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Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Event- und Konzertveranstalter in Not . Aktion „Night of Light“

by Tom Koperek, Stephan Karkowsky (22 Jun 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Rot erleuchtete Gebäude sollen in der »Night of Light« auf die Probleme der Veranstaltungsbranche aufmerksam machen. Konzerthallen, Theater und Live-Clubs sind deutschlandweit am Abend des 22. März 2020 dabei. Da es sich bei der Veranstaltungsbranche um einen sehr heterogenen Wirtschaftszweig mit über 150 Gewerken gibt, es es schwierig, sie im politischen Diskurs sichtbar zu machen. Das ist aber aktuell mehr als notwendig. Nach drei Monaten Berufsverbot, sind viele Betriebe am Ende ihrer finanziellen Möglichkeiten. Zwar haben viele bereits Soforthilfe erhalten, aber diese deckt immer nur einen Teil der anfallenden Kosten ab. Entgegen der Erwartungen sind es nicht vor allem Solo-Selbständige, die in der Veranstaltungswirtschaft arbeiten – auch wenn viele von ihnen bislang kaum Hilfe erhalten haben bzw. die Gefahr besteht, dass sie diese wieder zurückgeben müssen. Es sind vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die in der Veranstaltungsbranche tätig sind. Ihnen hilft zwar das Kurzarbeitergeld, um die hohen Personalkosten abzufedern, aber diese machen oftmals nur 25 Prozent der laufenden Ausgaben aus. Viele andere Positionen müssen von den Unternehmen auch ohne Einnahmen weiter bedient werden.
In der Branche sind zwar inzwischen wieder einige Veranstaltungen möglich, allerdings bezweifelt Tom Koperek, dass diese tatsächlich wirtschaftlich sind. In der LANXESS arena in Köln fanden Mitte März wieder erste Veranstaltungen statt. Allerdings wurden statt der üblichen 20.000 Sitzplätze nur Karten für 850 Besucher ausgegeben. Das ist zwar wichtig, um zu zeigen, dass es Möglichkeiten und Wege gibt, wieder Veranstaltungen durchzuführen, allerdings sind hier die Kosten annähernd so hoch, wie bei einem ausverkauften Haus. Auf Dauer kann die Branche so nicht überleben.

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tag Night of Light Veranstaltungsbranche Berufsverbot Solo-Selbständige Soforthilfe
Alle Sparten Interview

Interne Anweisung: »Schauspieler über 60 bitte eliminieren«

by Stefan Grund (17 Jun 2020)
Original source: Welt

In den letzten Tagen wurde ein Schreiben bekannt, dass die Produktionsfirma Saxonia Media an die Drehbuchautoren der beliebten ARD-Serie »In aller Freundschaft« versendet hat. Darin wurden diese aufgefordert, Schauspieler über 60 sehr reduziert bzw. gar nicht einzusetzen. Das liest sich ganz anders als die Presseerklärung, die der Sender zur Wiederaufnahme der Dreharbeiten verfasst hatte. Dort war lediglich davon die Rede, dass eine »neue Bildsprache« entwickelt werden müsse, die die Hygieneregel am Set berücksichtige. Gerade für die beliebte Krankenhausserie sollte die Umsetzung der Hygieneregeln am Set kaum ein Problem darstellen. Ärzte und Pflegepersonal können problemlos in  Schutzkleidung gezeigt werden; Kussszenen und enger Körperkontakt sind für die Krankenhausserie weniger wichtig als für eine Liebesserie und können problemlos umgeschrieben werden. Selbst für den Einsatz des 85-jährige Rolf Becker wurde eine Lösung gefunden, indem dieser von Zuhause aus zugeschaltet wird und somit die Dreharbeiten nicht am Set stattfinden müssen. 
Umso irritierter ist man nun beim Berufsverband Schauspiel von der bekannt gewordenen Email. Bislang kursierten zwar auch Gerüchte, dass die Besetzung von Rollen zum Nachteil von älteren Schauspieler*innen führen könnte, ein konkreter Fall war aber bislang nicht gekannt. So warnt Heinrich Schafmeister vom Bundesverband nun vor Altersdiskriminierung. Verdachtsfällen wird vom Verband nachgegangen, nicht nur um diese zu klären, sondern auch um vor einem solchen Vorgehen zu warnen.

