y

Quo vadis ars?

In zahlreichen Interviews, Corona-Tagebüchern, Kommentaren und Berichten wurde in den letzten Wochen die Situation der Kulturbranche beschrieben und diskutiert. Unsere kommentierte Sammlung von mittlerweile 193 Quellen versammelt Stimmen aus unterschiedlichen Sparten und Medien. So entsteht ein Bild der Kulturlandschaft in der Krise, deren zeitliche Wandlung interaktiv über eine eigene Tag-Cloud erdkundet werden kann.


 

Kinos in Not . Betreiber fordern finanzielle Hilfen – und blicken neidisch nach Bayern

by Tim Spark (05 Sep 2020)
Original source: Handelsblatt

Die Filmwirtschaft leidet unter der Corona-Krise. Vor allem die Kinobetreiber sehen nicht, wie sie langfristig ihr Programmangebot aufrecht erhalten können. Michael Pawlowski, Mitgesellschafter der Filmpalast-Gruppe berichtet von einem Besucherrückgang von 50 Prozent in Nordrhein-Westfalen. In Bundesländern mit strikteren Besucherregeln – in NRW muss lediglich ein Sitzplatz freigelassen werden – ist der Rückgang noch gravierender. Damit wird der Kinobetrieb aktuell aus Reserven betrieben, da die Einnahmen zur Deckung nicht ausreichen.
> Diese Situation haben 68 mittelständische, familiengeführte Kinobetriebe sich in einem offenen Brief an Monika Grütters zu wenden. Die Kinobetreiber benötigen finanzielle Unterstützung und eine Lockerung der Hygieneregeln. Da die Kinosäle gut gelüftet sind und die Besucher*innen während der Vorstellung nicht sprechen, ist die Ansteckungsgefahr laut einer Studie des Hermann-Rietschel-Instituts der Technischen Universität Berlin im Kino geringer als im Büro.
Aber es sind nicht nur die Abstandsregeln, die den Kinobetreibern das Leben schwer machen. Die Filmvertreiber halten aktuell Filmstarts zurück, da die Besucherzahlen aktuell wenig attraktiv sind.
Zwar hat die Kulturstaatsministerin bereits Mittel für die Unterstützung von Kinos freigegeben, diese sind aber an Umbau-, Modernisierungs- und Ausstattungsmaßnahmen gebunden und helfen daher im aktuellen Liquiditätsengpass nicht, um die Kinos zu retten.
In Bayern gibt es aktuell ein Hilfsprogramm, das den Kinobetreibern für jeden Besucher, den sie weniger haben als im vergangenen Jahr, eine Ausgleichszahlung leistet. In den anderen Bundesländern sieht man mit diesem Modell die Chance, so zumindest die Fixkosten der Häuser zu decken und ein Kinosterben zu verhindern.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Kinobetreiber Filmwirtschaft Neustart Kultur Filmproduktion Monika Grütters Hygieneregeln
Darstellende Kunst Bericht

Von Zombies, Würmern und Corona auf dem Land . Lola Randl über „Die Krone der Schöpfung“

