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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

»Die freien Schauspieler sind überhaupt nicht abgesichert« . Metropoltheater München in der Coronakrise

by Jochen Schölch, Maja Ellmenreich (29 Dec 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Freie Theater sind von der Krise besonders betroffen. Das Metropoltheater selbst, so berichtet Intendant und Gründer des Metropol Jochen Schölch im Gespräch mit dem Deutschlandfunk, wird aufgrund einer Förderung der Stadt München durch die Krise kommen. Dennoch fehlen dem Theater aktuell rund 450.000 Euro, die aus Rücklagen der letzten Jahre finanziert wurden. Zu dem Fehlbetrag kommt es, weil das Theater den Schauspieler*innen, die alle nur für einzelne Produktionen gebucht werden, ein Äquivalent zum Kurzarbeitergeld bezahlt, auf d as die mit Honorarverträgen arbeitenden Schauspieler*innen keinen Anspruch haben. Da Schauspieler*innen häufig zwischen Festanstellung und Honorarverträgen wechseln, fallen sie aktuell durch das Raster der staatlichen Hilfen fallen. Unterstützt wird das Theater neben der Stadt München durch nicht erstattete Tickets und Spenden des Freundeskreises.
Auch wenn man bislang gut durch die Krise kam, macht sich der Intendant dennoch Sogen, ob das Publikum nach dem Lockdown wieder ins Theater zurückkehren wird oder ob es sich so an Netflix und Co gewöhnt hat, dass man sich nicht mehr zum abendlichen Besuch im Theater aus dem Haus bewegt. Auch die Frage, ob noch Schauspieler*innen zur Verfügung stehen werden, treibt ihn um. Wer die Möglichkeit hat, schließt aktuell einen Vertrag für eine Fernsehserie ab, um auf ein dauerhaftes Einkommen zurückgreifen zu können.
In einem online-Programm mit kurzen, assoziativen Videoclips hat das Metropoltheater darüber reflektiert, wie das Theater nach Corona aussehen könnte. Ein Streaming-Angebot gibt es allerdings nicht, da man davon überzeugt ist, dass Theater nur analog erlebt werden kann.  

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Darstellende Kunst Interview

Der deutsche Staat verachtet Selbstständige und Kreative

by Sascha Lobo (09 Dec 2020)
Original source: Der Spiegel

Warum erhalten Solo-Selbständige in der Krise so wenig Unterstützung durch die GroKo? Diese Frage beschäftigt den Autor und Strategieberater Sascha Lobo in seiner Kolumne. Ausgehend von einem Interviews mit dem SPD-Politiker und Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, in dem dieser darauf verwiesen hat, dass die Corona-Hilfen Mittel der Solidargemeinschaft sind. Da die Selbständigen bislang in keine Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, sind sie nun auf Transferleistungen des Staates angewiesen.  Aus diesem Grund fordert er im In terview eine Versicherungspflicht für Selbständige.
Was sich auf den ersten Blick plausibel anhört, erweist sich bei genauerem Hinsehen als Versuch, Selbständigkeit in Deutschland einzudämmen. Grundsätzlich leisten die Selbständigen einen wichtigen Beitrag zur Solidargemeinschaft, indem die Rentenkasse seit Jahren zu einem Drittel mit Steuermitteln aufgefüllt wird, da die Rentenversicherung sonst pleite wäre. Die Selbständigen bezahlen also für eine Leistung, die sie selbst nicht erhalten. Eine Arbeitslosenversicherung für Selbständige ist seit der Jahrtausendwende immer wieder im Gespräch, allerdings wurde sie nie umgesetzt. Das Versäumnis, nicht Festangestellte in Sozialsysteme einzubinden, wird nun aber ins Gegenteil verwendet, da vor allem den Solo-Selbständigen vorgeworfen wird, Transferleistungen – d.h. Leistungen ohne Gegenleistungen – in Anspruch zu nehmen. Dass auch Selbständige Steuerzahler sind, wird stillschweigend übergangen. Auch der Hinweis des Finanzministers Olaf Scholz, dass die in der Pandemie besonders gebeutelten Solo-Selbständigen mit aller Kraft unterstützt werden, ist nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Insgesamt 5.000 Euro werden ihnen bis zum kommenden Sommer angeboten, um ihre massiven Umsatzeinbußen aufzufangen. Novemberhilfen erhalten nur direkt betroffene Selbständige. Da aber gerade die Selbständigen divers aufgestellt sind, fallen sie schnell unter die 80 Prozent-Grenze, d.h. wenn sie weniger Umsätze mit direkt oder indirekt von Lockdown betroffenen Unternehmen erzielt haben, erhalten sie keine Unterstützung. Dabei sind es gerade die Solo-Selbständigen, die mit Innovationen die Wirtschaft voranbringen und unter Umständen so den Grundstein für große Unternehmen legen. Aber erst wenn Selbständige Festanstellungen generieren, erhalten sie die Anerkennung des Staates in Form von Milliardenhilfen, Staatskrediten oder Kurzarbeit.
Wie wenig die Arbeit von Kreativen und Selbständigen geachtet wird, zeigt Lobo am Beispiel der Autorin und Regisseurin Anika Decker auf. Sie hat das Buch des Megaerfolgsfilms »Keinohrhasen« geschrieben, wurde aber am Erfolg von der Produktionsfirma nicht beteiligt. Der verwertende Konzern wurde nun dazu verurteilt, die kreative Arbeit der Autorin zu honorieren, dennoch zeigt das Beispiel, wie wenig Kreativität in Deutschland geschätzt wird.
Warum hat in Deutschland die Selbständigkeit nach wie vor den Ruf unsolidarisch und irgendwie unseriös zu sein? Festanstellung hingegen wird als heilig angesehen? Ein wichtiger Grund hierfür liegt darin, dass zu viele Selbständige unsere sozialen Absicherungssysteme zu Fall bringen könnten. Ab 50 Prozent Steuermittelzuzahlung zur Rentenkasse, könnten Selbständige das System der Rente kippen, da es gegen das Gleichbehandlungssystem des Grundgesetzes verstößt. So wird ihnen wohl auch in Zukunft kein würdiges Instrument zur Altersabsicherung angeboten, stattdessen müssen sie sich Unsolidarität vorwerfen lassen.