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tag Fernsehserien ARD Schauspieler*innen Berufsverband Schauspiel Drehbuch Altersdiskriminierung
Darstellende Kunst Bericht

Künstler schweigen für faire Bezahlung

by Lukas Möschl (17 Jun 2020)
Original source: ORF

Schweigend standen am Mittwochabend Salzburger Künstler*innen auf dem Residenzplatz. Mit ihrer Demonstration möchten sie auf die Situation der Branche in der Corona Krise hinweisen. Statt lautem Protest wählt man die Form, die der Lage der Kultur aktuell angemessen ist. Im Unterschied zu Deutschland und Frankreich sehen sich die Künstler*innen in Österreich von der schwarz-grünen Bundesregierung im Stich gelassen, da es für Freischaffende aktuell kaum möglich ist, ein Arbeitslosengeld oder eine Mindestsicherung zu erhalten.
Zur Demonstration aufgerufen hat die Kampagne Fair Pay. Diese wurde bereits im Jahr 2011  von der IG Kultur in Österreich ins Leben gerufen. Bereits vor der Krise haben sie die Arbeitsbedingungen vieler Kulturschaffender kritisiert und eine faire Bezahlung von Kulturarbeit gefordert. Wie wichtig diese ist, zeigt die Corona Krise. Aufgrund kaum vorhandener Rücklagen kommen viele Freischaffende nun schnell in eine Notsituation, aus der sie sich aktuell kaum selbst befreien können.

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tag Honorar Kulturförderung Solo-Selbständige
Alle Sparten Bericht

Kommunen, Verbände, Künstler - der »Kulturpolitische Salon« im DLF Kultur diskutiert verschiedene Sichtweisen auf das Kulturpaket. Fazit: Die langfristigen Folgen der Krise sind noch nicht absehbar. . Kann das Milliardenpaket des Bundes die Kultur retten?

by Skadi Jennicke, Ulrich Khuon, Dagmar Schmidt, Wolfgang Schmidt, Olaf Zimmermann, Hans Dieter Heimendahl (12 Jun 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Die Bundesregierung hat im Kulturpaket eine Milliarde Euro für die Kultur- und Kreativbranche vorgesehen. Die Gelder sind in erster Linie dafür gedacht, die Strukturen der Branche zu sichern. Im neuen Format des Deutschlandfunk, dem »Kulturpolitischen Salon« diskutieren Vertreter*innen aus verschiedenen Bereichen darüber, welche Bedeutung das Kulturpaket der Regierung in der aktuellen Situation hat und wie der Weg aus der Krise für die Branche aussehen kann.
Dr. Skadi Jennicke ist Bürgermeisterin und Beigeordneten für Kult ur der Stadt Leipzig und vertritt als solche die Perspektive der Kommunen. An der Basis war man in den letzten Wochen vor allem mit Krisenbewältigung beschäftigt, sieht große Einnahmeausfälle durch geringere Gewerbesteuereinnahmen auf sich zukommen und ist etwas irritiert darüber, dass die Bundesregierung das Gespräch mit den Kommunen nicht gesucht hat.
Wolfgang Schmidt ist als Staatssekretär im Bundesfinanzministerium zum Gespräch geladen. Er ist sehr optimistisch, dass das Konjunkturpaket seine Wirkung entfalten wird und dass bereits ab 2021 wieder mit einer leichten Erholung der Wirtschaft zu rechnen sein wird. Die Diskussionsteilnehmer*innen sind etwas irritiert, dass er die Langzeitfolgen der Krise erst im Rahmen der Bundestagswahl 2021 entschieden sieht. Gerade für den Kulturbereich ist die Diskussion für diese Richtungsentscheidung jetzt bereits notwendig und – so Skadi Jennicke – die Situation ist nach wie vor zu ernst, um jetzt an den Wahlkampf zu denken.
Als Vertreterin der Künstler*innen ist die Vorsitzende des Bundesverbandes Bildender Künstlerinnen und Künstler Dagmar Schmidt am Gespräch beteiligt. Im Unterschied zu den Positionen der Mitdiskutanten bleibt sie sehr im Hintergrund und liefert lediglich ein Stimmungsbild aus dem Kreis der Kreativen und Informationen zur Abwicklung von Antragsverfahren durch den Bundesverband.
Wie bereits seit Beginn der Krise überzeugt Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, durch seine realistische Sicht auf die Krise. Die im Programm »Neustart Kultur« der Bundesregierung festgeschriebene Verteilung der Gelder über die Kulturverbände, die lange erprobte Strukturen und Verfahren zur inhaltlichen Bewertung von Anträgen haben, geht auf seine Anregung zurück. Mit dem erreichten Zwischenziel zeigt er sich sehr zufrieden. Allerdings dämpft er die Hoffnung, dass mit einer Milliarde Euro die Branche gerettet ist. Er versteht diese nach wie vor als Form der Nothilfe, die der Branche wieder die Rückkehr zu einer »neuen Normalität« verhelfen kann. So lange aber den Kultureinrichtungen Besucherbeschränkungen auferlegt sind, werden sie nicht zum Alltag zurückkehren können.
Die Sendung bietet keine kontroversen Diskussionen, sondern vor allem ein Stimmungsbild und Einschätzungen aus der Branche. Einig sind sich die Gesprächsteilnehmer darüber, dass das Programm »Neustart Kultur« ein wichtiges, positives Signal an die Branche ist. Dennoch bedarf es es in Zukunft besserer Abstimmung zwischen Bund und Ländern gibt. Olaf Zimmermann zeigt wenig Verständnis für die aktuellen Soforthilferegelungen, wo es von Bundesland zu Bundesland andere Regelungen gibt.
Aktuell wird der Branche die Aufgabe zugewiesen, zur Selbstvergewisserung und -verständigung als Gesellschaft beizutragen. Dazu gehört auch, dass man sich gemeinsam ein Bild von der Krise macht. Skadi Jennicke  fasst die aktuelle Lage wie folgt zusammen: »Wir sind immer noch im Realisieren, noch nicht mal wirklich im Reflektieren und geschweige denn im aktiven Handeln und offensiv Gestalten.«  Was sie sich für die kommenden Wochen wünscht, ist nicht mehr nur zu reagieren, sondern die Zukunft wieder mitzugestalten. Diese Aufgabe kommt aber nicht alleine der Politik zu, sie muss vor allem auch von der Kunst übernommen werden: Diese muss Mittel bereitstellen, mit denen die Angst, die aktuell in der Gesellschaft herrscht, überwunden werden kann. Erst dann wird ein wirklicher Neustart möglich sein.