by Lola Randl, Frank Meyer (28 Aug 2020)
Original source: Deutschlandfunk Kultur

Lola Randel hat mit ihrem Roman »Die Krone der Schöpfung« einen der ersten Pandemieromane geschrieben. Der Roman spielt in einem Dorf und thematisiert neben dem Leben mit und in der Natur den Umgang mit der Pandemie, die in Form von Städtern, die in ihren Ferienhäuser flüchten, in die Dorfidylle einbricht. Ob die Ich-Erzählerin tatsächlich infiziert ist, bleibt offen. Der Roman besteht kurzen kleinen Kapiteln besteht, die am Ende noch einmal in einem Register aufgeführt sind. Die fast lexikalischen Kapitel geben dem fiktiona len Text eine Struktur. Die Lexikonkapitel helfen der Erzählerin die Lage zu fassen. Die Struktur der Lexika gibt aber auch der Erzählerin Halt, die sich bei ihren Recherchen im Internet verliert. Randel findet somit ein erzählerisches Bild dafür, wie sich viele zu Beginn der Pandemie in einem Flickenteppich von Bildern Informationen im Netz besorgt haben.
Die Erzählerin arbeitet an einer Zombiegeschichte, weshalb die Untoten eine wichtige Rolle in der Erzählung nehmen. Dabei haben sie ein metaphorische Rolle stehen sie doch für den Virus als den kleinste Zombie, den kleinste Untoten. Die Autorin zeigt sich im Gespräch selbst überrascht, dass die Zombieerzählung am Ende einen so großen Raum im Roman eingenommen hat.
Das Motto des Romans ist ein Gedicht aus dem Barock. Die Sterblichkeit, die der barocke Autor Andreas Gryphius thematisiert, ist eine Gegenposition zur Verdrängung des Todes in der Gegenwart. In Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit des Lebens stellt sich die Autorin in Bezug auf die Pandemie die Frage, wie die gesellschaftlichen Reaktionen auf die aktuelle Gefährdung zu erklären sind.
Erzählen, so weckt das Interview den Eindruck, ist bei Randel von Emotionen und Erfahrungen gesteuert. Themen und Motive drängen sich beim Erzählen auf und erhalten Raum im Roman. Ob der Umgang mit der Pandemie im Narrativ ebenso unreflektiert ist, wie es die Autorin glauben machen möchte, müssen die Leser*innen wohl selbst in Erfahrung bringen.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Corona-Roman Zombies Gesellschaft Metapher
Wort Interview

Es sieht düster aus, bilanziert die Schweizer Museumsbranche . Corona-Folgen für Museen

by brik/kusv (10 Aug 2020)
Original source: Radio SRF 2 Kultur

»Es ist schlimm, was man einfach so informell sieht und hört.«, so kommentiert Tobia Bezzola, Präsident des Schweizer Verbandes der Museumsfachleute ICOM, die Lage der Museen in der Schweiz. 50 bis 80 Prozent Einbruch bei den Besucherfrequenzen  sind zu verzeichnen. Standort, Art der Finanzierung und der Anteil der überregionaler Besucher*innen entscheiden aktuell über die Höhe der Verluste.
Es wird eng, sagt Claudia Rütsche, Direktorin des Wissenschaftsmuseums Kulturama in Zürich. Sie wartet noch auf die Rü ckmeldung zur Corona-Kompensation, die sie beim Kanton Zürich beantragt hat. Sollte sie keine Gelder erhalten oder die Krise länger andauern, dann wird sie Mitarbeiter entlassen müssen. Aktuell hat sie kein Budget, mit dem sie rechnen kann; Zukunftspläne kann sie keine machen.
Ähnlich geht es auch Tobia Bezzola, der auch Direktor des Museo d'arte della Svizzera Italiana MASI ist. Das Museum ist zu einem großen Teil vom Kanton Tessin und der Stadt Lugano finanziert, daher muss er nicht um den Bestand des Hauses führen. Allerdings sind während der Krise sind die Besucherzahlen um 90 Prozent zurückgegangen. Vernissagen und keine exklusive Veranstaltung für Sponsoren können nicht durchgeführt werden. So fallen neben den Eintrittsgeldern weitere Einnahmen aus.
Das Naturmuseum St. Gallen ist in einer vergleichsweise komfortablen Lage. Das Museum ist nicht nur von der Stadt finanziert, es hat in den letzten drei Jahren Gewinn zudem gemacht und Rücklagen gebildet. Dennoch blickt auch der Direktor Toni Bürgin besorgt in die Zukunft. Reserven angreifen, um Löcher zu stopfen, ist nur einmalig möglich. Für die Zukunft muss in allen drei Häusern wird über Sparmöglichkeiten nachgedacht, was letztendlich bedeutet, dass das kulturelle Angebot reduziert werden müsste, wenn die Corona-Folgen längerfristig spürbar blieben.  