 

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Alle Sparten Statement

DOV: In der Klassik fallen viele durch alle Förderraster . Corona-Hilfen für die Musik

by Gerald Mertens, Jörg Biesler (02 Aug 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Förderbedingungen für die Sparte Musik wurden vom Bund aufgestockt. Auch Lebenshaltungskosten können nun berücksichtigt werden. Dennoch reicht die Unterstützung bei weitem nicht, die Milliardenverluste in der Branche aufzufangen – zumal für Musiker*innen alle Beschäftigungsstrecken gleichzeitig weggebrochen sind.
 Gerald Mertens, Geschäftsführer der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) schildert im Interview die aktuelle Lage der Künstler*innen und Orchester.
Die Länder haben unterschiedlich viele Dinge gemacht. Die Programme des Bundes setzen an den unterschiedlichen Stellen an. Mertens geht perspektivisch davon aus, dass noch 12 Monate mit einem Notplan gearbeitet werden muss. Die Lage ist aktuell in den Orchestern so, dass im Festanstellungsbereich rund 70 Prozent der Musiker*innen in Kurzarbeit sind. Die Orchester selbst werden so wohl über die Runden kommen. In geschlossenen Räumen gibt es nach wie vor große Probleme mit den Abstandsregeln auf der Bühne und der Umsetzung der Hygieneregeln. Die neue Spielzeit ist noch immer nicht sicher planbar.
Die Unterstützung des Bundes ist nicht für die klassische Musik vorgesehen: Die 10 Millionen der Initiative Musik helfen dem Rock-, Pop- und Jazzbereich, sowie Hip-Hop und Metall, 10 weitere Millionen, die an den Musikfonds gegangen sind, unterstützen den Bereich der Neuen Musik und dem Jazz. Die klassische Musik fällt aktuell durch das Raster. Das hat zur Folge, dass erste Künstler*innen bereits jetzt darüber nachdenken, den Beruf zu wechseln. Ein ganzes Jahr können die Musiker*innen ohne Einnahmen nicht überstehen. Deutliche Lücken in der klassischen Musik und im Kulturbetrieb zeichnen sich bereits ab. Ein Apell ging beispielsweise an die großen Kirchen mehr Musiker*innen in den Gottesdiensten einzusetzen. Die öffentliche Förderung muss hier weiter unter die Arme greifen, weil kleinere privat organisierte Häuser mit den wenigen zugelassenen Besucher*innen nicht kostendeckend arbeiten können. Die Forderung an den Bund ist, die Finanzierungslücke zu schließen und eine Brücke zu schlagen, bis wieder unter Normalbedingungen Konzerte durchgeführt werden können.

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Musik Interview

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Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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