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tag Konjunkturpaket Neustart Kultur Kulturförderung Bundesregierung Verbände Kommunen
Alle Sparten Diskussion

Die vergessenen Selbstständigen

by Jagoda Marinic (12 Jun 2020)
Original source: Mannheimer Morgen

Aus Anlass des vom Kabinett zu verabschiedenden Konjunkturpaket denkt Jagoda Marinic über die Rolle der Solo-Selbständigen und Freiberufler nach, die in diesem Paket nicht bedacht werden. Darin sieht Marinic einen Widerspruch zur bisheringen Politik, wurde doch mit Gründerprogrammen und Workshops versucht, vor allem auch jungen Menschen die Selbständigkeit als Arbeitsmodell schmackhaft zu machen. Nun wird gerade diese Berufsgruppe nicht aufgefangen, die aus Solidarität gegenüber der Gesellschaft ein Berufsverbot akzeptiert hat - zu ihr gehören vor allem auch Künstlerinnen und Künstler, die oftmals nahe an der Scheinselbständigkeit beschäftigt sind. Noch scheint diese Gruppe keine Lobby zu haben, weshalt sie aktuell von der Bundesregierung vergessen wird.  Diese (jungen) Kreativen stehen zugleich für neue Arbeitsmodelle, die sie mit Leidenschaft und Risikobereitschaft verfolgen. Das gilt es auch in Zukunft zu fördern!