Mehr lesen Weniger lesen

tag Museen Besucherzahlen Finanzen öffentliche Finanzierung Claudia Rütsche Tobia Bezzola Toni Bürgin
Bildende Kunst/Design Bericht

Berliner Künstler: Jetzt gehen sie für mehr Corona-Hilfe auf die Straße

by Florian Thalmann (08 Aug 2020)
Original source: Berliner Kurier

Die Künstler*innen waren die ersten, die nicht mehr arbeiten durften. Sie werden die letzten sein, die wieder in einen normalen Alltag zurückkehren werden. Dennoch gibt es für die Berufsgruppe der selbständigen Künstler*innen und alle abhängigen Beschäftigen keine Unterstützung. Zwar wurde in Berlin zu Beginn der Krise ein Soforthilfe in Höhe von 5.000 € ausbezahlt, seither gibt es aber für diese Berufsgruppe nur die Möglichkeit, Hilfe für laufende Betriebsausgaben zu beantragen. Lebenshaltungskosten kö ;nnen nur über Hartz IV beantragt werden. So haben sich viele Künstler*innen bereits nach anderen Jobs umgesehen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. So ist das kritische Potential der Berufsgruppe gebunden. Mit einer Demonstration am Sonntag, den 9. August 2020 haben die Berliner Künstler*innen auf ihre Situation hingewiesen. Sie fordern ein Existenz-Geld, das es ihnen ermöglicht, die Krise zu bewältigen, bis sie wieder in ein normales Leben zurückkehren können.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Künstler Hilfe Jetzt Demonstration Existenz-Geld Hartz IV
Alle Sparten Bericht

Durchs Raster gefallen . Kulturschaffende in Coronakrise

by Sabine Seifert (29 Jul 2020)
Original source: taz

Drei Monate nach einem ersten Gespräch zu ihrer persönlichen Situation als Künstler*innen während des Lockdowns trifft sich Sabine Seifert wieder mit einem Sänger, einer bildenden Künstlerin, einem Schauspieler und einer Museumspädagogin, um mit ihnen über ihre Erfahrungen während der Corona-Krise zu sprechen.
Die Arbeitsbedingungen sind für die Künstler*innen nach wie vor alles andere als optimal. Der Tenor Wilko Reinhold gibt nach wie vor kein Präsenzunterricht, weil die Corona-Auflagen ihn unheimlich v iel Zeit kosten würden. Der Schauspieler und Regisseur Sascha Oliver Bauer finanziert sich überwiegend durch Synchronsprechen. Er hat die letzten Monate von der Grundsicherung gelebt und hat jetzt den ersten längerfristigen Auftrag erhalten. Das soziale Netz, das es ihn Deutschland gibt, weiß er sehr zu schätzen. Soforthilfe und Grundsicherung haben ihm geholfen, die letzten Monate finanziell zu überstehen. So einfach aufgefangen wurden leider nicht alle Antragsstellenden, da die Sachbearbeiter*innen die vereinfachte Antragsstellung recht unterschiedlich verstanden. Hinzu kommt, dass die Anträge auf Grundsicherung sich lediglich um rund ein Viertel erhöht haben. Aufgrund des schlechten Nimbus von Hartz IV schreckten viele vor einem Antrag zurück.
