinsam mit dem Berliner Kultursenator Klaus Lederer ein Zeichen setzen: Aktuell entsteht oft der Eindruck, dass in Clubs die Gefahr der Ansteckung besonders hoch sei – ohne diese belegen zu können. Da auch in den Clubs Hygienekonzepte vorliegen, sind die Veranstalter einig, dass die Gefahr der Ansteckung bei Feiern im Park wesentlich höher ist, als in ihren Räumen. Und so ist der »Tag der Clubkultur« ein Lebenszeichen einer Branche, die zu den großen Verlierern der Corona-Krise gehört. In Berlin kämpft Klaus Lederer für ihr Überleben, in anderen Städten erhalten die Clubs weniger Unterstützung.

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tag Clubszene Hygienekonzepte Klaus Lederer
Musik Bericht

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The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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