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tag Solo-Selbständige Konjunkturpaket Solidarität Arbeitsmodelle
Alle Sparten Tagebuch

Eight ways museums could make most of the coronavirus crisis . Failure to seize this opportunity to make changes would be a graver error than any breach of etiquette

by Adrian Ellis (11 Jun 2020)
Original source: The Art Newspaper

Dieser Artikel von Adrian Ellis geht aus einer Reihe von Gesprächen hervor, die er Anfang Mai 2020 mit Museumsdirektoren in New York, Salem, Buffalo und Kansas City geführt hatte. Alle sind sich darin einig, die Krise zu nutzen, um die Aufgaben eines Museums durch folgende Möglichkeiten neu zu definieren:
- Die Bemessung von Erfolg muss einer Neubewertung unterzogen werden.
- Die bisherigen Strategien für Ausstellungen und Bildungsprogramme müssen einer Revision unterzogen werden.
- Verstärkung der lokalen Anbindung der Mus een als »community anchors« durch Einbeziehung der Nachbarschaft und Vertiefung lokaler Partnerschaften.
- Pflege und Erweiterung der virtuellen Community.
- Die (konservative) Organisationskultur soll neu ausgerichtet werden auf die Schwerpunkte »mission and values«.
- Kunst soll nutzbar gemacht werden, um die Gesellschaft neu zu erfinden.
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tag Museum Neuausrichtung Museumspädagogik Strategie Digitalisierung
Bildende Kunst/Design Bericht

Das Eine-Milliarde-Euro-Baby

by Dirk Peitz (05 Jun 2020)
Original source: Zeit

Dirk Peitz geht der Frage nach, wie die Krise der Kultur in Deutschland genau zu beschreiben ist und wer aktuell die Kosten trägt, die in der Kulturbranche entstehen.
In den ersten Monaten der Krise hat die öffentliche Hand mit Soforthilfen Solo-Selbständigen und bislang nicht subventionierten Einrichtungen über die Krise hinweggeholfen. Im Kulturpaket sind nun Hilfen für Kultureinrichtungen vorgesehen. Eine Milliarde wird aber nicht ausreichen, um die Kulturszene und das Kulturangebot wie wir es aus Vor-Corona-Zeiten kennen, aufrecht zu erha lten.
Aber: Der Bund kann nicht alle Verluste von Privatunternehmen auffangen – zumal Länder und Kommunen die zentralen Kulturförderer in Deutschland sind. So sind die Gelder aus dem Kulturpaket vor allem für Kosten für die Einhaltung von Hygieneregeln, Privattheater, Kinos und Filmproduktion vorgesehen.
Die entscheidende Frage: Was kann man und was will man erhalten, wurde bislang nicht gestellt. Beantwortet werden kann sie erst, wenn absehbar ist, wie langanhaltend die Wirtschaftskrise die öffentlichen Kassen beeinträchtigen wird. Da die Kulturbranche in Unterschied zur Lufthansa keine überragende strategische Bedeutung hat, wird sie nie solch hohe Fördersummen erhalten, wie sie anderen Branchen und Unternehmen zugestanden wird.
Die »latent fehlende Systemrelevanz« wird nun zum Problem, kann die Kultur doch nicht nachweisen, dass sie als »Lebensmittel« oder »Wirtschaftsfaktor« von zentraler Bedeutung für unsere Gesellschaft ist. Was aktuell nicht ins Wohnzimmer gestreamt werden kann, spielt keine Rolle. Und so zeigt Peitz auf, warum Kultur nun gerade keine vegetative Grundbedürfnisse befriedigt, ihren Konsument nicht einmal zu einem besseren Staatsbürger macht.
Aber – so erläutert er das Paradox – obwohl die Kultur ein »totales Luxusprodukt« ist, ist sie auch zugleich ein elementares Medium. Sie ermöglicht es dem Gemeinwesen, sich über elementare Werte zu verständigen.
Noch gibt es keine belastbaren Zahlen, wie stark wiedereröffnete Museen, Kinos, Konzerthallen und Clubs nachgefragt sind. Auch bislang waren es nur rund 10 Prozent der Bevölkerung, die mindestens einmal im Monat eine Kultureinrichtung besucht haben. Allerdings zählt die Kulturbranche rund 1,7 Millionen Beschäftigt. Die Zahl findet Dirk Peitz so überzeugend, dass er am Ende doch für eine pragmatische Kulturpolitik plädiert. Die schiere Menge scheint auch zu gewährleisten, dass ab und an gute Kunst entstehen kann. Noch stehen die Karten gut, dass die Kulturbranche weiterhin unterstützt wird – wenn der Druck der Wirtschaftskrise zu groß wird, könnte es aber durchaus sein, dass die Karten neu gemischt werden….
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tag Monika Grütters Konjunkturpaket Kulturförderung Systemrelevanz
Alle Sparten Analyse