Auch die Anträge für Solo-Selbständige berücksichtigen die Lebens- und Arbeitsbedingungen von Künstler*innen auch nach drei Monaten nicht, beklagt  Veronika Mirschel vom Referat „Selbstständige“ bei der Gewerkschaft Verdi. Nicht nur dass in vielen Bundesländern die Lebenshaltungskosten nicht als Betriebskosten angesehen werden dürfen, ist ihr ein Dorn im Auge, auch die Tatsache, dass in der zweiten Antragsrunde die Anträge nur noch von Steuer- oder Wirtschaftsprüfern gestellt werden dürfen, gehe völlig an der Realität kleiner und mittlerer Unternehmen vorbei. Die Aufteilung der Hilfen durch die Bundesregierung empfindet auch Heidi Sill, Sprecherin des bbk berlin, als ungerecht. Während für Kurzarbeiter die Hilfen aufgestockt werden, fühlen sich die Solo-Selbständigen alleine gelassen.
Zwar ist der Beruf des Künstlers/der Künstlerin grundsätzlich mit Unsicherheit verbunden, aber aktuell haben sich die Rahmenbedingungen radikal geändert. Niemand kann mit Sicherheit voraussagen, wie sich die Pandemie entwickelt. Wann wieder welch Veranstaltungsformate möglich sein werden.
Eine besonders schlechte Stellung haben in dieser Zeit die Museumspädagog*innen. Sie wurden in den letzten Jahren zunehmend in die Solo-Selbständigkeit abgedrängt, da die Häuser keine festen Stellen mehr vergeben. Da ihr Beruf als Gewerbe gilt, sind sie nicht nur umsatzsteuerpflichtig, sie können auch nicht in die Künstlersozialkasse aufgenommen werden. Wann wieder Führungen angeboten werden können, ist in vielen Bundesländern nach wie vor unklar. Größere Gruppenführungen wird es in absehbarer Zeit wohl keine geben.
Olaf Zimmermann, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, verweist darauf, dass sich die Arbeitsstrukturen auf den Kulturmarkt in den letzten Jahren verändert haben. Es gibt zwar weniger Künstler*innen, aber mehr Solo-Selbständige im Bereich kultureller Bildung, Management und in der Technik. Die Kulturpolitik hat es versäumt den prekären Strukturen, die hier entstanden sind, entgegen zu wirken. Grundsätzlich müsste man darüber nachdenken, so Olaf Zimmermann, ob der klassische Unternehmerbegriff auf Kunst- und Kulturschaffenden noch zutrifft – zumal sie einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft leisten.
Wie kann Solidarität unter Künstler*innen – nicht nur in der Corona-Krise – aussehen? Das ist eine Fragestellung, mit der sich das Sheshepop Kollektiv schon länger beschäftigt, die nun aber drängender wird. Das Kollektiv wird in die neue Spielzeit mit einer Produktion im HAU (Hebbel am Ufer) starten. Bis dahin sind alle Rücklagen aufgebraucht, aber die Begeisterung über die einmaligen Probebedingungen auf der Originalbühne lässt über die finanzielle Misere hinweg positiv in die Zukunft blicken.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Soforthilfe Grundsicherung Solidarität Verdi bbk Elisabeth Anschütz Sascha Oliver Bauer Ka Bomhardt Wilko Reinhold Olaf Zimmermann
Alle Sparten Bericht

Der verzögerte Kulturinfarkt . Resilienz des Kulturbetriebs

by Dieter Haselbach, Pius Knüsel (27 Jul 2020)
Original source: Kulturmanagement

Die Corona-Krise macht die Zweiklassengesellschaft im Kulturbetrieb sichtbar. Während die öffentlich finanzierten Einrichtungen zwar Einnahmeverluste hinnehmen müssen, sind die Jobs der teilweise in Kurzarbeit befindlichen Mitarbeitern sicher. Die öffentlichen Kassen übernehmen die auflaufenden kosten. Anders sieht es im privat finanzierten Bereich aus. Vom Theater über Kinos bis zu Klubs stellt sich die Frage, wie lange die Kapitaldecke ausreichen wird und ob die öffentlichen Hilfen ausreichen, um über die Krise zu kommen. Die Ple itewelle wird nicht ausbleiben. Selbständige Künstler*innen und ihre Hilfsberufe sind die Leidtragende der Krise, vor allem wenn ihre Tätigkeit Publikum voraussetzt: Live-Musiker*innen, Schauspieler*innen, Tontechniker*innen, Festivalmitarbeiter*innen, Kulturpädagog*innen, Honorarkräfte in Musikschulen und Puppenspieler*innen. Diese »unerschöpfliche Reservearme für die Institutionen« war bereits vor der Krise schlecht bezahlt. Da das Einkommen nur für die laufenden Lebenskosten ausreichte, führt dessen Wegfall direkt in eine existentielle Krise.
In Anbetracht der Tatsache, dass bereits vor der Krise über den Publikumsschwund in Kultureinrichtungen und den Bedeutungsverlust der Museen diskutiert wurden, sind die Verfasser über einen Beitrag von Tobias J. Knobloch, Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, irritiert, der anmahnte, die öffentliche Finanzierung auszuweiten, um die Krisenfolgen für den Kulturbetrieb abzuwenden. In diesem Zusammenhang spricht er auch von Resilienz.
Hierbei darf nicht vergessen werden, dass in der Krise die große Zeit der Kulturverbände ist. Sie versuchen nun, einen Teil von den öffentlichen Geldern abzubekommen. Anders sieht es bei den Solo-Selbständigen aus, die durch die Förderraster der Bundes- und Landesregierungen fallen. Die Kulturverbände wehren sich in dieser Situation dagegen, dass der Zugang zum ALG II der einzige Ausweg aus dieser Misere sein soll. Lediglich Olaf Zimmermann vom Deutschen Kulturrat mahnte, dass der Zugriff auf das soziale Sicherungssystem ein Segen sein, der seit vielen Jahren vier Millionen Menschen zugemutet wurde. Warum also nicht als Künstler*in in Krisenzeiten auf das soziale Netz zugreifen?
Hier kommen die Autoren zum Hauptpunkt ihres Beitrags: Viele Künstler*innen verfügen nicht über ein Geschäftsmodell, das tragfähig wäre und Rücklagen und eine sinnvolle Alterssicherung vorsieht. Krisen- und Altersvorsorge auf später zu verschieben, ist kein Modell mit Zukunft. Auch wenn der Staat aktuell freigiebig ist, muss im Kulturbereich nachhaltiges Wirtschaften Einzug halten.
Aber auch in den öffentlichen Einrichtungen offenbart die Krise des Systems. Da im öffentlichen Bereich keine Rücklagen gebildet werden dürfen, operieren die Einrichtungen immer am Rande der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Andererseits folgt man den Null-Imperativ. Es werden keine Risiken eingegangen, d.h. aber im Umkehrschluss auch, dass keine Veränderungen möglich sind.
Aktuell wird jeglicher Kritik mit dem Hinweis auf die Corona-Krise begegnet. Dennoch stellt sich die Frage, ob die gewählten Förderinstrumente zielführend sind.
In ihrem Ausblick gehen die Autoren davon aus, dass die großen staatlich finanzierten Häuser die Krise überstehen werden, viele Soloselbständige und privat finanzierte Häuser aufgeben werden. Auch der Kulturtourismus wird 2021 wieder einsetzen. Die einzige Chance der Akteur*innen besteht darin, sich neue Handlungsspielräume zu erarbeiten. Einen Kulturinfarkt vermeiden kann man aktuell nur, wenn die Förderinstrumente und Organisationsprinzipien überdacht werden und die Digitalisierung vorangetrieben wird.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Museen Kulturförderung Soforthilfe Solo-Selbständige Hartz IV Olaf Zimmermann Tobias J. Knobloch
Alle Sparten Bericht

Macht die Theater zu – und fangt von vorne an . Theater als Gesellschaftslabor

by Björn Bicker (20 Jul 2020)
Original source: BR Kultur

Das im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie gerne verwendete Schlagwort von der »Krise als Chance« sieht Björn Bicker als eine der letzten Möglichkeiten, die deutschsprachige öffentlich finanzierte Theaterlandschaft zu retten. Seine Analyse der Lage ist schonungslos: An den überwiegend von Despot*innen geführten Häusern wird nur noch für eine Parallelgesellschaft gespielt. Die weiße, gut situierte Mittelschicht lässt sich von einer immer diverser werdenden Gesellschaft ihre Theater finanzieren.
Die Zwangspa use, die mit dem Lockdown eingeläutet wurde, hätte als Denkpause genutzt werden können. Der Stillstand war eine Möglichkeit, über die Bedingungen des eigenen Arbeitens nachzudenken. Aber statt sich der Frage zu widmen, wie ein Theater von Morgen aussehen könnten, verfielen viele Häuser in einen digitalen Hyperaktionismus. Lesungen, kurze Szenen bis hin zu ganzen Aufführungen wurden ins Netz gestellt. Noch ist die Chance nicht vergeben. Statt sich weiter einem Aktionismus hinzugeben, der die Gesellschaft nicht erreicht, sollte der Spielbetrieb noch etwas aussetzen. In dieser Zeit kann nicht nur zu einem neuen Miteinander in den Häusern gefunden werden, sondern auch an runden Tischen der Dialog mit einem diversen Publikum gesucht werden. So können Konzepte für ein Theater von Morgen entstehen. Die Utopie, die Bicker entwirft, ist die des Stadttheaters als Prototyp gesellschaftlicher Entwicklung. Ob es tatsächlich eine Utopie bleibt, liegt an den Institutionen selbst.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Theater Denkpause Krise als Chance
Darstellende Kunst Zwischenruf