Warum wir das Kino brauchen

by Edgar Reitz (04 Jun 2020)
Original source: Die Zeit

Im digitalen Zeitalter hat sich das Verhältnis von Privatheit und Öffentlichkeit radikal geändert. Sind wir auch in den privatesten Räumen jederzeit erreichbar, so sind Theater, Museen, Bibliotheken und Kinos zu den wenigen Orten geworden, an denen wir offline sind. Während der Corona-Krise war man daher den Datenströmen schutzlos ausgeliefert. Dennoch bleibt die körperliche Erfahrung zentral für das Menschsein, zu der auch die Sterblichkeit gehört. In der arbeitsteiligen Gesellschaft gibt es nun zunehmend Bereiche, in denen k örperliche Produktionsprozesse keine Rolle mehr spielen. Diese benennt Reitz als Teil von Regierungs- und Herrschaftsinstrumenten. Zentrale Bedeutung für unser Menschsein weist er aber den Bereichen zu, in denen konkrete Tätigkeiten ausgeübt werden - im gemeinsamen Essen, dem Umgang mit Kindern oder eben in den Künsten. 
Auf der Basis dieser Überlegungen reflektiert Reitz die Bedeutung des Kinos in der Gegenwart: Wie wenige andere Orte bieten die Kinos in der Gegenwart einen Offline-Raum, in dem wir ganz bei uns selbst sind. Trotz des Filmerlebens in der Gemeinschaft fühlen wir uns hier als Individuum. Diese Chance muss das Medium Kino ergreifen, die Räume entsprechend gestalten und mit den übrigen Kulturangeboten in einer Stadt vernetzen. So können neue Veranstaltungskonzepte entstehen, die beispielsweise Künstler, Ausstellungen, Festivals, etc. mit einbinden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass es nicht die Technik ist, die das Erleben beeinflusst, sondern der gesellschaftliche Rahmen. Die Zeit des Lockdowns, die für Kinos unter Umständen noch lange andauern kann, sollte genutzt werden, um solche Ideen reifen zu lassen und das Kino auf seine neue Aufgabe vorzubereiten. 

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tag Kino Offline-Raum Lebendigsein
Darstellende Kunst Gastbeitrag

Elend und Energie . Musik in Corona-Zeiten

by Eva Blaskewitz (02 Jun 2020)
Original source: Deutschlandfunk

Eva Blaskewitz nimmt die Zuhörer der Musikszene im Deutschlandfunk mit auf eine Reise durch die Musiklandschaft während der Coronakrise. Sie spricht mit der Sängerin Christiane Karg, die sich ohne Aussicht auf einen baldigen Auftritt stumm fühlt, und mit dem Vision String Quartett, das gerade die Release-Tour zur ersten CD absagen musste. Die jungen Musiker nutzen die Absage, um an ihrer nächsten Platte zu arbeiten. Wie so viele andere freischaffenden Musiker*innen haben sie aber aktuell kaum Einnahmen.
Die Absage aller Konzerte trifft abe r nicht nur die Musiker*innen. Konzertagenturen sind aktuell vor allem mit der Abwicklung nicht stattgefundener Veranstaltungen beschäftigt. Auch wenn die Branche sich über die neue Solidarität unter den Mitgliedern freut, planen lässt sich im Moment nur schwer, da es nach wie vor keine Vorgaben für den Herbst gibt. Ähnlich sieht es in der Kölner Philharmonie oder im Berliner Konzerthaus aus. Hier versucht die Marketingabteilung mit vielfältigen Onlineangeboten den Kontakt zum Publikum zu halten, allerdings ist man sich durchaus bewusst, dass schlecht ausgeleuchtete Streamings aus dem Wohnzimmer nicht den Ansprüchen der Häuser entsprechen. Professionelle Aufnahmen sind aber teuer und in Anbetracht der großen Einnahmeverluste – alleine im Berliner Konzerthaus belaufen sie sich auf 2 Millionen Euro – können sich die Häuser diese kaum leisten.
Gewinner der Krise sind auch in der Musikbranche Streamingdienste. Das auf klassische Musik spezialisierte Startup Idagio hat nicht nur ein breites Spektrum an Aufnahmen im Programm, mit Beginn der Coronakrise wurden auch hier neue Formate entwickelt. Neben Einführungen in Konzerte mit prominenten Musikern wird aktuell an Onlinekonzerten gearbeitet, an denen die Zuhörer*innen mit einer gelösten Eintrittskarte von Zuhause live teilnehmen können.
Neue Konzertformate entstehen aber nicht nur im Internet. Orchester gehen zu ihren Publikum, spielen auf öffentlichen Plätze oder Innenhöfen. Auch Balkonkonzerte professioneller Musiker*innen gibt es in der einen oder anderen Nachbarschaft. Edward Runge und Jacques Ammon, die regelmäßig für ihre Nachbarn spielen, sind sich einig: »Nichts ersetzt das Livekonzert und das gemeinsame Erleben als Publikum.«