Nach dem Stillstand die Besinnung?

by Till Briegleb (07 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

Die coronabedingten Schließungen bedeuten für die großen deutschen Museen in Dresden, Berlin, Hamburg, München oder Köln Einnahmeverluste in Millionenhöhe. Auch die schnelle Wiedereröffnung der Häuser kann daran wenig ändern. Wenn in einer Woche so viele Besucher*innen kommen, wie vor dem Lockdown an einem Tag, sind die Museen schon glücklich. Nach wie vor fürchten sich die Menschen vor Räumen mit großer Anziehungskraft. Dazu kommt, dass die Zahl der Städtereisenden noch sehr gering ist. Da sie bis zu 75 Prozent der Museumsbesucher ausmachen, haben viele Häuser nach wie vor reduzierte Öffnungszeiten und leere Kassen. Alarmiert sind die Leitungen der Museen allerdings bislang nicht. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie aktuell das Gefühl haben, vom Staat unterstützt zu werden. Im Gegensatz zur Entlassungswelle in Amerika können zumindest die fest angestellten Mitarbeiter*innen sich auf die staatliche Unterstützung verlassen. Selbst auf das Mittel der Kurzarbeit haben nur wenige Häuser zurückgegriffen. Stattdessen sucht man nach anderen Mitteln der Einsparung: Auf abendliche Beleuchtung wird beispielsweise am Kunstmuseum Stuttgart verzichtet, um das Defizit im Haus zu verringern.
So sicher der Alltag für die Festangestellten ist, umso bedrohlicher ist die Lage für Solo-Selbständige vom Grafiker über Autorinnen und Autoren bis zu externen Aufbauhelfern. Wurden sie bislang nur mit Niedrigstlöhnen entlohnt, so bleibt ihnen nur der Hartz-IV-Antrag, um über die Runden zu kommen. So ist es nicht nur der Ruf nach Ausstellungshonoraren für Künstler*innen, sondern auch die Unterstützung für die abhängig Beschäftigten, die dringend diskutiert werden muss. Der Ruf nach einer Tourismusabgabe für die Museen ist nur eine Forderung, die es ermöglichen könnte, hier Abhilfe zu schaffen.
Aber nicht nur die Frage der Finanzierung treibt die Mitarbeiter in den Museen aktuell um, sondern es scheint vielmehr ein strategischer Nachdenkprozess angestoßen zu sein, denn die Häuser müssen auf die geänderten Rahmenbedingungen reagieren. Marion Ackermann, Direktorin der Staatlichen Kunstsammlung zu Dresden betont, dass die hauseigene Forschung, der Ruf nach staatlichen Ankaufsetats, die Entwicklung digitaler Formate sowie die Konzentration auf die eigenen Sammlungen  positive Impulse für die Arbeit in den Museen geben. Bereits vor dem Lockdown hatte Ackermann für ihre Häuser ein » Museums-Sabbatical « für das Jahr 2023 ausgerufen, in dem die Dresdner Museen sich aus dem Hamsterrad befreien und neue Konzepte entwickeln sollten. Die positive Kraft, die sich Ackermann von dieser Auszeit versprochen hat, ist jetzt bereits zu spüren. Der Blick auf das Konstruktive ermöglicht es, von der Frage der Finanzierung abzulenken. Und so werden viele Häuser aus der Not eine Tugend machen und sich wieder mehr auf Inhalte konzentrieren als auf große Namen.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Museen Finanzen Marion Ackermann Hartz IV Neuausrichtung Sammlung
Bildende Kunst/Design Bericht

Pro: Kunst ist Kulturverständigung - und deshalb politisch . Pro und Contra Kulturreisen

by Nicolas Freund (05 Jul 2020)
Original source: Süddeutsche Zeitung

War Kunst früher ein Mittel, um Herrschaft zu symbolisieren, so ist sie in der Gegenwart befreit. Die Originale werden zunehmend überflüssig, wohingegen ihre Reproduktionen in unterschiedlichen Medien und Kontexten auftauchen. Liberalisierung und Demokratisierung haben aber auch zur Folge, dass die Originale im Museum für die Allgemeinheit zugänglich werden.  Nachdem das Auswärtige Amt die Reisewarnung für eine ganze Reihe von Ländern aufgehoben hat, stellt sich die Frage, ob es ausreicht, wenn die Kunst zuhause verfügbar ist. Online durch ein Ausstellungshaus zu flanieren, ist nicht mit dem Erlebnis der Originalarbeiten zu vergleichen.
Folgt man der von dem Schriftsteller John Berger in seinem Essay »Ways of Seeing« formulierten These, so ist die Betrachtung von Kunst nicht nur ein demokratischer Akt, sondern gerade aufgrund der Lösung von der herrschenden Kaste auch ein Ort der Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Der Perspektivwechsel in der Gegenwart macht die Kunst zugleich zu einem idealen Ort für die Verhandlung gesellschaftlicher Diskurse. Damit haben auch die Kunstreisen eine ganz andere Bedeutung als ein Badeurlaub – sie sind Bildung und Kulturverständigung. Wenn die Sicherheitsvorkehrungen eingehalten werden, ist die Infektionsgefahr relativ gering – ganz beherrschbar wird sie nicht sein. Jetzt die Lage auszusitzen, ist keine realistische Lösung.
Darüber hinaus darf nicht vergessen werden, dass Ausstellungen und Messen auch ein intellektuelles Forum für die lokale Kunstszene bildet, die ebenso von den Kulturtouristen profitiert wie freie Kultureinrichtungen, für die die Krise im Unterschied zu den staatlich subventionierten Häusern existenzbedrohend ist. Das Privileg an Kunstveranstaltungen teilhaben zu können, darf nicht leichtsinnig aufgegeben werden, nur weil es im Moment etwas schwieriger ist, die Bedingungen zu schaffen.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Bildende Kunst Kulturtourismus Original Demokratie Austausch
Bildende Kunst/Design Diskussion

Solidarität in der Krise . Die Online-Plattform »Artist in the Box«

by Susanna Schürmanns (04 Jul 2020)
Original source: WDR

Was wäre eine Gesellschaft ohne Kunst? Was würde passieren, wenn alle Künstler*innen ein Jahr lang streiken würden? Das ist im Moment ein Gedanke, der die Bedeutung der Kunst für die Gesellschaft und ihr kritisches Potential eindrücklich deutlich macht. Joggen ohne Musik – das würde vielen schnell klar machen, dass da etwas Wichtiges fehlt. Die Situation der Künstler*innen in NRW ist dramatisch. Viele der freischaffenden Künstler kämpfen ums Überleben. Das Projekt “Artist in the box‟ möchte auf die prekäre Situation aufmerksam machen. Online bieten rund 60 Künstler*innen, darunter auch so bekannte Fotografen wie Boris Becker, Arbeiten an. Die Einnahmen gehen zu einem Teil an den Urheber bzw. die Urheberin ein Gemeinschaftsbeitrag wird aber auch unter allen Künstler*innen verteilt. So möchte das Projekt helfen, dass alle die Krise unbeschadet überstehen. Denn die Corona-Pandemie traf nicht nur die vier Kölner Fotografinnen, die das Projekt initiierten völlig unvorbereitet. Die Auftragsbücher waren voll, Projektanträge bewilligt als Anfang März eine Absage nach der anderen eintraf und von heute auf morgen sämtliche Einnahmen wegbrachen. Auch wenn die Landesregierung in NRW Unterstützung bereithält, so sind die Hürden diese zu erhalten, groß. Nur die Hälfte der 30.000 Künstler*innen in NRW erhielten die 2.000 € Soforthilfe, die 9.000 € für Solo-Selbständige werden wohl viele zurückzahlen müssen. Die Grundsicherung als Hilfe zum Lebensunterhalt sind kein Geld für Arbeitsmittel vor, ohne die die Künstler*innen aber ihren Beruf nicht ausüben können. Ein Instrument parallel zur Kurzarbeit, wie es Heike Herold vom Kulturrat NRW fordert, gibt es für die Szene nicht.