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tag klassische Musik Absagen Honorare Konzerthäuser Konzertagenturen Onlineangebote Balkonkonzerte Idagio
Musik Bericht

Schauspielerin Stephanie Lexer über Art ist relevant . Wie wichtig ist Kunst?

by Stephanie Lexer (31 May 2020)
Original source: Nachrichten München

Kunst und Kultur ist in unserem Alltag ständig präsent. Ob es die Musik ist, die wir im Radio hören, die Serie, die wir am Abend sehen oder das Buch, das wir lesen. In der Corona-Krise haben sich viele der Akteur*innen nicht wahrgenommen gefühlt. Nicht nur wurde Kunst und Kultur nicht als systemrelevant eingeschätzt, auch der einzelne hatte das Gefühl, dass seine Arbeit nicht geschätzt wird. Die Initiative »Art ist relevant« sieht darin ein Symptom unserer Zeit, dass durch die Corona-Krise verstärkt wird. Die Wertsch&au ml;tzung für Kunst und Kultur sinkt in der Gegenwart immer mehr. Das muss sich ändern! Gleichzeitig muss sich aber auch die Branche bewusst werden, dass sie das Denken und Handeln der Gesellschaft maßgeblich prägt und damit auch die Verantwortung hat, sich Gedanken zu machen, wie unsere Welt aussehen soll.
Die Schauspielerin Stephanie Lexer ist Mitinitiatorin der Initiative »Art ist relevant«, die sich aber nicht als reine Corona-Initiative verstehen möchte, sondern sich auch darüber hinaus für die Belange von Kunst und Kultur einsetzen wird. Ein Beispiel ist hier die kritische Hinterfragung von Onlineangebote. Oft entsteht der Eindruck, dass die Arbeit von Künstler*innen aller Sparten als Hobby verstanden wird, das problemlos online zur Verfügung gestellt werden kann. Dabei handelt es sich auch hier um einen Beruf, mit dem der Lebensunterhalt verdient werden muss.
Im Interview berichtet Lexer auch, über ihre Erfahrungen während des Lockdowns. Als Schauspielerin ist sie viel unterwegs und trifft Menschen. Der fehlende Austausch, das befruchtende Gespräch hat sie am meisten vermisst. Darüber hinaus ging die Phase des Lockdowns weit über die Planungsunsicherheit hinaus, mit der Künstler*innen in ihrem Alltag umgehen müssen. Dadurch dass kein Ende absehbar war, war die Akquise neuer Aufträge unmöglich. Auch aktuell können die Produktionsfirmen nur schwer planen und Termine werden immer wieder verschoben. Hinzu kommt, dass das zwischenmenschliche Zusammenleben dauerhafter gestört zu sein scheint: Die energetische Distanz zwischen den Menschen ist auch im persönlichen Kontakt spürbar.
Zum Abschluss des Gesprächs verweist Lexer auf die Notwendigkeit Kunst und Kultur in der Krise zu unterstützen: Viele Initiativen wurden in den letzten Monaten gestartet, um die Existenz von Kulturanbieter wie Kinos und Theatern vor Ort zu sichern Hierzu gehört auch, nicht alles im kostenlosen Onlinestreaming in Anspruch zu nehmen, sondern auch die Bereitschaft zu zeigen, für Angebote im Internet zu bezahlen. Vor allem die Einrichtungen, die nicht staatliche gefördert sind, sind auf diese Form der Unterstützung dringend angewiesen.

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tag Systemrelevanz Wertschätzung Onlineangebote Filmproduktion Stephanie Lexer Kulturförderung
Alle Sparten Video-Interview

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The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

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Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

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