Mehr lesen Weniger lesen

tag Fotografie NRW Solidarität Artist in the box Soforthilfe Hartz IV Umsatzeinbruch Kurzarbeit
Bildende Kunst/Design Fernsehfeature

News

Twitter


The signet of facing arts joining the faces of STORM.

Bei facing arts handelt es sich um ein non-profit-Projekt, das Sie gerne unterstützen können. Nutzen Sie dazu unser Kontaktformular – wir setzen uns gerne mit Ihnen in Verbindung!

Das Team

Facing arts ist ein Projekt von STORM.

STORM spielt als Akronym mit den Namen Miriam Seidler und Tim Otto Roth, die wie viele anderen Freischaffende von der Corona-Krise betroffen sind. Miriam Seidler ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie publizierte u.a. ein Übersichtswerk zum Alter in der zeitgenössischen Literatur und ist Herausgeberin der Buchreihe Ästhetische Signaturen. Neben ihrer freien wissenschaftlichen Forschung arbeitet sie aktuell als Lektorin und Fachfrau für Öffentlichkeitsarbeit. Tim Otto Roth ist promovierter Kunst- und Wissenschaftshistoriker, Konzeptkünstler und Komponist. In seiner künstlerischen Arbeit ist er vor allem bekannt durch Großprojekte im öffentlichen Raum, Kooperationen mit führenden Wissenschaftseinrichtungen und seine immersiven Licht- und Klanginstallationen.
Miriam Seidler und Tim Otto Roth arbeiten schon seit vielen Jahren immer wieder in unterschiedlichen Projekten zusammen. Neben gemeinsam kuratierten Ausstellungen hat Miriam Seidler das Projektmanagement für Roths immersive Licht- und Klanginstallation [aiskju:b] und die Pressearbeit für verschiedene Projekte übernommen. Mit facing arts realisieren sie ihr erstes künstlerisches Werk.
Weitere Informationen zu den beiden Projektinitiatoren erhalten Sie unter www.miriamseidler.de bzw. www.imachination.net.

Ein besonderer Dank gilt Paco Croket für die Programmierung der Tag Cloud!

Kont@kt

Kontakt

Schreiben Sie eine Email an
oder senden Sie uns eine Nachricht über das Kontaktformular:

Impressum


Adresse

Privacy Notice

Content
The content of this website has been carefully prepared and reviewed. However, it does not guarantee the accuracy, completeness or quality of the information provided, or that it is up-to-date. Liability claims against the publisher in respect of material or immaterial damage caused by the use or non-use of the information offered or by inaccurate or incomplete information are in principle ruled out provided that there is no provable culpable intent or gross negligence on the institute's part.
The publisher reserves the right to alter, amend or delete parts of the site or the entire offering, or to cease publication, without prior notice.

Links
Where the publisher provides direct or indirect references (i.e. links) to external websites, it is liable only if the publisher has precise knowledge of the content and if it is technically possible and reasonable for it to prevent use in the event that they contain unlawful content.
The publisher expressly states that the linked websites had no illegal content when the links were set up. It has no influence whatsoever on the current and future design of the linked sites and hereby distances itself expressly from any alterations to the content that were made after the links to those sites were set up.
The Publisher is not responsible for the content, availability, correctness or accuracy of the linked sites or of the offerings, links or advertisements therein. It is not liable for illegal, incorrect or incomplete content or in particular for damages arising from the use or non-use of the information provided on linked sites.

Copyright
In all publications, the publisher endeavours to comply with applicable copyrights. If, in spite of this, an infringement of copyright should occur, the publisher will after notification remove the relevant object from its publication or indicate the appropriate copyright. All brand names and trademarks mentioned within the Internet offering that are possibly protected by third parties are without limitation subject to the provisions of the law on trademarks and related signs and the property rights of the registered owners. The mere fact that they have been mentioned should not be taken to mean that trademarks are not protected by third-party rights.

Privacy Policy
The use of the internet pages of www.facingscience.net is possible without any indication of personal data; however, if a data subject wants to use the contact form or image upload form of our website, processing of personal data could become necessary. If the processing of personal data is necessary and there is no statutory basis for such processing, we generally obtain consent from the data subject.